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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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wandte mich abrupt wieder meinen Waldlilienknollen zu, die ich überflüssigerweise wendete.
    »Dieser Gedanke gefällt mir nicht«, sagte ich an die Schranktür gerichtet. »Ich werde natürlich für Mr. Higgins tun, was ich kann. Bobby Higgins hat keine großen Zukunftsaussichten; er würde zweifellos alles tun…, was Seine Lordschaft wünscht. Aber vielleicht tue ich ihm ja auch Unrecht. Lord John, meine ich.«
    »Vielleicht tust du das.«
    Ich drehte mich um und sah, dass sich Jamie auf den Hocker gesetzt hatte und mit einem Krug Gänseschmalz spielte, dem seine ungeteilte Aufmerksamkeit zu gelten schien.
    »Nun«, sagte ich unsicher. »Du kennst ihn besser als ich. Wenn du meinst, dass er keine…« Ich verstummte.
    »Ich weiß mehr über John Grey, als mir lieb ist«, sagte Jamie schließlich und sah mich an. Ein reumütiges Lächeln umspielte seinen Mundwinkel. »Und er weiß eine Menge mehr über mich, als ich mir ausmalen möchte. Aber.« Er beugte sich vor und stellte das Glas hin. Dann legte er die Hände auf seine Knie und sah mich an. »Eines weiß ich über jeden Zweifel erhaben. Er ist ein Ehrenmann. Er würde weder Higgins noch irgendeinen anderen Mann in seiner Obhut ausnutzen.«
    Er klang sehr überzeugt, und ich fühlte mich beruhigt. Ich mochte John Grey. Und doch … wurde mir beim Erscheinen seiner Briefe, die uns mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks erreichten, stets leicht beklommen zumute, als ob ich es in der Ferne donnern hörte. Die Briefe selbst hatten nichts an sich, das eine solche Reaktion begründet hätte; sie waren genauso wie der Mann selbst – gebildet, humorvoll und aufrichtig. Und er hatte natürlich Grund zu schreiben. Mehr als einen.
    »Er liebt dich immer noch, das weißt du«, sagte ich leise.
    Er nickte, sah mich aber nicht an, sondern hielt den Blick weiter auf irgendetwas jenseits der Bäume gerichtet, die unseren Hof säumten.
    »Wäre es dir lieber, wenn es nicht so wäre?«
    Er hielt inne, dann nickte er erneut. Diesmal drehte er sich jedoch um und sah mich an.

    »Das wäre es, aye. Um meinetwillen. Gewiss um seinetwillen. Aber um Williams willen?« Er schüttelte unsicher den Kopf.
    »Oh, möglich, dass er William deinetwegen angenommen hat«, sagte ich und lehnte mich mit dem Rücken an die Arbeitsfläche. »Aber ich habe die beiden zusammen gesehen, weißt du noch? Ich habe keinen Zweifel, dass er William jetzt um seiner selbst willen liebt.«
    »Nein. Daran zweifle ich ebenso wenig.« Er stand unruhig auf und klopfte sich eingebildeten Staub vom Saum seines Kilts. Sein Gesicht war verschlossen, sein Blick nach innen auf etwas gerichtet, das er nicht mit mir teilen wollte.
    »Hast du -«, begann ich, hielt jedoch inne, als er zu mir aufblickte. »Nein. Es spielt keine Rolle.«
    »Was?« Er legte den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen.
    »Nichts.«
    Er regte sich nicht, sondern intensivierte lediglich seinen Blick.
    »Ich kann deinem Gesichtsausdruck ansehen, dass das nicht stimmt, Sassenach. Was?«
    Ich atmete tief durch die Nase ein und wickelte die Fäuste in meine Schürze.
    »Es ist nur – und ich bin mir sicher, dass es nicht stimmt, es ist nur so ein Gedanke -«
    Er machte ein leises schottisches Geräusch, um mir zu sagen, dass ich mit dem Gestottere aufhören und es ausspucken sollte. Da ich genug Erfahrung hatte, um zu erkennen, dass er die Sache nicht ruhen lassen würde, bis ich das tat, spuckte ich also.
    »Hast du dich je gefragt, ob Lord John ihn womöglich angenommen hat, weil… nun ja, William sieht dir schrecklich ähnlich, und das offenbar ja schon von klein an. Da Lord John dich körperlich … anziehend findet…« Die Worte erstarben, und als ich in sein Gesicht sah, hätte ich mir dafür auf die Zunge beißen können, dass ich sie gesagt hatte.
    Er schloss einen Moment die Augen, damit ich nicht hineinsehen konnte. Seine Fäuste waren so fest geballt, dass die Adern von den Fingerknöcheln bis zum Unterarm vorsprangen. Ganz langsam entspannte er seine Hände. Er öffnete die Augen.
    »Nein«, sagte er, und seine Stimme klang aufrichtig überzeugt. Er sah mich unverwandt an. »Und es ist nicht nur so, dass ich selbst den Gedanken daran nicht ertragen kann. Ich weiß es mit Sicherheit.«
    »Natürlich«, sagte ich hastig, denn ich brannte darauf, das Thema auf sich beruhen zu lassen.
    »Ich weiß es«, wiederholte er, diesmal schärfer. Seine beiden steifen Finger klopften ein einziges Mal gegen seinen Oberschenkel, dann kamen

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