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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Wurmfortsatzes mit der Zange fest gegen den Blinddarm. Dann schob ich das Ganze zurück in seinen Bauch und holte Luft.
    »Wie lange, Malva?«
    »Etwas mehr als zehn Minuten, Ma’am. Es geht ihm gut.« Sie wendete den Blick gerade so lange von der Äthermaske ab, um mir ein rasches Lächeln zuzuwerfen, dann hob sie die Tropfflasche, und ihre Lippen zählten stumm weiter.
    Die Wunde war schnell verschlossen. Ich strich eine dicke Honigschicht auf die genähte Wunde, wickelte ihm einen Verband fest um den Bauch, legte eine warme Decke über ihn und atmete auf.
    »Nimm ihm die Maske ab«, sagte ich zu Malva und richtete mich auf. Sie antwortete nicht, und ich sah sie an. Sie hatte Aidan die Maske vom Gesicht genommen und hielt sie mit beiden Händen vor sich hin wie einen Schutzschild. Doch ihr Blick galt nicht mehr Aidan; ihre Augen hafteten an ihrem Vater, der stocksteif in der Tür stand.
     
    Tom Christie ließ den Blick wiederholt zwischen dem Kinderkörper auf dem Tisch und seiner Tochter hin und her schweifen. Verunsichert trat sie einen Schritt zurück, ohne die Äthermaske loszulassen. Sein Kopf zuckte, und ein brennender grauer Blick durchbohrte mich.
    »Was geht hier vor?«, wollte er wissen. »Was macht Ihr mit diesem Kind?«
    »Sein Leben retten«, erwiderte ich gereizt. Ich vibrierte noch von der Intensität
der Operation und war nicht in der Stimmung für Gezänk. »Wolltet Ihr etwas?«
    Christie presste seine dünnen Lippen fest aufeinander, doch bevor er antworten konnte, schob sich sein Sohn Allan an ihm vorbei ins Zimmer. Er war mit ein paar Schritten bei seiner Schwester und packte sie am Handgelenk.
    »Komm mit«, sagte er grob und zerrte an ihr. »Du hast hier nichts zu suchen.«
    »Lasst sie los.« Rogers Stimme klang scharf, und er packte Allans Schulter, um ihn von ihr fortzuziehen. Allan fuhr auf dem Absatz herum und boxte Roger kurz und fest in den Bauch. Roger stieß ein hohles Krächzen aus, brach aber nicht zusammen. Stattdessen verpasste er Allan einen Kinnhaken. Allan stolperte rückwärts und stieß den kleinen Tisch mit den Instrumenten um – Messer und Retraktoren schepperten als metallene Flut zu Boden, und das Glas mit den Catgutfäden zersplitterte auf dem Boden, so dass Glas und Flüssigkeit in alle Richtungen spritzten.
    Ein leiser Aufprall ließ mich in die Ecke blicken. Die Ätherdämpfe und der Gefühlsaufruhr hatten Amy McCallum überwältigt, und sie war in Ohnmacht gefallen.
    Ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern; Allan holte zu einem gewaltigen Hieb aus, Roger duckte sich, bekam den Schwung von Christie juniors Körper ab, und sie stolperten beide rückwärts, stießen gegen die Fensterbank und fielen ineinander verschlungen aus dem Fenster.
    Tom Christie stieß ein leises Knurren aus und hastete zum Fenster. Malva nutzte die Gelegenheit und rannte zur Tür hinaus; ich hörte ihre Schritte eilends durch den Flur zur Küche trippeln – und wahrscheinlich zur Hintertür.
    »Was in aller Welt …?«, begann Brianna und sah mich an.
    »Sieh mich nicht an«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung.« Was stimmte; ich hatte allerdings das dumpfe Gefühl, dass es eine Menge mit der Tatsache zu tun hatte, dass ich Malva an der Operation beteiligt hatte. Tom Christie und ich hatten uns einander wieder einigermaßen angenähert, seit ich seine Hand operiert hatte – doch das bedeutete nicht, dass er seine Ansichten in Bezug auf die Gottlosigkeit des Äthers geändert hatte.
    Brianna richtete sich abrupt auf und erstarrte. Ächzen, Keuchen und unzusammenhängende Halbbeleidigungen vor dem Fenster deuteten darauf hin, dass der Kampf noch im Gange war – doch Allan Christie hatte Roger gerade lauthals einen Ehebrecher genannt.
    Brianna warf einen scharfen Blick auf Amy McCallums hingestreckte Gestalt, und ich murmelte ein böses Schimpfwort. Ich hatte hier und da bereits Gerede über Rogers Besuche bei den McCallums gehört – und Jamie war schon kurz davor gewesen, Roger darauf anzusprechen. Aber ich hatte es ihm ausgeredet, sich einzumischen, und ihm gesagt, dass ich Brianna taktvoll
darauf ansprechen würde. Dazu hatte ich jedoch keine Gelegenheit gehabt, und jetzt -
    Mit einem letzten unfreundlichen Blick auf Amy McCallum schritt Brianna zur Tür hinaus, anscheinend um sich in den Kampf einzumischen. Ich fasste mir an die Stirn und muss gestöhnt haben, denn Tom Christie wandte sich abrupt vom Fenster ab.
    »Ist Euch unwohl, Mistress?« »Nein«,

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