Ein Hauch von Schnee und Asche
dass die Schlange in Gewahrsam gebracht war, dass ihn selbst der Schlussgesang kaum aus der Fassung brachte, obwohl er fast keine Stimme mehr hatte und ihre Überbleibsel ächzten wie ein ungeöltes Scharnier.
Sein Hemd klebte ihm am Körper, und die kühle Luft im Freien war wie Balsam, als er hinterher dort stand und unter Händeschütteln und Verbeugungen die freundlichen Worte seiner Gemeinde entgegennahm.
»Eine großartige Predigt, Mr. MacKenzie, großartig!«, versicherte ihm Mrs. Gwilty. Sie stieß den verschrumpelten Herrn an ihrer Seite an, der sowohl ihr Mann als auch ihr Schwiegervater hätte sein können. »War es nicht eine großartige Predigt, Mr. Gwilty?«
»Mmpfm«, sagte der verschrumpelte Herr weise. »Nicht schlecht, nicht schlecht. Etwas kurz, und ihr habt die schöne Geschichte von der Dirne
weggelassen, aber darauf kommt Ihr ja sicher irgendwann noch zu sprechen.«
»Sicher«, sagte Roger kopfnickend und lächelnd, während er sich fragte, welche Dirne ? »Danke, dass Ihr da wart.«
»Oh, das hätte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen«, unterrichtete ihn die nächste Dame. »Obwohl die Gesänge noch etwas zu wünschen übrig gelassen haben, nicht wahr?«
»Ich fürchte, ja. Vielleicht nächstes Mal -«
»Psalm hundertneun hat mir noch nie gefallen, er ist so langweilig. Vielleicht sucht Ihr uns nächstes Mal einen Fröhlicheren aus?«
»Aye, ich denke -«
»Papapapapapa!« Jem prallte gegen seine Beine, klammerte sich liebevoll um seine Oberschenkel und hätte ihn fast umgeworfen.
»Gut gemacht«, sagte Brianna mit belustigter Miene. »Was war denn da hinten los? Du hast ständig dorthin geschaut, aber ich konnte nichts sehen, und -«
»Eine schöne Predigt, Sir, eine schöne Predigt.« Der ältere Mr. Ogilvie verbeugte sich vor ihm, dann ging er davon, die Hand seiner Frau im Arm, und sagte zu ihr: »Der arme Junge trifft ums Verrecken keinen Ton, aber die Predigt war eigentlich gar nicht übel.«
Germain und Aidan schlossen sich Jemmy an. Sie versuchten zu dritt, ihn gleichzeitig zu drücken, und er gab sein Bestes, sie zu umarmen, jedermann zuzulächeln und zustimmend zu nicken, während ihm die Leute nahe legten, er solle lauter sprechen, auf Gälisch predigen, auf Latein (was für Latein?) und auf papistische Anspielungen verzichten, sich um eine gemessenere Miene bemühen, sich um eine fröhlichere Miene bemühen, möglichst stillhalten und mehr Geschichten einbauen.
Jamie kam heraus und schüttelte ihm ernst die Hand.
»Ganz ordentlich«, sagte er.
»Danke«, sagte Roger und rang um Worte. »Du – nun ja. Danke«, wiederholte er.
»Niemand hat größere Liebe denn die«, sagte Claire, die hinter Jamie stand, und lächelte ihn an. Der Wind hob ihr Schultertuch an, und er konnte sehen, wie sich ihr Rock an der Seite merkwürdig bewegte.
Jamie stieß ein leises, belustigtes Geräusch aus.
»Mmpfm. Vielleicht stattest du Rab McAfee und Isaiah Lachlan einen Besuch ab und redest mit ihnen – vielleicht eine kurze Predigt zum Thema ›Wer seinen Sohn liebt, züchtigt ihn bisweilen‹?«
»McAfee und Lachlan. Aye, das mache ich.« Oder vielleicht erwischte er die McAfees und Jacky Lachlan ja allein und kümmerte sich selbst um die Züchtigung.
Er verabschiedete sich von den letzten Zuhörern, dankte Tom Christie und seiner Familie und steuerte mit seiner eigenen Familie auf sein Haus und
sein Mittagessen zu. Die alte Mrs. Abernathy ging ein Stückchen vor ihnen her, unterstützt von ihrer Freundin, der unwesentlich weniger greisenhaften Mrs. Coinneach.
»Sieht nett aus, der Junge«, bemerkte Mrs. Abernathy gerade, und die kühle Herbstluft trug ihm ihre brüchige Stimme entgegen. »Aber so nervös, och! Hast du gesehen, wie er geschwitzt hat?«
»Aye, nun ja, bestimmt ist er schüchtern«, erwiderte Mrs. Coinneach zuversichtlich. »Mit der Zeit wird er sich schon daran gewöhnen.«
Roger lag im Bett und genoss die Freude über das, was er an diesem Tag geleistet hatte, die Erleichterung über die verhinderten Katastrophen und den Anblick seiner Frau. Das Licht der Glut schien durch das dünne Leinen ihres Hemdes, als sie jetzt vor dem Kamin kniete, und tauchte ihre Haut und ihre Haarspitzen in Licht, so dass sie aussah, als strahlte sie von innen.
Als sie das Feuer für die Nacht eingedämmt hatte, erhob sie sich und warf einen Blick auf Jemmy, der in seinem Bettchen zusammengerollt lag und das trügerische Aussehen eines Engels hatte, bevor sie ins Bett
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