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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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sagte der Mann rasch. „Ehrlich, du musst für deinen Kumpel nicht zahlen.“
    Jeremy zückte einen Geldschein und legte ihn auf die Theke, wobei er Zedrik, der mehr als bedenklich schwankte, an den Haaren aufrecht halten musste.
    „Er ist mein Partner “, beschied er dem schmierigen Kerl betont. Wie konnte man sich nur so dicht an dicht tätowieren lassen, dass die einzelnen Bilder nicht mehr zu unterscheiden waren? Diese Frage stellte er nicht laut, stattdessen erkundigte er sich beherrscht: „Was ist die Ursache seiner Unpässlichkeit?“,
    „Häh?“
    Jeremy seufzte. Es war ein langer, grässlicher Tag gewesen. Er sollte ihn besser nicht damit beenden, einen eindeutig beseelten Menschen über den Haufen zu schießen und anschließend behaupten, er hätte ihn für einen Ghoul gehalten. Zumal der Kerl Zedrik zu mögen schien. Es gab nicht viele Leute, die es länger als drei Tage mit Zed aushielten. Eigentlich hatte er bis jetzt gedacht, er wäre der Einzige …
    Er versuchte mühsam, sein sprachliches Niveau um eine Nuance zu erniedrigen.
    „Ich möchte wissen, was er mir gleich auf den Badezimmerteppich kotzen wird. Er verträgt normalerweise sehr viel, es muss also schon ernst sein.“
    Der Blick des Wirts irrte zu einem Punkt neben Jeremys Ellenbogen. Misstrauisch betrachtete er den Flecken Holz genauer, der anscheinend vor zwanzig Jahren das letzte Mal abgewischt worden war. Spuren eines weißen Pulvers, die bei einer Whiskeyflasche endeten, sagten ihm mehr, als er eigentlich wissen wollte. Von einem Detail abgesehen:
    „War die Flasche vorher voll?“ Jetzt befand sich jedenfalls nur noch ein Drittel darin. Die Miene des Glatzkopfs sprach Bände.
    „Yow, Meister, ahm, hör mal, der Junge ist …“
    „… bei mir bestens aufgehoben.“
    Jeremy schaffte es, Zedrik rechtzeitig so zu drehen, dass er sich auf den Fußboden erbrechen konnte, ohne ihm Schuhe oder Anzugshose zu beschmutzen. Kurz überlegte er, ob er dem Wirt für die Sauerei noch mehr Geld geben sollte, anderseits sah der Fußboden so aus, als wäre er an diese Behandlung gewöhnt und keiner der Gäste hob auch nur den Kopf.
    „Einen guten Abend wünsche ich Ihnen noch.“ Jeremy nickte höflich und schob Zedrik vor die Tür.
    Der neuerliche Kontakt mit frischer, nikotin- und alkoholdampffreie Luft hatte die erwartete Wirkung auf das brabbelnde Geschöpf in seinen Armen: Zedrik sackte halb bewusstlos in die Knie.
    „Duuuu bisch sch… schuuu… schuld.“
    „Ach?“ Jeremy versuchte sich zwischen „woran?“ und „wie kommst du darauf?“ zu entscheiden, aber Zedrik wimmerte bereits wieder und versuchte sich ein weiteres Mal zu übergeben. Er würgte jämmerlich mehrere Minuten lang, spuckte allerdings bloß ein wenig Gallenflüssigkeit, dem Geruch nach zu urteilen. Überhaupt stank sein Partner wie ein Mülleimer, ausgeschlossen, ihn in den Wagen zu legen. Das Leder mochte pflegeleicht sein und nicht allzu schnell üble Gerüche absorbieren, das war immer noch kein Grund, leichtsinnig zu werden.
    Er könnte ein Taxi rufen, müsste dann jedoch sein Auto in dieser miesen Gegend stehen lassen.
    Jeremy schleifte seinen Partner fluchend zu seinem Mercedes. Im Kofferraum fand er eine Wolldecke, in die er Zedrik so einwickelte, dass der gerade noch genug Luft bekam, und verstaute ihn auf der Rückbank.
    „Sei so gut und beherrsch dich irgendwie“, befahl er streng.
    „Jaaa… jawoll, Sir“, lallte Zedrik. „Du ha… haaast …“ Er begann zu zittern, mit einem Mal wirkte er verängstigt, wie Jeremy ihn noch nie erlebt hatte.
    „Junge, krieg jetzt keinen psychotischen Anfall!“
    Jeremy fluchte lästerlich, hastete zum Fahrersitz und raste los. In die Klinik würde er nur fahren, falls Zedrik länger als zehn Minuten das Bewusstsein verlieren sollte – nach wie vor weigerten sich nahezu alle Ärzte, einen Halbdämon zu behandeln, und auch Androhung von Gewalt oder das Versprechen von überaus großzügigen Spenden nutzte wenig. Da alle Ambulanzen mit Sensoren ausgestattet waren, die bei jedem Tropfen Dämonenblut anschlugen, wäre es sinnlos, professionelle Hilfe zu suchen. Zedrik war widerstandsfähig, er würde an einer simplen Überdosis nicht sterben. Trotzdem wollte Jeremy von der Straße runter und in die Sicherheit seiner eigenen vier Wände, falls sein Partner jetzt tatsächlich einen Kokstrip erleiden sollte.
    Das Gewimmer von der Rückbank klang stark danach, als würde es ein wirklich heftiger Trip werden …
    Jeremy

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