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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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seine Stirn und suchte ihn rasch nach Verletzungen ab.
    »Ja«, sagte er und rang nach Luft. »Schlecht… geträumt.« Vom Ersticken träumte er allerdings nicht; seine Brust war tatsächlich eng, jeder Atemzug eine bewusste Anstrengung.
    Sie warf die Bettdecke zurück, erhob sich im Geraschel der Laken und zog ihn hoch.
    »Setz dich«, sagte sie leise. »Wach erst einmal richtig auf. Atme langsam; ich mache dir einen Tee – na ja, zumindest etwas Heißes.«
    Ihm fehlte die Luft, um zu protestieren. Die Narbe an seinem Hals war ein Schraubstock. Der erste Schmerz in seiner Hand hatte nachgelassen; jetzt begann sie, im Rhythmus seines Herzens zu pulsieren – schön, genau das brauchte er jetzt. Er kämpfte gegen den Traum an, das Gefühl, dass Trommeln in seinen Knochen schlugen, und stellte dabei fest, dass ihm das Atmen leichter wurde. Als ihm Brianna einen Becher mit heißem Wasser
brachte, das sie über etwas Übelriechendes gegossen hatte, atmete er fast normal.
    Er weigerte sich, es zu trinken, was auch immer es war, woraufhin sie es sparsamerweise benutzte, um seine aufgeschürften Knöchel darin zu baden.
    »Möchtest du mir den Traum erzählen?« Ihre Lider waren schwer, und sie sehnte sich in den Schlaf zurück, war jedoch bereit, ihm zuzuhören.
    Er zögerte, doch er konnte spüren, wie der Traum in der stillen Nachtluft schwebte, genau hinter ihm; zu schweigen und sich in der Dunkelheit zurückzulegen, bedeutete, ihn zur Rückkehr aufzufordern. Und vielleicht war es ja besser, wenn sie wusste, was ihm der Traum gesagt hatte.
    »Es war ziemlich durcheinander, hatte aber mit dem Kampf zu tun – als wir Claire zurückgeholt haben. Der Mann – den ich umgebracht habe -« Das Wort blieb ihm in der Kehle stecken wie eine Klette, doch er bekam es heraus. »Ich habe ihm den Schädel zertrümmert, und er ist gestürzt, und ich habe noch einmal sein Gesicht gesehen. Und plötzlich war mir klar, dass ich ihn schon einmal gesehen hatte; ich – ich weiß, wer er war.« Das unterschwellige Entsetzen darüber, dass er den Mann kannte, war seiner Stimme anzuhören; ihre schweren Lider hoben sich, und ihr Blick war plötzlich hellwach.
    Ihre Hand legte sich leicht und fragend auf seinen verletzten Handrücken.
    »Erinnerst du dich an diesen erbärmlichen Diebesfänger namens Harley Boble? Wir sind ihm einmal begegnet, beim Gathering am Mount Helicon.«
    »Ich erinnere mich an ihn. Er? Bist du sicher? Du hast doch gesagt, alles war dunkel und durcheinander -«
    »Ja, ich bin mir sicher. Ich wusste es nicht, als ich ihn erschlagen habe – aber ich habe sein Gesicht gesehen, als er gestürzt ist, das Gras hat gebrannt, und ich habe es deutlich gesehen – und gerade habe ich es wieder gesehen, im Traum, und als ich aufgewacht bin, hatte ich seinen Namen im Kopf.« Er bog langsam seine Finger gerade und verzog das Gesicht.
    »Irgendwie kommt es mir sehr viel schlimmer vor, jemanden umzubringen, den man kennt.« Und das Bewusstsein, einen Fremden getötet zu haben, war schon schlimm genug. Es zwang ihn, sich als einen Menschen zu betrachten, der des Mordes fähig war.
    »Nun, damals hast du es aber nicht gewusst«, sagte sie. »Hast ihn nicht erkannt, meine ich.«
    »Nein, das stimmt.« Es stimmte, aber das half nichts. Das Feuer war für die Nacht eingedämmt, und im Zimmer war es kalt; er sah die Gänsehaut auf ihren nackten Unterarmen, die Goldhärchen, die sich aufstellten. »Du frierst ja, lass uns wieder ins Bett gehen.«
    Das Bett hatte noch einen Hauch von Wärme gespeichert, und es war ein unaussprechlicher Trost, als sie sich jetzt an seinen Rücken schmiegte und ihre Körperwärme die Kälte durchdrang, die ihm durch Mark und Bein ging. Seine Hand pochte zwar noch, doch der Schmerz war jetzt so dumpf,
dass er ihn ignorieren konnte. Ihr Arm legte sich fest um ihn, ihre Hand lag als lose Faust unter seinem Kinn. Er beugte den Kopf, um ihren Handrücken zu küssen, die Knöchel darin glatt, hart und rund, spürte ihren warmen Atem an seinem Hals und erinnerte sich eine merkwürdige Sekunde lang an das Tier in seinem Traum.
    »Brianna… ich wollte ihn töten.«
    »Ich weiß«, sagte sie leise und nahm ihn fester in den Arm, als wollte sie ihn davor bewahren zu fallen.

59
    Fröhliche Brautschau
    Von Lord John Grey
Mount Josiah Plantage
     
    Mein lieber Freund,
ich schreibe dir in großer Unruhe.
     
    Sicher erinnerst du dich noch an Mr. Josiah Quincy. Ich hätte ihm niemals ein Referenzschreiben an dich

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