Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
dass ich -«
    »Nun, sie werden es nicht denken, wenn ich mit dir gehe, oder?«
    »Oh, Gott.«
    An diesem Punkt ließ er den Kopf in seine Hände fallen und rieb sich heftig die Kopfhaut. Vielleicht stand er ja unter dem Eindruck, dass ihm dies dabei helfen würde, einen Weg zu finden, mich von meinem Vorhaben abzubringen.
    »Wo ist denn dein Mitgefühl mit deinem Nächsten?«, wollte ich wissen. »Du würdest doch nicht wollen, dass sich irgendein argloser Mann einer Sitzung mit Dr. Fentimans Spritze unterziehen muss, nur weil du -«
    »Solange ich mich ihr nicht selbst unterziehen muss«, versicherte er mir und hob den Kopf, »kann mein Nächster gern den Lohn der Sünde einstreichen, und es geschieht ihm nur Recht.«
    »Nun, ich tendiere sehr dazu, dir beizupflichten«, räumte ich ein. »Aber es sind nicht nur sie. Es sind die Frauen. Nicht nur die Huren; was ist mit den Ehefrauen – und den Kindern – der Männer, die sich anstecken? Du kannst sie doch nicht alle wissentlich an der Krankheit sterben lassen, wenn man sie retten könnte?«
    Inzwischen hatte er das Aussehen eines gejagten Tiers angenommen, und diese Argumentationskette führte nicht zu einer Verbesserung.
    »Aber – das Penizillin wirkt doch gar nicht immer«, führte er an. »Was, wenn es bei den Huren nicht funktioniert?«
    »Diese Möglichkeit besteht«, gab ich zu. »Aber wenn ich die Wahl habe, etwas zu versuchen, was vielleicht nicht funktioniert – und es gar nicht zu versuchen…« Da er mich immer noch schief ansah, vergaß ich den Appell an seine Vernunft und verlegte mich auf meine beste Waffe.

    »Was ist mit Ian?«
    »Was ist denn mit ihm?«, erwiderte er argwöhnisch, aber ich konnte sehen, dass meine Worte prompt ein Bild vor seinem inneren Auge hatten entstehen lassen. Ian waren Bordelle nicht fremd – dank Jamie, auch wenn seine Einführung in das älteste Gewerbe der Welt ungeschickt und ungewollt gewesen war.
    »Ian ist ein guter Junge«, sagte er standhaft. »Er würde nie…«
    »Vielleicht doch«, sagte ich. »Und das weißt du genau.«
    Ich hatte keine Ahnung, wie sich Ians Privatleben gestaltete – falls er eins hatte. Aber er war einundzwanzig, ungebunden und, soweit ich das sehen konnte, ein vollkommen gesundes männliches Exemplar der Gattung. Also …
    Ich konnte sehen wie Jamie widerstrebend zu denselben Schlüssen gelangte.
    Er war noch Jungfrau gewesen, als ich ihn mit dreiundzwanzig heiratete. Aufgrund von Faktoren, die niemand hatte beeinflussen können, war Ian in beträchtlich jüngerem Alter mit der Fleischeslust vertraut gemacht worden. Und diese Art von Unschuld ließ sich nicht zurückgewinnen.
    »Mmpfm«, sagte er.
    Er griff nach dem Handtuch, rubbelte sich heftig das Haar damit ab und warf es dann beiseite, fasste sein feuchtes Haar wieder zu dem dicken Pferdeschwanz und streckte die Hand nach einem Band aus, um diesen zusammenzubinden.
    »Besser, wenn es so schnell wie möglich geschieht«, sagte ich, während ich ihn beifällig beobachtete. »Ich glaube, ich komme besser auch mit. Lass mich meine Kiste holen.«
    Darauf gab er keine Antwort, sondern machte sich nur grimmig daran, sich in einen präsentablen Zustand zu versetzen. Glücklicherweise hatte er während des Zwischenspiels auf der Straße weder Weste noch Rock getragen, so dass er die schlimmsten Beschädigungen an seinem Hemd verdecken konnte.
    »Sassenach«, sagte er, und als ich mich umdrehte, sah ich, dass er mich mit einem blutunterlaufenen Glitzern betrachtete.
    »Ja?«
    »Das wirst du mir büßen.«
     
    Mrs. Sylvies Etablissement war ein ganz gewöhnliches zweistöckiges Haus, klein und ziemlich schäbig. Seine Dachschindeln rollten sich an den Kanten ein, was ihm eine leichte Ausstrahlung zerzauster Überraschung verlieh, wie eine Frau, die überrumpelt wird, nachdem sie sich gerade die Lockenwickler aus den Haaren gezogen hat.
    Jamie stieß einige missbilligende schottische Kehllaute aus, als er die durchhängende Eingangstreppe und den überwucherten Garten sah, doch ich ging davon aus, dass er damit nur sein eigenes Unbehagen überspielte.

    Ich war mir nicht ganz sicher, wie ich mir Mrs. Sylvie vorgestellt hatte – da die einzige andere Puffmutter in meiner Bekanntschaft eine ausgesprochen elegante Exilfranzösin in Edinburgh gewesen war -, doch die Betreiberin von Cross Creeks beliebtestem Freudenhaus war eine Frau von ungefähr fünfundzwanzig mit dem unauffälligsten Gesicht der Welt und extrem abstehenden Ohren.
    Ich hatte

Weitere Kostenlose Bücher