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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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es bequemer hatte, obwohl es dadurch schmutzig wurde. Nicht ganz Mr. Perfect, nicht hier, aber so nah dran, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war.
    Menschen erlebten die Civitas Diaboli als Albtraum bei wachem Leib. Sie litten Todesängste, ohne die Gnade, dass sie den Verstand verlieren könnten. Oder gar das Leben, gleichgültig, wie lange sie von Nahrung und Wasser ferngehalten wurden, da es nichts gab, was Sterbliche essen konnten. Die Hölle ließ solch eine Flucht nicht zu. Es dauerte bis zu zwei Wochen, bis der Mensch soweit abgestumpft war, dass er die Angst nicht mehr empfand, doch das Leiden hörte nicht auf. Der Durst, der Hunger, die Sehnsucht nach Freiheit.
    Selbst als Halbdämon fühlte Zedrik sich hier stärker und mehr Daheim als in der Menschenwelt. Dennoch wollte er fort, auf die Seite, für die er sich bewusst entschieden hatte.
    „Komm zu mir“, flüsterte er. Unmöglich zu bestimmen, in welchem Territorium sie sich befanden, Zedrik war blind geflohen. Es war nicht Taznaks, andernfalls wären sie bereits entdeckt worden. Mit etwas Glück befand sich der Herr dieses Gebietes gerade auf der Erde und erholte sich vom Vollmondrausch. Mit etwas Pech würde Jeremy seine Seele und er sein Leben verlieren, sobald man sie aufspürte.
    Sein Partner kroch zu ihm und hockte sich dicht bei ihm nieder.
    „Bring uns raus“, wisperte Jeremy mit vermutlich aller Selbstbeherrschung, die er aufbringen konnte.
    „Geht noch nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Ich muss erst zu Kräften kommen. Es ist ein Kinderspiel, in die Hölle zu springen, aber es kostet alles, was ich habe, um zurückzukehren. Eure Welt wehrt sich gegen Eindringlinge von dieser Seite. Das ist der Grund, warum die niederen Dämonen nicht allein hinüberkönnen und auch die Mächtigsten unter ihnen es sich lange überlegen, ob es notwendig ist.“
    „Gut.“ Jeremy starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere.
    „Wie lange?“, fragte er dann nach einer Pause.
    „Hoffentlich nicht zu lange. Wir sind hier nicht sicher.“
    „Gut.“ Es machte ihn wahnsinnig, wie Jeremy dieses Wort tonlos hervorstieß.
    „Erzähl mir was“, forderte Zedrik. „Erzähl mir von David.“
    Jeremys Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und Trauer.
    „Tu mir das nicht an! Ich … kann ich nicht etwas Fröhliches erzählen?“
    „Es würde nicht helfen.“ Seufzend griff Zedrik nach den schweißnassen, kalten Händen. Nicht unbedingt angenehm für ihn, doch er hoffte, dass es seinen Partner trösten würde. „Wir sind in der Hölle, jeder Versuch von Fröhlichkeit würde im Elend enden. Nein, erzähl mir von deinen finstersten Stunden, deinem tiefsten Schmerz, wälze dich in Trauer und Schuldgefühlen. Es ist wie ein Tritt vors Schienbein, der dir hilft, den gebrochenen Daumen zu vergessen. Es ist das Einzige, was dich hier weiterbringen wird.“
    Die zitternden Finger klammerten sich an Zedriks Hand. Verdammt unbequem. Scheißegal. So hielt er Mr. Perfect beschäftigt und konnte seinen Körper ruhen lassen.
    „Ich war siebzehn, als meine Eltern von dem Werwolf attackiert wurden. Meine Mutter starb, mein Vater wechselte zwischen Selbstmitleid, Gejammer und aggressiven Attacken gegen mich. Ich ging zwar noch zur Schule, musste allerdings das Internat verlassen, in dem ich bis dahin gewesen war, und auf eine Einrichtung in der Nähe wechseln, so dass ich täglich bei ihm sein konnte. Es hat ihn vom Selbstmord und Amoklauf abgehalten.
    Als ich in Oxford zu studieren begann, hat er mich mit dem Hubschrauber hin- und zurückbringen lassen. Das lief knapp vier Jahre so ab, bis er mich einmal einen Tag vor Vollmond fast erwürgt und totgeschlagen hätte – er war auf Crack und ist durchgedreht.“
    Das intensive Spiel von Gefühlen aller Art, das sich auf Jeremys Gesicht offenbarte, war faszinierend. Hier war er verletzlich, ohne allen Charme und britische Contenance. Zedrik fühlte Hunger. Gier nach dieser Seele. Was machte es schon, wenn Jeremy dadurch als leere Hülle zurückbleiben und sich zu einem Ghoul wandeln würde, dazu verdammt, für die Ewigkeit zu leiden? Er war nur ein Mensch! Ein Mensch, der ihn jahrelang wie einen Lakaien behandelt und ihn mit lächerlichen Regeln und Vorschriften gegängelt hatte. Ein Mensch, der reicher war als die Queen und ihn trotzdem mit einem Hungerlohn abspeiste, wodurch Zedrik wie ein Bettler leben musste, abhängig von Lovern, die ihn nach drei Tagen regelmäßig rausschmissen.
    Ein Mensch, der es seit zwei

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