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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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denn unter Verdacht, Sassenach?«
    Ich zögerte, brachte es aber nicht fertig, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen.

    »Ich habe mich gefragt, ob John Grey es mit unserem Mr. Higgins treibt«, sagte ich geradeheraus. »Oder ob er es vorhat.«
    Er kniff kurz die Augen zu, machte aber keinen schockierten Eindruck – was wiederum den Verdacht erregte, dass er selbst ebenfalls darüber nachgedacht hatte.
    »Was bringt dich denn auf diesen Gedanken?«
    »Erstens ist er ein sehr hübscher junger Mann«, sagte ich. Ich nahm ihm eine Hand voll Lilienknollen ab und machte mich daran, sie auf einem Stück Gaze auszubreiten. »Und zweitens hat er die schlimmsten Hämorrhoiden, die ich je bei einem Mann in seinem Alter gesehen habe.«
    »Er hat zugelassen, dass du sie dir ansiehst ?« Jamie war doch rot geworden, als das Gespräch auf Analverkehr kam; er hasste es, wenn ich indiskret wurde, aber er hatte schließlich gefragt.
    »Nun, es hat mich große Überzeugungskraft gekostet«, sagte ich. »Er hat mir ganz bereitwillig davon erzählt, war aber nicht sehr darauf versessen, sie von mir untersuchen zu lassen.«
    »Diese Vorstellung würde mir auch nicht gefallen«, versicherte mir Jamie, »und ich bin mit dir verheiratet. Warum in aller Welt solltest du dir so etwas ansehen wollen, außer vielleicht aus morbider Neugier?« Er warf einen argwöhnischen Blick auf mein schwarzes Notizbuch, das aufgeschlagen auf dem Tisch lag. »Du zeichnest doch da keine Bilder von Bobby Higgins’ Hinterteil, oder?«
    »Das ist nicht nötig. Ich kann mir keinen Arzt vorstellen, egal zu welcher Zeit, der nicht weiß, wie Hämorrhoiden aussehen. Die alten Israeliten und Ägypter hatten schließlich auch schon welche.«
    »Ach ja?«
    »Es steht in der Bibel. Frag Mr. Christie«, empfahl ich ihm.
    Er bedachte mich mit einem schrägen Seitenblick.
    »Du hast mit Tom Christie über die Bibel diskutiert? Du hast wirklich mehr Mut als ich, Sassenach.« Christie war ein zutiefst überzeugter Presbyterianer, und er war am glücklichsten, wenn er jemanden mit einer schönen Passage aus der Heiligen Schrift erschlagen konnte.
    »Nicht ich. Germain hat mich letzte Woche gefragt, was Afterknollen sind.«
    »Was ist das denn?«
    »Hämorrhoiden. ›Sie aber sprachen: Welches ist das Schuldopfer, das wir ihm geben sollen? Sie antworteten: Fünf goldene Afterknollen und fünf goldene Mäuse nach der Zahl der fünf Fürsten der Philister‹«, zitierte ich, »oder so ähnlich. Besser kann ich es aus dem Gedächtnis nicht wiederholen. Mr. Christie hat Germain zur Strafe einen Bibelvers aufschreiben lassen, und da der Junge eine wissbegierige Seele ist, wollte er wissen, was er da geschrieben hat.«
    »Und Mr. Christie wollte er natürlich nicht fragen.« Jamie rieb sich stirnrunzelnd
mit dem Finger über den Nasenrücken. »Möchte ich wissen, was Germain angestellt hat?«
    »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht.« Tom Christie verdiente sich den Pachtzins für sein Land, indem er uns als Schulmeister diente, und es schien ihm zu gelingen, auf seine Weise Disziplin zu halten. Allein Germain Fraser als Schüler zu haben, war meiner Meinung nach schon die gesamte Summe in Naturalien wert.
    »Goldene Afterknollen«, murmelte Jamie. »Nun, das ist eine Idee.« Er hatte jene leicht verträumte Miene aufgesetzt, die er oft trug, kurz bevor er mit einem haarsträubenden Gedanken herausrückte, der irgendetwas mit Verstümmelung, Tod oder lebenslänglicher Einkerkerung zu tun hatte. Ich fand seinen Gesichtsausdruck ein wenig alarmierend, doch welchen Gedankengang die goldenen Hämorrhoiden auch immer ausgelöst haben mochten, er ließ vorerst davon ab und schüttelte den Kopf.
    »Nun gut. Wir waren bei Bobbys Hinterteil?«
    »Oh, ja. Was den Grund angeht, warum ich kurz auf Mr. Higgins’ Hämorrhoiden sehen wollte«, nahm ich unseren letzten Gesprächsfaden wieder auf, »so wollte ich sehen, ob Amelioration oder Entfernung die beste Behandlung wäre.«
    Bei diesen Worten fuhren Jamies Augenbrauen in die Höhe.
    »Sie entfernen? Wie denn? Mit deinem Messerchen?« Er richtete den Blick auf die Truhe, in der ich meine chirurgischen Instrumente aufbewahrte, und zog angewidert die Schultern hoch.
    »Das könnte ich, ja, obwohl ich mir vorstelle, dass es ohne Anästhesie ziemlich schmerzhaft wäre. Aber es gab eine sehr viel einfachere Methode, die sich gerade allgemein durchzusetzen begann, als ich – gegangen bin.« Nur für einen Moment spürte ich

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