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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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tätschelte meinen
Rücken, als sei ich ein kleines Kind. »Aber es war … es war nur das eine Mal.« Er zuckte hilflos mit den Achseln. »Und ich wusste nicht, wie. Wie ich es so sagen sollte, dass du es verstehst.«
    Ich schluchzte, schluckte Luft und setzte mich schließlich auf, um mir das Gesicht achtlos an einer Rockfalte abzuwischen.
    »Ich verstehe«, sagte ich. Meine Stimme war belegt, aber sie zitterte nicht mehr. »Wirklich.«
    Und so war es auch. Ich verstand nicht nur die Sache mit Mary MacNab und was sie getan hatte – sondern auch, warum er mir das jetzt erzählt hatte. Es war nicht nötig; ich hätte es nie erfahren. Es gab keinen Grund außer der Unabdingbarkeit absoluter Aufrichtigkeit zwischen uns – und der Tatsache, dass ich mich darauf verlassen konnte.
    Ich hatte ihm geglaubt, was Malva anging. Doch jetzt war ich mir nicht nur rational sicher – ich hatte zudem meinen Seelenfrieden.
    Wir saßen dicht beieinander, die Falten meines Umhangs und meines Rockes lagen auf seinem Bein, seine bloße Anwesenheit war ein Trost. Irgendwo ganz in der Nähe begann eine verfrühte Grille zu zirpen.
    »Dann ist der Regen vorbei«, sagte ich, als ich sie hörte. Er nickte mit einem leisen Geräusch der Zustimmung.
    »Was sollen wir tun?«, sagte ich schließlich. Meine Stimme klang ruhig.
    »Die Wahrheit herausfinden – wenn ich kann.«
    Keiner von uns erwähnte die Möglichkeit, dass ihm das womöglich nicht gelingen würde. Ich verlagerte mein Gewicht und raffte meinen Rock.
    »Sollen wir heimgehen?«
    Es war jetzt zu dunkel, um noch etwas zu sehen, doch ich spürte sein Nicken, als er aufstand und mir die Hand entgegenhielt, um mir zu helfen.
    »Aye, das tun wir.«
     
    Bei unserer Rückkehr war das Haus leer, obwohl Mrs. Bug uns eine zugedeckte Pastete auf dem Tisch stehen gelassen hatte, den Boden gefegt und das Feuer ordentlich eingedämmt hatte. Ich legte meinen nassen Umgang ab und hängte ihn an seinen Haken, doch dann stand ich da, unsicher, was ich als Nächstes tun sollte, als stünde ich im Haus eines Fremden, in einem Land, dessen Sitten ich nicht kannte.
    Jamie schien es genauso zu gehen – obwohl er sich nach einem Moment in Bewegung setzte, den Kerzenhalter vom Wandbord über dem Herd nahm und ihn am Feuer entzündete. Das flackernde Leuchten schien die merkwürdige, hohle Atmosphäre des Zimmers noch zu verstärken, und eine Minute lang stand er planlos da und hielt den Kerzenständer fest, bevor er ihn schließlich mit einem Pochen mitten auf den Tisch stellte.
    »Hast du Hunger, S… Sassenach?« Er hatte zu sprechen begonnen, wie er es gewohnt war, unterbrach sich dann aber und blickte auf, um sich zu vergewissern, dass dieser Name wieder erlaubt war. Ich gab mir alle Mühe,
ihn anzulächeln, obwohl ich spüren konnte, wie meine Mundwinkel zitterten.
    »Nein. Du?«
    Er schüttelte wortlos den Kopf und ließ die Hand von der Schüssel sinken. Er sah sich nach einer anderen Beschäftigung um, griff nach dem Schüreisen und stocherte in den geschwärzten Kohlen herum, so dass sie aufbrachen und einen Wirbel aus Funken in den Kamin und auf die Kaminumrandung sprühten. Damit würde er das Feuer ruinieren, das vor dem Zubettgehen neu aufgeschichtet werden musste, doch ich sagte nichts – er wusste das.
    »Es fühlt sich an, als hätten wir einen Todesfall in der Familie«, sagte ich schließlich. »Als wäre etwas Schreckliches passiert, und dies ist der Punkt, an dem man noch unter Schock steht, bevor man anfängt, den Nachbarn Bescheid zu sagen.«
    Er lachte reumütig auf und stellte das Schüreisen hin.
    »Das brauchen wir gar nicht. Sie werden bei Tagesanbruch alle genau wissen, was passiert ist.«
    Ich löste mich endlich aus meiner Reglosigkeit, schüttelte meine nassen Röcke aus und trat neben ihn ans Feuer. Die Hitze drang sofort durch den Stoff; es hätte mir gut tun sollen, doch in meinem Bauch lag ein eisiges Gewicht, das einfach nicht schmelzen wollte. Ich legte meine Hand auf seinen Arm, weil ich ihn spüren musste.
    »Niemand wird es glauben«, sagte ich. Er nahm meine Hand und lächelte schwach, ohne die Augen zu öffnen. Doch er schüttelte den Kopf.
    »Sie werden es alle glauben, Claire«, sagte er leise. »Es tut mir Leid.«

81
    Im Zweifel für den Angeklagten
    »Aber es stimmt einfach nicht!«
    »Nein, natürlich nicht.« Roger beobachtete seine Frau argwöhnisch; sie legte alle Kennzeichen eines großen explosiven Gegenstands mit einem instabilen Zeitzünder an den

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