Ein Hauch von Schnee und Asche
lag, stieß ein unartikuliertes Geräusch aus, das er aus langer Erfahrung als Ankündigung interpretierte, dass sie aufstehen und zur Tür gehen würde, wenn er es nicht tat – dass es ihm aber Leid tun würde, genau wie der bedauernswerten Person auf der anderen Seite.
Resigniert warf er die Bettdecke zurück und fuhr sich mit der Hand durch das wirre Haar. Die Luft traf ihn kalt an den nackten Beinen, und es lag ein eisiger Schneehauch darin.
»Wenn ich das nächste Mal heirate, nehme ich ein Mädchen, das morgens fröhlich aufwacht«, sagte er an die zusammengekrümmte Gestalt unter der Bettwäsche gerichtet.
»Mach das«, sagte eine gedämpfte Stimme unter dem Kissen – deren verschwommener Klang ihren feindseligen Tonfall nicht verbergen konnte.
Das Hämmern wiederholte sich, und Jemmy – der morgens fröhlich aufwachte – setzte sich in seinem Bettchen auf. Er sah aus wie eine rothaarige Pusteblume.
»Es klopft«, teilte er Roger mit.
»Ach ja? Mmpfm.« Er unterdrückte das Bedürfnis aufzustöhnen, stand auf und ging zur Tür, um sie zu entriegeln.
Draußen stand Hiram Crombie, der im milchigen Halbdunkel noch sauertöpfischer aussah als sonst. Ebenfalls kein Frühaufsteher, dachte Roger.
»Die alte Mutter meiner Frau ist in der Nacht von uns geschieden«, unterrichtete er Roger ohne Umschweife.
»Geschieden?«, fragte Jemmy neugierig und steckte seinen Wuschelkopf hinter Rogers Bein hervor. »Mr. Stornaway hat einen Stein ausgeschieden – hat ihn mir und Germain gezeigt.«
»Mr. Crombies Schwiegermutter ist gestorben«, sagte Roger. Er legte Jem die Hand auf den Kopf, um ihn zum Schweigen zu bringen, und hüstelte entschuldigend in Mr. Crombies Richtung. »Tut mir Leid, das zu hören, Mr. Crombie.«
»Aye.« Mr. Crombie schien die Beileidsbekundung nicht zu interessieren. »Murdo Lindsay sagt, Ihr kennt Euch ein wenig in der Schrift aus, für die Beerdigung. Meine Frau fragt, ob Ihr vielleicht herauskommen und ein paar Worte am Grab sprechen würdet?«
»Murdo sagt… oh!« Die holländische Familie, das war es. Jamie hatte
ihn damals genötigt, die Grabrede zu halten. »Aye, natürlich.« Er räusperte sich automatisch; er war furchtbar heiser – wie jeden Morgen, solange er noch nichts Heißes getrunken hatte. Kein Wunder, dass Crombie ein skeptisches Gesicht zog.
»Natürlich«, wiederholte er kräftiger. »Können wir … äh … irgendwie helfen?«
Crombie verneinte mit einer kleinen Geste.
»Die Frauen dürften sie inzwischen aufgebahrt haben«, sagte er mit einem verächtlichen Seitenblick auf den Hügel im Bett, unter dem Brianna steckte. »Nach dem Frühstück fangen wir an, das Grab auszuheben. Mit etwas Glück haben wir sie unter der Erde, bevor es schneit.« Er hob sein spitzes Kinn zum bewölkten Himmel, der die sanftgraue Farbe von Adsos Bauchpelz hatte. Dann nickte er, machte kehrt und ging ohne weitere Höflichkeiten.
»Papa, guck!« Roger blickte zu Boden und sah, dass Jem die Finger in seine Mundwinkel gehakt hatte und sie heruntergezogen hatte, um das umgekehrte »U« nachzuahmen, das Hiram Crombies üblicher Gesichtsausdruck war. Seine kleinen roten Augenbrauen waren zu einem finsteren Stirnrunzeln verzogen, so dass die Ähnlichkeit verblüffend war. Roger lachte überrascht, dann schnappte er nach Luft und verschluckte sich, bis er sich schließlich hustend vornüberfallen ließ.
»Alles in Ordnung?« Brianna hatte sich an die Oberfläche begeben und saß im Bett. Sie hatte die Augen schlaftrunken zusammengekniffen, machte aber ein besorgtes Gesicht.
»Aye, gut.« Die Worte kamen als dünnes, beinahe tonloses Keuchen heraus. Er holte Luft und hustete einen widerwärtigen Schleimklecks in seine Hand, weil er kein Taschentuch hatte.
»Igitt!«, sagte seine zartfühlende Frau und fuhr zurück.
»Lass sehen, Papa!«, sagte sein Sohn und Erbe und bemühte sich angestrengt, einen Blick darauf zu werfen. »Igitt!«
Roger trat ins Freie und wischte sich die Hand im nassen Gras an der Tür ab. So früh am Morgen war es kalt draußen, doch Crombie hatte zweifellos Recht; der Schnee war nicht mehr weit. Etwas Weiches, Gedämpftes lag in der Luft.
»Dann ist die alte Mrs. Wilson also tot?« Brianna hatte sich ein Schultertuch umgelegt und war ihm gefolgt. »Wie schade. Stell dir vor, so weit zu kommen und dann an einem fremden Ort zu sterben, bevor man Zeit hatte, dort richtig heimisch zu werden.«
»Na ja, wenigstens war ihre Familie dabei. Ich kann mir nicht
Weitere Kostenlose Bücher