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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Schritten, die die Treppe heraufkamen, ließ ihn zur Seite treten, und er konnte gerade noch ausweichen, als Oscar nach oben gerannt kam, eine leere Servierplatte unter dem Arm – offenbar war er unterwegs in die Sommerküche, wo der Fisch gebraten wurde. Oscar grinste Roger im Vorbeigehen an und blies einen Kuss zu Phaedre hinüber, deren Lippen sich bei dieser Geste aufeinander pressten.
    Sie machte eine schwache Kopfbewegung, und Roger folgte ihr durch den Flur, fort von der Geschäftigkeit der Küche. An der Tür, die zu den Stallungen führte, blieb sie stehen und sah sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand sie hören konnte.
    »Vielleicht sollte ich ja gar nichts sagen, Sir – vielleicht ist es ja auch nichts. Aber ich glaube, ich sollte es Euch trotzdem erzählen.«
    Er nickte und strich sich die feuchten Haare aus der Schläfe. Die Tür stand offen, und hier wehte ein leiser Luftzug, Gott sei Dank.
    »Wir waren in der Stadt, Sir, heute Morgen, in Mr. Benjamins Lagerhaus; Ihr wisst doch, welches ich meine? Unten am Fluss?«
    Er nickte erneut, und sie leckte sich die Lippen.
    »Master Jem, er ist unruhig geworden und hat sich selbständig gemacht, während sich die Herrin mit Mr. Benjamin unterhalten hat. Ich bin ihm nachgegangen, damit ihm nichts passiert, deshalb war ich bei ihm, als der Mann hereingekommen ist.«
    »Aye? Welcher Mann denn?«
    Sie schüttelte den Kopf, und der Ausdruck ihrer dunklen Augen war ernst.
    »Ich weiß es nicht, Sir. Ein großer Mann, so groß wie Ihr. Hellhaarig; er
hat keine Perücke getragen. Aber er war ein feiner Herr.« Womit sie wohl meinte, so vermutete er, dass der Mann gut gekleidet war.
    »Und?«
    »Er schaut sich um, sieht, wie Mr. Benjamin mit Miss Jo redet und tritt zur Seite, als ob er nicht möchte, dass ihn jemand bemerkt. Aber dann sieht er Mr. Jem, und sein Gesicht wird ganz scharf.«
    Bei dieser Erinnerung zog sie Jem ein wenig dichter an sich.
    »Sein Blick hat mir gar nicht gefallen, Sir, wenn ich ehrlich bin. Ich sehe, wie er sich auf Jemmy zubewegt, und gehe schnell zu dem Jungen und nehme ihn auf den Arm, so wie jetzt. Der Mann macht ein überraschtes Gesicht, dann so, als ob er etwas komisch findet; er lächelt Jemmy an und fragt ihn, wer sein Papa ist?«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, und sie tätschelte Jemmys Rücken.
    »Das fragen ihn alle Leute in der Stadt, und er sagt sofort, sein Papa ist Roger MacKenzie, genau wie immer. Dieser Mann, er lacht und fährt Jemmy durch die Haare – das tun sie alle, Sir, er hat so einen hübschen Kopf. Dann sagt er: ›Ist er das, mein Kleiner, ist er das wirklich?‹«
    Phaedre war die geborene Stimmenimitatorin. Sie ahmte den irischen Akzent perfekt nach, und der Schweiß auf Rogers Haut wurde kalt.
    »Und was ist dann passiert?«, wollte er wissen. »Was hat er getan?« Er blickte unbewusst an ihr vorbei zur offenen Tür hinaus und durchsuchte die Nacht nach Gefahren.
    Phaedre zog die Schultern hoch und erschauerte leicht.
    » Getan hat er gar nichts, Sir. Aber er sieht Jem ganz scharf an, und dann mich, und dann lächelt er mir mitten ins Gesicht. Das Lächeln gefällt mir nicht, Sir, ganz und gar nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber dann höre ich hinter mir Mr. Benjamin fragen, ob der Herr ihn braucht? Und der Mann dreht sich auf dem Absatz um und ist zur Tür hinaus, einfach so .« Sie hielt Jem mit einem Arm umklammert und schnippte kurz mit den Fingern der freien Hand.
    »Ich verstehe.« Der Pudding hatte einen festen Klumpen gebildet, der ihm wie Eisen im Magen lag. »Hast du deiner Herrin von diesem Mann erzählt?«
    Sie schüttelte ernst den Kopf.
    »Nein, Sir. Er hat ja eigentlich nichts getan, wie ich sagte. Aber er geht mir nicht aus dem Kopf, Sir, also habe ich zu Hause überlegt und schließlich gedacht, nun, besser, ich sage es Euch, Sir, wenn ich kann.«
    »Das hast du richtig gemacht«, sagte er. »Danke, Phaedre.« Er musste gegen das Bedürfnis ankämpfen, ihr Jemmy abzunehmen und ihn ganz fest zu halten. »Würdest du – wenn du ihn ins Bett gebracht hast, kannst du … bei ihm bleiben? Nur, bis ich nach oben komme. Ich sage deiner Herrin, dass ich dich darum gebeten habe.«
    Sie sah ihn mit ihren dunklen Augen direkt an und nickte. Sie verstand ihn voll und ganz.

    »Aye, Sir. Ich passe auf ihn auf.« Sie deutete einen Hofknicks an und ging die Treppe hinauf auf das Zimmer zu, das er mit Jem teilte. Dabei summte sie dem Jungen leise und rhythmisch ins Ohr.
    Er atmete

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