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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sicher, dass sie wusste, was Milch war und dass sie theoretisch trinkbar war, doch wahrscheinlich hatte sie noch nie welche probiert.
    »Aye, das ist gut«, versicherte er ihr. »Meine ganze Familie trinkt Milch; die Kinder werden groß und stark davon.« Und einer stillenden Mutter mit schmalen Essensrationen würde sie auch nicht schaden, was zweifellos Claires Hintergedanke gewesen war.
    Sie nickte unglücklich.
    »Nun … aye, Sir. Ich war mir nicht ganz sicher… aber der Junge hatte Hunger, und er hat gesagt, er würde sie trinken. Also wollte ich ihm etwas einschenken, aber es -« Sie blickte mit einer Miene angstvollen Argwohns auf den Eimer. »Nun, wenn es nicht der Teufel ist, der da hineingefahren ist, dann ist es etwas anderes. Irgendetwas spukt darin herum, da bin ich mir sicher!«
    Er konnte nicht sagen, was ihn bewegte, genau in diesem Moment den Blick auf Aidan zu richten, doch er überraschte den Jungen mit einer höchst
interessierten Miene, die sofort verschwand und einem übernatürlich ernsten Ausdruck Platz machte.
    So war er ein Stück weit vorgewarnt, als er sich vorbeugte und vorsichtig das Tuch anhob. Trotzdem fuhr er mit einem Aufschrei zurück, und das mit Gewichten beschwerte Tuch landete klackernd an der Wand.
    Die böswilligen grünen Augen, die ihm aus der Mitte des Eimers entgegenstarrten, verschwanden, die Milch macht Glup! , und aus dem Eimer sprühte ein Regen sahniger Tropfen wie aus einem Miniaturvulkan.
    »Mist!«, sagte er. Mrs. McCallum war zurückgewichen, so weit es ging, und starrte entsetzt auf den Eimer. Sie hatte beide Hände vor den Mund geschlagen. Auch Aidan hatte die Hand vor den Mund gepresst, und seine Augen waren ähnlich weit aufgerissen – doch aus seiner Richtung erklang ein schwaches Zischen.
    Rogers Herz hämmerte, angetrieben von Adrenalin – und dem herzhaften Verlangen, Aidan McCallum den dünnen Hals umzudrehen. Er wischte sich langsam die verspritzte Sahne aus dem Gesicht, biss die Zähne zusammen und fasste vorsichtig in den Milcheimer.
    Er brauchte mehrere Versuche, um zu fassen zu bekommen, was sich anfühlte wie ein ebenso muskulöser wie beweglicher Schleimkloß, doch beim vierten Mal hatte er Erfolg und hob triumphierend einen großen, indignierten Ochsenfrosch aus dem Eimer, der Milch in alle Himmelsrichtungen verspritzte.
    Der Frosch stieß sich mit den Hinterbeinen kräftig von seiner glitschigen Handfläche ab, entwischte seinem Griff und machte einen Riesensatz, der die halbe Strecke zur Tür überbrückte und Mrs. McCallum laut aufschreien ließ. Das Baby wachte erschrocken auf und steuerte das Seine zum allgemeinen Aufruhr bei, während der Frosch hastig zur Tür hinaus in den Regen platschte und dabei eine Spur gelber Flecken hinterließ.
    Aidan war so klug, ihm mit Höchstgeschwindigkeit zu folgen.
    Mrs. McCallum hatte sich auf den Boden gesetzt und sich die Schürze über den Kopf geworfen, unter der sie einen hysterischen Anfall bekam. Das Baby brüllte, und die Milch, die langsam von der Tischkante tropfte, akzentuierte das Prasseln des Regens. Er sah, dass das Dach undicht war; lange nasse Streifen verdunkelten die entrindeten Stämme in Mrs. McCallums Rücken, und sie saß in einer Pfütze.
    Mit einem tiefen Seufzer hob er das Baby aus seiner Wiege und überraschte es damit so, dass es schluckte und aufhörte zu schreien. Es blinzelte ihn an und steckte die Faust in den Mund. Er hatte keine Ahnung, ob es ein Junge oder Mädchen war; es war ein anonymes Stoffbündel mit einem verkniffenen kleinen Gesicht und argwöhnischer Miene.
    Er nahm es in den Arm und hockte sich auf den Boden, um Mrs. McCallum den anderen Arm um die Schultern zu legen. Er tätschelte sie vorsichtig, in der Hoffnung, dass sie sich vielleicht fassen würde.

    »Ist ja schon gut«, sagte er. »Es war doch nur ein Frosch.«
    Sie stöhnte unablässig wie ein Gespenst und schrie dazwischen immer wieder kurz auf. Dann wurden die Schreie seltener, und das Stöhnen verwandelte sich schließlich in mehr oder weniger normales Weinen, doch sie war nicht zu bewegen, unter der Schürze hervorzukommen.
    Seine Oberschenkelmuskeln verkrampften sich im Hocken, und nass war er sowieso. Mit einem Seufzer ließ er sich in der Pfütze nieder, setzte sich neben sie und berührte hin und wieder ihre Schulter, damit sie wusste, dass er noch da war.
    Zumindest machte das Baby einen zufriedenen Eindruck. Es saugte an seiner Faust und ließ sich von den Anwandlungen seiner Mutter nicht

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