Ein Hauch von Schnee und Asche
Berührung bekannt war, hütete er sich davor.
»Ich bin hier«, sagte Fraser plötzlich, »um dich um einen Gefallen zu bitten.«
»Stets zu Diensten, Sir«, sagte Lord John. Er war furchtbar froh, flüchtete sich jedoch in die Formalität.
»Nicht für mich«, sagte Fraser und sah ihn an. »Für Brianna.«
»Mit noch größerer Freude«, versicherte ihm Lord John. »Ich empfinde extreme Zuneigung für deine Tochter, trotz ihrer charakterlichen Ähnlichkeiten mit ihrem Erzeuger.«
Frasers Mundwinkel hob sich, und er richtete seine Augen erneut auf die Szene im Freien.
»Ist das so«, sagte er. »Nun denn. Ich kann dir nicht sagen, wozu ich ihn brauche – aber ich brauche einen Edelstein.«
»Einen Edelstein?« Lord Johns Stimme klang selbst in seinen Ohren verständnislos. »Was denn für einen Edelstein?«
»Irgendeinen.« Fraser zuckte ungeduldig mit den Achseln. »Es spielt keine Rolle – solange es nur ein reiner Stein ist. Ich habe dir einmal einen solchen Stein gegeben -« Sein Mund zuckte; er hatte den Stein, einen Saphir, unter Druck abgegeben, als Gefangener der Krone. »Obwohl ich nicht davon ausgehe, dass du ihn noch hast?«
Natürlich hatte er ihn noch. Dieser Saphir hatte ihn die letzten fünfundzwanzig Jahre begleitet und befand sich im Moment in seiner Westentasche.
Er richtete den Blick auf seine linke Hand, an der er einen breiten Goldring mit einem leuchtenden, geschliffenen Saphir trug. Hectors Ring. Den ihm seine erste Liebe gegeben hatte, als er sechzehn war. Hector war in Culloden gestorben – am Tag nach Johns erster Begegnung mit James Fraser in der Dunkelheit eines schottischen Bergpasses.
Ohne Zögern, wenn auch mit leichten Schwierigkeiten – er trug den Ring schon lange, und er war ein wenig in die Haut seines Fingers eingesunken – drehte er ihn los und legte ihn Jamie in die Hand.
Fraser zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
»Den? Bist du sich-«
»Nimm ihn.« Jetzt streckte er die Hand aus und schloss Jamies Finger um den Ring. Die Berührung war flüchtig, doch seine Hand kribbelte, und er schloss sie zur Faust, um sich das Gefühl zu bewahren.
»Danke«, sagte Jamie noch einmal leise.
»Es ist – mir wirklich ein großes Vergnügen.« Das Zusammentreffen unten auf dem Gehsteig war in der Auflösung begriffen – Brianna verabschiedete sich gerade, das Baby auf dem Arm; ihr Mann und ihr Sohn waren schon ein Stück weitergegangen. William verneigte sich, der Umriss seines kastanienfarbenen Kopfes ein solch perfektes Spiegelbild des roten -
Ganz plötzlich konnte Lord John es nicht ertragen zu sehen, wie sie sich trennten. Auch das hätte er sich gern bewahrt – den Anblick der beiden zusammen. Er schloss die Augen, stützte die Hände auf die Fensterbank und fühlte einen Lufthauch in seinem Gesicht. Etwas berührte ihn ganz kurz an der Schulter, und er spürte neben sich eine Bewegung in der Luft.
Als er die Augen wieder öffnete, waren sie alle drei fort.
119
Muss i denn …
September 1776
Roger verlegte gerade den Rest der Wasserleitung, als Aidan und Jemmy so plötzlich wie zwei Schachtelteufel an seiner Seite auftauchten.
»Papa, Papa, Bobby ist hier!«
»Was, Bobby Higgins?« Roger richtete sich auf und spürte dabei, wie seine Rückenmuskeln protestierten. Er blickte zum Haupthaus, sah aber keine Spur von einem Pferd. »Wo ist er denn?«
»Er ist zum Friedhof gegangen«, sagte Aidan mit bedeutsamer Miene. »Meint Ihr, er sucht das Gespenst?«
»Das bezweifle ich«, antwortete Roger ruhig. »Welches Gespenst denn?«
»Malva Christie«, sagte Aidan prompt. »Sie geht um. Das sagen doch alle.« Er sprach ganz tapfer, schlug aber die Arme um sich selbst. Jemmy, der diese Neuigkeit eindeutig zum ersten Mal hörte, riss die Augen auf.
»Warum geht sie denn um? Wohin will sie denn?«
»Weil sie errrmorrrdet worden ist, Dummkopf«, erklärte Aidan dramatisch. »Ermordete gehen immer als Geister um. Sie suchen ihren Mörder.«
»Unsinn«, sagte Roger bestimmt, als er Jemmys beklommenes Gesicht sah. Jem hatte natürlich gewusst, dass Malva Christie tot war; er war genau wie alle anderen Kinder aus Fraser’s Ridge bei ihrer Beerdigung gewesen. Doch er und Brianna hatten dem Jungen einfach nur erzählt, dass Malva gestorben war, nicht, dass sie ermordet worden war.
Nun ja, dachte Roger grimmig, man braucht gar nicht zu hoffen, so etwas geheim halten zu können. Er hoffte allerdings, dass Jem keine Albträume bekommen würde.
»Malva geht nicht um,
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