Ein Hauch von Schnee und Asche
sie zur Ruhe. »Der Gedanke ist mir auch gekommen. Als er mir damals erzählt hat, dass er vorhatte, Isobel Dunsany zu heiraten.«
Er wandte sich ab und starrte zum Fenster hinaus. Adso war auf dem Hof und schlich sich im Gras an etwas heran.
»Ich habe ihm meinen Körper angeboten«, sagte Jamie abrupt, ohne sich zu mir umzudrehen. Die Worte kamen ruhig, doch ich konnte seinen verkrampften Schultern ansehen, was es ihn kostete, sie auszusprechen. »Zum Dank, habe ich gesagt. Aber es war…« Er machte eine merkwürdige, krampfhafte Bewegung, als versuchte er, sich von einer Fessel zu befreien. »Ich wollte genau wissen, was für ein Mensch er war. Dieser Mann, der meinen Sohn an Kindes statt annehmen wollte.«
Seine Stimme zitterte kaum merklich, als er »mein Sohn« sagte, und ich trat instinktiv zu ihm, denn ich hätte gern die offene Wunde unter diesen Worten verschlossen.
Er war stocksteif, als ich ihn berührte, und wollte sich nicht umarmen lassen – doch er nahm meine Hand und drückte sie.
»Glaubst du, du… konntest es wirklich erkennen?« Ich war nicht schockiert. John Grey hatte mir von diesem Angebot erzählt, vor Jahren auf Jamaika. Allerdings glaubte ich nicht, dass er darüber im Bilde war, was wirklich dahintersteckte.
Jamies Hand legte sich fester um die meine, und sein Daumen fuhr den Umriss des meinen nach und rieb sacht über meinen Nagel. Er blickte zu mir herab, und ich spürte, wie mir seine Augen suchend ins Gesicht sahen – nicht fragend, sondern so, wie man es macht, wenn man etwas Vertrautes ganz neu sieht – etwas mit den Augen sieht, das man lange Zeit nur mit dem Herzen gesehen hat.
Seine freie Hand hob sich und zeichnete meine Augenbrauen nach, dann blieben zwei Finger kurz auf meinem Wangenknochen liegen, bevor sie wieder emporwanderten, kühl in der Wärme meines Haars.
»Man kann einander nicht so nah sein«, sagte er schließlich. »Ineinander sein, den Schweiß des anderen riechen, die Körperhaare aneinander reiben… und nichts von seiner Seele sehen. Oder wenn man es kann…« Er zögerte, und ich fragte mich, ob er an Black Jack Randall dachte oder an Laoghaire, die Frau, die er geheiratet hatte, weil er mich für tot hielt. »Nun… das ist etwas Schreckliches.«
Es herrschte Schweigen zwischen uns. Es raschelte plötzlich draußen im Gras, als Adso zum Sprung ansetzte und verschwand, und eine Nachtigall begann, in der großen Rotfichte Alarm zu schlagen. In der Küche fiel etwas scheppernd zu Boden, und dann ertönten rhythmische Wischgeräusche. All die heimeligen Geräusche dieses Lebens, das wir uns aufgebaut hatten.
Hatte ich das je getan? Mit einem Mann geschlafen, ohne etwas von seiner Seele zu sehen? Ich hatte, und Jamie hatte Recht. Ein Hauch von Kälte berührte mich, und die Härchen meiner Haut richteten sich lautlos auf.
Er stieß einen Seufzer aus, der von seinen Füßen her zu kommen schien, und rieb sich mit der Hand über sein zusammengebundenes Haar.
»Aber er hat abgelehnt. John.« Jetzt blickte er auf und lächelte mich schief an. »Er liebte mich, hat er gesagt. Und wenn ich das nicht erwidern konnte – und er wusste, dass ich es nicht konnte -, wollte er kein Falschgeld für bare Münze nehmen.«
Er schüttelte sich heftig wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
»Nein. Ein Mann, der so etwas sagt, vergeht sich nicht an einem Kind, weil dessen Vater so hübsche blaue Augen hat, davon bin ich überzeugt, Sassenach.«
»Nein«, gab ich ihm Recht. »Sag mir…« Ich zögerte, und er fixierte mich mit hochgezogener Augenbraue. »Wenn er… äh… auf dein Angebot eingegangen wäre – und du hättest feststellen müssen…« Ich suchte nach vernünftigen Worten. »Dass er nicht so anständig war wie erhofft -«
»Ich hätte ihm dort am Ufer das Genick gebrochen«, sagte er trocken. »Es hätte keine Rolle gespielt, ob sie mich gehängt hätten; ich hätte nicht zugelassen, dass er den Jungen bekommt. Aber er hat es nicht getan, und ich habe ihm den Jungen gelassen«, fügte er mit einem angedeuteten Achselzucken hinzu. »Und wenn unser Bobby das Bett Seiner Lordschaft aufsucht, dann glaube ich, dass es aus freien Stücken geschieht.«
Männer sind nicht unbedingt in Bestform, wenn jemand eine Hand in ihrem Hintern stecken hat. Ich hatte das schon öfter beobachtet, und Robert Higgins war keine Ausnahme von der generellen Regel.
»Also, das wird nicht sehr wehtun«, sagte ich so beruhigend wie möglich. »Alles, was Ihr tun
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