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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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widerliches Insekt.
    »Oh, aye, jede Menge«, versicherte ihr Jemmy fröhlich. »Seine Mama sagt, sie holt sich das Rasiermesser seines Papas und rasiert ihm alle Haare ab, ihm und seinen Brüdern und seinem Papa und seinem Onkel Rufe. Sie sagt, die Läuse hüpfen im ganzen Bett herum. Sie hat keine Lust mehr, lebendig gefressen zu werden.« Ganz beiläufig hob er eine Hand an den Kopf und kratzte sich. Seine Finger durchfurchten sein Haar mit einer typischen Geste, die ich schon allzu oft gesehen hatte.
    Brianna und ich wechselten entsetzte Blicke, dann packte sie Jemmy an den Schultern und zerrte ihn zum Fenster hinüber.
    »Komm her!«
    Und da! Im gleißenden Licht, das der Schnee abstrahlte, wies die empfindliche
Haut hinter seinen Ohren und in seinem Nacken die charakteristische Rötung auf, die durch das Kratzen hervorgerufen wurde, und eine rasche Inspektion seines Kopfes förderte das Schlimmste zutage; winzige Nissen, die an den Haaransätzen klebten, und einige ausgewachsene, rötlich-braune Läuse, die halb so groß waren wie ein Reiskorn und wie verrückt in die Haarbüschel flüchteten. Brianna fing eine davon, zerquetschte sie zwischen den Daumennägeln und warf die Überreste ins Feuer.
    »Igitt!« Sie wischte sich die Hände am Rock ab, dann löste sie das Band, mit dem ihr Haar zusammengebunden war, und kratzte sich heftig. »Habe ich auch welche?«, fragte sie ängstlich und hielt mir ihren Scheitel hin.
    Ich durchforstete die dichte Masse aus Kastanienbraun und Zimt, um nach verräterischen, weißlichen Nissen zu suchen, dann trat ich einen Schritt zurück und senkte meinerseits den Kopf.
    »Nein, ich denn?«
    Die Hintertür öffnete sich, und Jamie trat ein. Es schien ihn kaum zu überraschen, dass Brianna wie ein wild gewordener Affe in meinen Haaren herumsuchte. Dann fuhr sein Kopf auf, und er schnüffelte.
    »Brennt hier etwas an?«
    »Ich hab sie schon, Opa!«
    Dieser Ausruf erreichte mich gleichzeitig mit dem Geruch angesengter Melasse. Ich fuhr auf und stieß mir den Kopf so fest an der Kante des Geschirrbords, dass ich Sterne sah.
    Als sich diese wieder verzogen, sah ich gerade noch, wie sich Jemmy auf die Zehenspitzen stellte und in den qualmenden Ofen griff, der weit über seinem Kopf in die Kaminwand eingelassen war. Er hatte die Augen konzentriert zugekniffen und hielt das Gesicht von den Hitzewellen abgewandt, die von den Ziegeln abgestrahlt wurden, und er hatte sich ein Handtuch ungeschickt um die tastende Hand gewunden.
    Jamie war mit zwei Schritten bei dem Jungen und riss ihn am Kragen zurück. Er fasste mit der bloßen Hand in den Ofen, riss ein Blech mit qualmenden Plätzchen heraus und schleuderte das heiße Blech mit solcher Wucht von sich, dass es vor die Wand prallte. Kreisrunde braune Plättchen flogen auf und landeten verstreut auf dem Boden.
    Adso, der am Fenster gehockt und uns bei der Läusejagd geholfen hatte, hielt sie für Beute und schlug heftig nach einem flüchtenden Plätzchen, an dem er sich prompt die Pfote verbrannte. Er maunzte erschrocken auf, ließ es fallen und flitzte unter die Kaminbank.
    Jamie, der seine verbrannten Finger schüttelte und extrem vulgär auf Gälisch vor sich hin fluchte, hatte mit der anderen Hand ein Stück Brennholz gepackt und stieß es in den Ofen, um das zweite Blech aus den Qualmwolken zu ziehen.
    »Was ist denn hier – hey!«
    »Jemmy!«

    Rogers Ausruf ertönte zur selben Sekunde wie Briannas. Roger war Jamie in die Küche gefolgt. Seine verwirrte Miene hatte sich schlagartig in Erschrecken verwandelt, als er seinen Nachwuchs auf dem Boden hocken sah, wo er fleißig Plätzchen einsammelte, ohne sich der Tatsache bewusst zu sein, dass sein baumelndes Handtuch in der Asche des Herdfeuers zu schwelen begonnen hatte.
    Roger machte einen Satz auf Jemmy zu und kollidierte dabei mit Brianna, die denselben Kurs eingeschlagen hatte. Die beiden stießen donnernd mit Jamie zusammen, der gerade das zweite Plätzchenblech an den Rand des Ofens manövriert hatte. Er schwankte, verlor das Gleichgewicht, und das Blech landete scheppernd im Kamin, wobei es qualmende, nach Melasse duftende Holzkohlestückchen verschleuderte. Der Kessel, der in Schieflage geraten war, schwang und schaukelte bedrohlich an seinem Haken, so dass die Suppe in die Glut spritzte und als zischende, würzig duftende Dampfwolke wieder aufstieg.
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder zur Tür hinauslaufen sollte, beschloss dann aber, nach dem Handtuch zu schnappen, aus dem

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