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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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geblieben. Fergus ist…« Sie richtete sich auf und sah sich vage um. »Nun ja, vor kurzem habe ich ihn noch gesehen.«
    »Was ist denn hier los?« Die heisere Stimme an ihrer Seite überraschte sie, und als sie sich umdrehte, sah sie Roger mit fragender Miene dastehen, sein Gesicht entspannt und nicht so ernst wie sonst.
    »Dein Sohn ist ein Trunkenbold«, informierte sie ihn. Dann stieg ihr Rogers Atem in die Nase. »Auf den Spuren seines Vaters, wie ich merke«, fügte sie indigniert hinzu.
    Ohne diese Worte zu beachten, setzte sich Roger neben sie und nahm Jemmy auf seinen Schoß. Er hielt den Kleinen gegen seine Knie gestützt und tätschelte ihm sanft, aber beharrlich die Wange.
    »Hallo, kleiner Mej«, sagte er leise. »Hallo, du. Alles in Ordnung bei dir?«
    Wie von Zauberhand schwebten Jemmys Augenlider in die Höhe. Er lächelte Roger verträumt an.
    »Hallo, Papa.« Er lächelte weiter selig, während sich seine Augen schlossen und er sich völlig entspannte, bis seine Wange flach am Knie seines Vaters lag.
    »Ihm fehlt nichts«, sagte Roger zu ihr.
    »Nun gut«, sagte sie, nicht übermäßig besänftigt. »Was glaubst du, was sie getrunken haben? Bier?«
    Roger beugte sich vor und roch an den rot gefleckten Lippen seines Sprösslings.
    »Kirschlikör, wenn ich raten soll. Hinten an der Scheune steht ein Fass davon.«
    »Gütiger Himmel!« Sie hatte noch nie Kirschlikör getrunken, aber Mrs. Bug hatte ihr gesagt, wie man ihn herstellte – Man nehme den Saft eines Scheffels Kirschen, löse vierundzwanzig Pfund Zucker darin auf, gieße ihn in ein Vierzig-Gallonen-Fass und fülle dieses mit Whisky auf.
    »Ihm fehlt nichts.« Roger tätschelte ihren Arm. »Ist das Germain da drüben?«
    »So ist es.« Sie beugte sich prüfend über ihn, doch Germain schlief friedlich und lächelte ebenfalls. »Dieser Kirschlikör muss es in sich haben.«
    Roger lachte. »Er ist schrecklich. Wie extra starker Hustensaft. Ich muss aber sagen, dass man davon sehr fröhlich wird.«
    »Hast du ihn auch getrunken?« Sie musterte ihn scharf, doch seine Lippen schienen ihre normale Farbe zu haben.
    »Natürlich nicht.« Er beugte sich zu ihr herüber und küsste sie zum Beweis. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ein Schotte wie Ronnie seine Enttäuschung
in Kirschlikör ertränken würde? Wenn es anständigen Whisky gibt?«
    »Stimmt«, gab sie zu. Sie blickte zur Küferei hinüber. Der schwache Schein des Kaminfeuers war erloschen, und der Türumriss war verschwunden. Jetzt war das Gebäude nur noch ein schwarzes Rechteck vor der dunkleren Masse des dahinter liegenden Waldes. »Wie kommt Ronnie denn damit zurecht?« Sie sah sich um, doch Inge und Hilde hatten sich entfernt, um Ute zu helfen; sie wimmelten jetzt alle um den Essenstisch herum und räumten ihn ab.
    »Oh, er wird’s überleben, Ronnie.« Roger hob Jemmy von seinem Schoß, drehte ihn auf die Seite und legte ihn sanft neben Germain ins Stroh. »Er war ja schließlich nicht in Senga verliebt. Er leidet an sexueller Frustration, nicht an gebrochenem Herzen.«
    »Oh, nun ja, wenn das alles ist«, meinte sie trocken. »Er wird nicht mehr lange leiden müssen; man hat mich unterrichtet, dass Ute die Sache schon in die Hand genommen hat.«
    »Aye, sie hat ihm gesagt, dass sie ihm eine Frau suchen wird. Er steht der ganzen Angelegenheit mehr oder minder stoisch gegenüber. Obwohl er geradezu stinkt vor Lust«, fügte er hinzu und zog die Nase kraus.
    »Igitt. Willst du etwas essen?« Mit einem Blick auf die Jungen schickte sie sich an aufzustehen. »Ich hole dir besser etwas, bevor Ute und die Mädchen alles abräumen.«
    Plötzlich gähnte Roger heftig.
    »Nein, es geht schon.« Er kniff die Augen zu und lächelte sie schläfrig an. »Ich gehe zu Fergus und sage ihm, wo Germain ist, vielleicht schnappe ich mir unterwegs einen Bissen.« Er tätschelte ihre Schulter, dann stand er auf und ging leicht schwankend auf das Feuer zu.
    Sie sah noch einmal nach den Jungen; sie atmeten beide tief und regelmäßig und waren der Welt vollständig entrückt. Mit einem Seufzer kuschelte sie sie dicht aneinander, häufte Stroh rings um sie auf und deckte sie mit ihrem Umhang zu. Es wurde jetzt kälter, aber es lag kein Frost in der Luft.
    Die Feier war immer noch im Gange, doch die Stimmung war jetzt gedämpfter. Der Tanz war beendet, und die Menge hatte sich in kleinere Grüppchen aufgeteilt, die Männer saßen am Feuer im Kreis und zündeten ihre Pfeifen an; die jüngeren Männer waren

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