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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Seifenblasengefühls. Jamie war schon fort gewesen, als ich erwachte, und ich war mir nicht sicher, ob ich darüber froh oder traurig war.
    Ian redete nicht, sondern futterte sich konzentriert durch einen halben Brotlaib mit Butter und Honig, drei Rosinenmuffins, zwei dicke Scheiben Schinken und einen Krug Milch. Ich sah, dass Jamie gemolken hatte; er benutzte immer den blauen Sahnekrug, während Mr. Wemyss den weißen nahm. Ich fragte mich vage, wo Mr. Wemyss wohl war – ich hatte ihn noch nicht gesehen, und das Haus fühlte sich leer an -, aber eigentlich interessierte es mich gar nicht. Mir kam der Gedanke, dass Jamie möglicherweise Mr. Wemyss und Mrs. Bug gebeten hatte, sich eine Weile vom Haus fern zu halten, weil er glaubte, dass ich vorerst lieber allein blieb.

    »Noch Kaffee, Tante Claire?«
    Auf mein Nicken hin erhob sich Ian vom Tisch, nahm die Karaffe vom Regal und goss einen großen Schluck Whisky in meine Tasse, bevor er sie wieder füllte.
    »Mama hat immer gesagt, das hilft gegen alles«, sagte er.
    »Deine Mutter hat Recht. Möchtest du auch einen Schluck?«
    Er atmete den aromatischen Duft ein, schüttelte aber den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, Tante Claire. Ich brauche heute Morgen einen klaren Kopf.«
    »Wirklich? Warum?« Der Porridge im Topf war zwar keine neun Tage alt – nicht ganz -, aber er stand schon drei oder vier Tage da. Natürlich; es war ja niemand da gewesen, der ihn hätte essen können. Ich warf einen kritischen Blick auf die zementartige Masse, die an meinem Löffel klebte, beschloss, dass er noch weich genug zum Essen war und beträufelte ihn mit Honig.
    Ian kämpfte gerade mit einem Löffel derselben Substanz und brauchte einen Moment, um seinen Gaumen davon zu befreien, bevor er antwortete.
    »Onkel Jamie hat vor, seine Fragen zu stellen«, antwortete er und warf mir einen vorsichtigen Blick zu, während er nach dem Brot griff.
    »Ach wirklich?«, sagte ich verständnislos, doch bevor ich mich erkundigen konnte, was er damit meinte, verkündete das Geräusch von Schritten auf dem Weg Fergus’ Ankunft.
    Er sah aus, als hätte er im Wald geschlafen – nun ja, dachte ich, das hatte er ja auch. Oder vielmehr hatte er nicht geschlafen; die Männer hatten während ihrer Verfolgung der Hodgepile-Bande kaum Rast gemacht. Fergus hatte sich zwar rasiert, aber sein normalerweise tadelloses Aussehen ließ heute zu wünschen übrig, und sein attraktives Gesicht war eingefallen, die tief liegenden Augen von Schatten umringt.
    »Milady«, murmelte er und bückte sich unerwarterweise, um mir die Wange zu küssen, die Hand auf meiner Schulter. »Comment ça va?«
    »Très bien, merci« , erwiderte ich und lächelte zaghaft. »Wie geht es Marsali und den Kindern? Und unserem Helden Germain?« Ich hatte Jamie auf dem Rückweg nach Marsali gefragt, und er hatte mir versichert, dass es ihr gut ging. Germain, das kleine Äffchen, war geradewegs auf einen Baum geklettert, als er Hodgepiles Männer kommen hörte. Von dort oben hatte er alles gesehen, und sobald die Männer aufgebrochen waren, war er hinuntergeklettert, hatte seine halb bewusstlose Mutter vom Feuer weggezerrt und schnellstens Hilfe geholt.
    »Ah, Germain«, sagte Fergus, und ein schwaches Lächeln hob für einen Moment die Schatten der Erschöpfung. » Notre p’tit guerrier. Er sagt, Grand-père hat ihm eine eigene Pistole versprochen, damit er auf böse Menschen schießen kann.«
    Damit war es Grand-père zweifellos ernst, dachte ich. Mit einer Muskete
kam Germain nicht zurecht, da er selbst ein ganzes Stück kürzer war als die Waffe – aber eine Pistole würde funktionieren. In meinem gegenwärtigen Geisteszustand erschien mir die Tatsache, dass Germain erst sechs war, nicht besonders wichtig.
    »Hast du schon gefrühstückt, Fergus?« Ich schob die Kanne zu ihm hinüber.
    »Non. Merci.« Er bediente sich mit kaltem Gebäck, Schinken und Kaffee, obwohl mir auffiel, dass er ohne großen Appetit aß.
    Wir saßen alle drei schweigend da, tranken Kaffee und lauschten den Vögeln. Carolina-Zaunkönige hatten ihr Nest unter der Traufe des Hauses gebaut, und die Vogeleltern sausten direkt über unseren Köpfen ein und aus. Ich konnte das schrille Zwitschern der Jungen hören und sah Zweige und leere Eierschalen auf der Veranda verstreut liegen.
    Der Anblick der Eierschale erinnerte mich an Monsieur l’Œuf. Ja, das war es, was ich tun würde, beschloss ich, ein wenig erleichtert, weil ich jetzt etwas Bestimmtes vorhatte. Ich

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