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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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können, den er packte, oder der jedes anderen. Er erinnerte sich an kleine Knochen, kleine Aufwölbungen in der Dunkelheit, und die Schreie von Kaninchen, die er mit bloßer Hand tötete. Er erhob sich wie ein Wirbelwind aus Staub und fortgespültem Blut.
    Zorn kochte und ballte sich in seinen Hoden, und sie trieb ihn wie mit Sporen. Ließ seine Blitze flammen und jede Spur des Eindringlings aus ihrem Inneren sengen, und wenn es sie beide zu Knochen und Asche verbrannte – dann sollte es so geschehen.
     
    Als er wieder zu sich kam, lag er mit seinem ganzen Gewicht auf ihr und presste sie auf das Bett. Der Atem schluchzte in seinen Lungen; seine Hände
hielten ihre Arme so fest umklammert, dass sich die Knochen wie Stöckchen anfühlten, die durchzubrechen drohten.
    Er hatte sich verloren. War nicht sicher, wo sein Körper endete. Sein Verstand schlug sekundenlang wild um sich, in Panik, ganz aus den Angeln gehoben worden zu sein – nein. Er spürte plötzlich einen kalten Tropfen auf seiner Schulter, und die verstreuten Teile seines Selbst sammelten sich blitzartig wie versprühte Quecksilbertropfen, und er fand sich vor Entsetzen bebend wieder.
    Er war immer noch mit ihr vereint. Er wäre am liebsten hochgefahren wie eine aufgescheuchte Wachtel, doch es gelang ihm, sich langsam zu bewegen, seine festgekrallten Finger einen nach dem anderen von ihren Armen zu lösen, seinen Körper sanft von ihr zu heben, obwohl ihm das ungeheuer anstrengend vorkam, als hätte er das Gewicht von Monden und Planeten. Fast hätte er erwartet, sie zerdrückt und leblos auf dem Laken zu sehen. Doch ihr biegsamer Rippenbogen hob und senkte und hob sich erneut, ganz und gar beruhigend.
    Wieder traf ein Tropfen seinen Nacken, und er zog überrascht die Schultern hoch. Von seiner Bewegung geweckt, blickte sie auf, und er erwiderte erschrocken ihren Blick. Sie teilte das Gefühl, den Schreck zweier Fremder, die sich nackt begegnen. Ihre Augen huschten von den seinen fort zur Decke hinauf.
    »Das Dach hat ein Leck«, flüsterte sie. »Da ist eine feuchte Stelle.«
    »Oh.« Er hatte nicht einmal gemerkt, dass es regnete. Doch das Zimmer war vom Regen verdunkelt, und über ihnen dröhnte das Dach. Der Klang schien in seinem Blut widerzuhallen wie das Schlagen der Bodhrana im Inneren der Nacht, wie sein Herzschlag im Wald.
    Er erschauerte, und weil ihm nichts anderes einfiel, küsste er sie auf die Stirn. Ihre Arme hoben sich plötzlich wie eine Kaninchenfalle und hielten ihn mit aller Kraft fest, zogen ihn wieder auf sie hinunter, und auch er umarmte sie und presste sie so fest an sich, dass er spürte, wie ihr der Atem verging, doch er konnte nicht loslassen. Er dachte vage an Briannas Erzählungen von gigantischen Kugeln, die durch das All wirbelten, an diese Sache namens Schwerkraft – und was war daran schwer? Das konnte er jetzt sehr gut sehen; eine Kraft, die so stark war, dass sie einen unvorstellbar großen Körper in der Luft im Gleichgewicht schweben lassen konnte – oder zwei solcher Körper miteinander kollidieren lassen konnte, sie in einer Explosion vernichten und in Sternenrauch verwandeln konnte.
    Er hatte ihr Prellungen zugefügt; seine Finger hatten rote Flecken auf ihren Armen hinterlassen. Innerhalb eines Tages würden sie schwarz werden. Die Spuren der anderen Männer blühten schwarz und violett, blau und gelb, verschwommene Blütenblätter unter ihrer weißen Haut.
    Seine Oberschenkel und Pobacken waren vor Anstrengung angespannt, und er bekam einen Krampf, dessen Heftigkeit ihn aufstöhnen ließ. Er wand
sich, um sich Erleichterung zu verschaffen. Seine Haut war feucht, genau wie die ihre, und sie glitten langsam und widerstrebend auseinander.
    Geschwollene, verfärbte Augen, milchig wie wilder Honig, Zentimeter von den seinen entfernt.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte sie leise.
    »Grauenvoll«, erwiderte er wahrheitsgemäß. Er war heiser, als hätte er geschrien – Gott, vielleicht war es ja so. Ihr Mund hatte erneut geblutet; sie hatte eine rote Schmierspur auf dem Kinn, und er selbst schmeckte Metall.
    Er räusperte sich und hätte gern den Blick von ihren Augen abgewandt, doch er konnte es nicht. Er rieb mit dem Daumen über die Blutspur und wischte sie ungeschickt ab.
    »Du?«, fragte er und die Worte kratzten in seinem Hals. »Wie fühlst du dich?«
    Sie war vor seiner Berührung sacht zurückgewichen, hielt die Augen aber fest auf die seinen gerichtet. Er hatte das Gefühl, als blickte sie weit über ihn

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