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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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gezogen und sich niedergelegt, allein.
     
    Es regnete den ganzen Weg bis Salisbury. Dort fanden wir Unterschlupf in einem Wirtshaus, und mir war selten ein Feuer so willkommen erschienen. Jamie hatte unsere gesamte Barschaft mitgebracht, und demzufolge konnten wir uns ein eigenes Zimmer leisten. Brown postierte eine Wache auf der Treppe, doch das war nur Angeberei; wohin sollten wir schließlich gehen?
    Ich stand im Hemd vor dem Feuer und hatte meinen nassen Umhang und meine Röcke zum Trocknen über eine Bank gebreitet.
    »Weißt du«, überlegte ich laut, »Richard Brown hat diese ganze Sache überhaupt nicht zu Ende gedacht.« Was nicht überraschend war, da er ja eigentlich gar nicht vorgehabt hatte, uns vor Gericht zu bringen. »An wen will er uns denn eigentlich übergeben?«
    »An den Sheriff des Distrikts«, erwiderte Jamie, während er sich das Haar losband und es über dem Kaminfeuer ausschüttelte, so dass Wassertropfen zischend und knisternd im Feuer landeten. »Oder, wenn das nicht geht, vielleicht einem Friedensrichter.«
    »Ja, aber was dann? Er hat keine Beweismittel – keine Zeugen? Wie kann es da etwas geben, das einem Prozess ähnelt?«
    Jamie warf mir einen merkwürdigen Blick zu.
    »Du hast noch nie vor Gericht gestanden, oder, Sassenach?«
    »Das weißt du doch.«
    Er nickte.
    »Ich schon. Wegen Hochverrats.«
    »Ach? Und was ist passiert?«
    Er fuhr sich mit der Hand durch die nassen Haare und schnaubte.
    »Ich musste aufstehen und wurde nach meinem Namen gefragt. Ich habe ihn gesagt, der Richter hat eine Weile mit seinem Freund getuschelt, und dann hat er gesagt: ›Schuldig. Lebenslänglich. Legt ihn in Eisen.‹ Und sie haben mich hinaus in den Hof geführt und einen Schmied angewiesen, mir Eisen an die Handgelenke zu hämmern. Am nächsten Tag haben wir mit dem Marsch nach Ardsmuir begonnen.«

    »Sie haben euch zu Fuß gehen lassen? Von Inverness aus?«
    »Ich hatte es nicht besonders eilig, Sassenach.«
    Ich holte tief Luft, um das dumpfe Gefühl in meiner Magengrube zu unterdrücken.
    »Ich verstehe. Nun ja... aber – wäre ein M-mord -«, fast konnte ich es sagen, ohne zu stottern, aber noch nicht ganz, »- keine Angelegenheit für einen Geschworenenprozess?«
    »Wahrscheinlich, und ich werde mit Sicherheit darauf bestehen – wenn es so weit kommt. Mr. Brown zumindest scheint davon überzeugt zu sein; er erzählt die Geschichte im ganzen Schankraum und lässt uns dabei wie verruchte Ungeheuer aussehen. Was auch keine große Kunst ist«, fügte er hinzu, »wenn man die Umstände bedenkt.«
    Ich presste die Lippen fest zusammen, um keine vorschnelle Antwort zu geben. Ich wusste, dass er wusste, dass ich keine andere Wahl gehabt hatte; er wusste, dass ich wusste, dass er nicht das Geringste mit Malva zu tun gehabt hatte – doch ich konnte nicht verhindern, in beiderlei Hinsicht gewisse Schuldgefühle zu empfinden. Für das, was hinterher geschehen war, und genauso für Malvas Tod – obwohl ich weiß Gott alles gegeben hätte, um sie lebend zurückzuhaben.
    Ich begriff, dass er Recht hatte, was Brown betraf. Ich war so durchfroren und durchnässt gewesen, dass ich kaum auf die Geräusche im Schankraum geachtet hatte, doch ich konnte nun Browns Stimme durch den Schornstein steigen hören. Und aus den vereinzelten Worten, die ich verstehen konnte, wurde deutlich, dass er genau das tat, was Jamie gesagt hatte – er schwärzte uns an und stellte klar, dass er und sein Komitee für die Sicherheit die unwürdige, aber notwendige Aufgabe auf sich genommen hatten, uns festzunehmen und der Justiz auszuliefern. Und brachte damit rein zufällig jeden potenziellen Geschworenen gründlich gegen uns auf, indem er dafür sorgte, dass sich die Geschichte in all ihren skandalösen Einzelheiten herumsprach.
    »Gibt es irgendetwas, das wir tun können?«, fragte ich, nachdem ich mir so viel von diesem Unsinn angehört hatte, wie ich ertragen konnte.
    Er nickte und zog ein sauberes Hemd aus seiner Satteltasche.
    »Zum Abendessen nach unten gehen und dabei so wenig wie möglich wie ruchlose Mörder aussehen, a nighean .«
    »Also schön«, sagte ich und zog mit einem Seufzer die mit Bändern verzierte Haube hervor, die ich eingepackt hatte.
     
    Es hätte mich nicht überraschen dürfen. Ich war alt genug, um ein einigermaßen zynisches Bild von der menschlichen Natur zu haben – und ich lebte schon lange genug in dieser Zeit, um zu wissen, wie unverblümt sich die öffentliche Meinung Ausdruck

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