Ein Hauch von Schnee und Asche
sagte ich ein wenig schwach. »Nur… hört mir zu, Tom. Ich bedaure, wenn ich Schwierigkeiten verursacht habe, als ich Malva um Hilfe gebeten habe. Sie hat eine wirkliche Gabe als Heilerin, glaube ich – aber es war nicht meine Absicht, sie zu etwas zu überreden, das Ihr nicht gutheißt.«
Er warf mir einen trostlosen Blick zu, den er dann auf Aidans erschlafften Körper richtete. Der Blick schärfte sich abrupt.
»Ist das Kind tot?«, fragte er.
»Nein, nein«, sagte ich. »Ich habe ihm Äther verabreicht; er ist nur eingeschla …«
Mir erstarb die Stimme in der Kehle, denn ich bemerkte, dass Aidan just diesen unpassenden Moment gewählt hatte, um das Atmen einzustellen.
Mit einem unzusammenhängenden Aufschrei schob ich Tom Christie aus dem Weg, warf mich auf Aidan, legte meinen Mund fest auf den seinen und drückte meine Handfläche fest auf die Mitte seiner Brust.
Der Äther aus seinen Lungen wehte mir ins Gesicht, als ich meinen Mund hob, und mir wurde schwindelig. Ich packte mit der freien Hand an die Tischkante und legte meinen Mund wieder auf den seinen. Ich durfte nicht in Ohnmacht fallen, ich durfte es nicht.
Alles verschwamm mir vor den Augen, und das Zimmer schien sich langsam um mich zu drehen. Doch ich klammerte mich hartnäckig an mein Bewusstsein, blies drängend Luft in seine Lungen, während ich spürte, wie sich die kleine Brust unter meiner Hand sanft hob und dann wieder senkte.
Es konnte nicht länger als eine Minute gedauert haben, doch es war ein einminütiger Albtraum, währenddessen sich alles um mich drehte und Aidans Körper der einzig feste Anker in einem Strudel aus Chaos war. Amy McCallum regte sich neben mir auf dem Boden, erhob sich schwankend auf die Knie – und stürzte sich mit einem Aufschrei auf mich, zerrte an mir, um mich von ihrem Sohn fortzuziehen. Ich hörte, wie sich Tom Christies Stimme im Befehlston erhob und versuchte, sie zu fassen zu bekommen; er musste sie beiseite gezogen haben, denn plötzlich hatte sie mein Knie losgelassen.
Ich beatmete Aidan noch einmal – und diesmal zuckte die Brust unter meiner Hand. Er hustete, würgte, hustete noch einmal und begann dann gleichzeitig zu atmen und zu weinen. Ich stand auf; alles drehte sich, und ich musste mich am Tisch festhalten, um nicht hinzufallen.
Ich sah zwei Gestalten vor mir, schwarz, verschwommen, mit gaffenden Mündern, die sich in meine Richtung öffneten, voll scharfer Fangzähne. Ich blinzelte schwankend und holte in tiefen Zügen Luft. Blinzelte erneut, und die Gestalten verwandelten sich in Tom Christie und Amy McCallum. Er hatte sie um die Taille gefasst, um sie zurückzuhalten.
»Es ist schon gut«, sagte ich, und meine Stimme klang seltsam und weit entfernt. »Es geht ihm gut. Lasst sie zu ihm.«
Sie warf sich mit einem Schluchzer auf Aidan und zog ihn in seine Arme. Tom Christie und ich starrten uns über das Bild der Verwüstung hinweg an. Im Freien war alles still geworden.
»Habt Ihr dieses Kind gerade von den Toten erweckt?«, fragte er, fast im Plauderton, obwohl er seine feinen Augenbrauchen weit hochgezogen hatte.
Ich wischte mir mit der Hand über den Mund, der immer noch vom widerlich süßen Geschmack des Äthers erfüllt war.
»Das könnte man so sagen«, sagte ich.
»Oh.«
Er starrte mich mit ausdruckslosem Gesicht an. Das Zimmer roch nach Alkohol, der meine Nasenschleimhäute zu verätzen schien. Meine Augen tränten ein wenig; ich wischte mit meiner Schürze darüber. Schließlich nickte er wie zu sich selbst und wandte sich zum Gehen.
Ich musste mich um Aidan und seine Mutter kümmern. Aber ich konnte ihn nicht gehen lassen, ohne mich für Malva einzusetzen, so weit es mir möglich war.
»Tom – Mr. Christie.« Ich eilte ihm nach und erwischte ihn am Ärmel. Er drehte sich überrascht und stirnrunzelnd um.
»Malva. Es ist meine Schuld; ich habe Roger geschickt, um sie zu holen. Ihr werdet -« Ich zögerte, aber mir fiel keine taktvolle Formulierung dafür ein. »Ihr werdet sie doch nicht bestrafen, oder?«
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich kurz, dann verblasste es. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und zog mir mit einer kleinen Verbeugung den Ärmel aus der Hand.
»Stets zu Diensten, Mrs. Fraser«, sagte er leise, warf einen letzten Blick auf Aidan – der gerade etwas zu essen verlangte – und ging.
Brianna betupfte Rogers Unterlippe mit der feuchten Ecke ihres Taschentuchs. Sie war an einer Seite aufgeplatzt und geschwollen und blutete, weil sie mit
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