Ein Hauch von Schnee und Asche
wie mit Blei gefüllt waren, als wir die Wegmündung erreichten und ich über die Lichtung einen Blick zum Haus zurückwarf, auf dessen Veranda Mrs. Bug stand und winkte. Ich winkte zurück, und dann trabte mein Pferd in die Dunkelheit der tropfenden Bäume.
Es wurde eine grimmige Reise, die wir zum Großteil schweigend zurücklegten. Jamie und ich ritten dicht beieinander, konnten uns aber in Hörweite von Browns Männern nicht über irgendetwas Wichtiges unterhalten. Und was Richard Brown anging, so war er ernstlich aus der Fassung geraten.
Es war hinreichend klar, dass er niemals die Absicht gehabt hatte, mich irgendwo vor Gericht zu bringen, sondern dass er dies nur als Vorwand benutzt hatte, um sich an Jamie für Lionels Tod zu rächen. Und weiß Gott, was er getan hätte, dachte ich, hätte er erfahren, was wirklich mit seinem Bruder geschehen war, als Mrs. Bug noch greifbar in seiner Nähe war. Doch da Tom Christie uns begleitete, waren ihm die Hände gebunden; es blieb
ihm nichts anderes übrig, als uns nach Hillsboro zu bringen, und das tat er denkbar widerwillig.
Tom Christie ritt wie im Traum – einem Albtraum. Seine Miene war verschlossen und nach innen gekehrt, und er sprach mit niemandem.
Der Mann, den Jamie mit dem Messer verletzt hatte, war nicht dabei; vermutlich war er nach Brownsville heimgekehrt. Doch der Mann, den ich angeschossen hatte, begleitete uns.
Ich konnte weder sagen, wie ernst seine Verletzung war, noch ob die Kugel in seinen Körper eingedrungen war oder ihn nur seitlich gestreift hatte. Er war zwar nicht bewegungsunfähig, doch seiner schiefen Haltung und der Art, wie er dann und wann das Gesicht verzog, war deutlich anzusehen, dass er Schmerzen hatte.
Ich zögerte eine Weile. Ich hatte nicht nur Satteltaschen und eine zusammengerollte Decke dabei, sondern auch eine kleine Arzttasche. Unter den gegebenen Umständen hatte ich zwar nur relativ wenig Mitleid mit dem Mann. Andererseits war mein Instinkt stark – und wie ich Jamie leise erklärte, als wir anhielten, um unser Nachtlager aufzuschlagen, würde es nicht helfen, wenn er an einer Infektion starb.
Ich nahm mir vor, seine Wunde zu untersuchen und zu versorgen, sobald sich die Gelegenheit ergab. Der Mann – sein Name schien Ezra zu sein, auch wenn wir einander natürlich nicht vorgestellt worden waren – war dafür verantwortlich, die Schalen mit dem Essen auszuteilen, und ich wartete unter der Kiefer, unter der Jamie und ich Schutz gesucht hatten, um ihn freundlich anzusprechen, wenn er unser Essen brachte.
Er kam zu uns herüber, in jeder Hand eine Schale, die Schultern zum Schutz vor dem Regen in seinem Ledermantel vornübergebeugt. Doch bevor ich etwas sagen konnte, grinste er böse, spuckte kräftig in eine der Schüsseln und reichte sie mir. Die andere ließ er Jamie vor die Füße fallen, so dass ihm der Eintopf mit getrocknetem Hirschfleisch an den Beinen hinaufspritzte.
»Hoppla«, sagte er nur und machte auf dem Absatz kehrt.
Jamie spannte sich an wie eine große Schlange, die sich zusammenrollt, doch ich bekam seinen Arm zu fassen, bevor er zuschlagen konnte.
»Das macht nichts«, sagte ich und erhob meine Stimme ein klein wenig, um hinzuzufügen: »Soll er doch verrotten.«
Der Kopf des Mannes fuhr mit weit aufgerissenen Augen herum.
»Soll er doch verrotten«, wiederholte ich und starrte ihn an. Ich hatte die Fieberröte in seinem Gesicht gesehen und einen schwach süßlichen Eitergeruch wahrgenommen.
Ezras Miene war fassungslos. Er hastete an das prasselnde Feuer zurück und weigerte sich, noch einmal in meine Richtung zu blicken.
Ich hatte die Schale, die er mir gegeben hatte, noch in der Hand und erschrak, als sie mir plötzlich abgenommen wurde. Tom Christie schüttete
ihren Inhalt in einen Busch und reichte mir seine eigene Schale, dann wandte er sich wortlos ab.
»Aber -« Ich setzte mich in Bewegung, um sie ihm zurückzugeben. Dank Mrs. Bugs »Bissen«, der eine ganze Satteltasche füllte, würden wir nicht verhungern. Doch Jamies Hand auf meinem Arm hielt mich zurück.
»Iss es, Sassenach«, sagte er leise. »Es ist gut gemeint.«
Mehr als nur gut gemeint, dachte ich. Es war mir bewusst, dass die Blicke der Männer am Feuer feindselig auf mich gerichtet waren. Meine Kehle war zugeschnürt, und ich hatte keinen Appetit, doch ich zog meinen Löffel aus der Tasche und aß.
Unter einer Hemlocktanne in unserer Nähe hatte sich Tom Christie in eine Decke gehüllt, den Hut in sein Gesicht
Weitere Kostenlose Bücher