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Ein Hauch von Seele

Ein Hauch von Seele

Titel: Ein Hauch von Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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war die Trauer auf das Gesicht seines Partners zurückgekehrt?
    „Nicht so, wie du denkst“, sagte Jeremy leise. „Er war mein Mentor, hat mir alles beigebracht, was man über die Dämonenjagd wissen muss. David war ein toller Mensch, ein Idol und wie ein Vater für mich, der nicht ständig den Mond anheult.“
    „Er ist tot?“
    „Ja.“
    „Wie …?“
    „Frag nicht, Zedrik, bitte. Liebe ist ein tolles Gefühl, aber sie kann schnell in Schmerz umschlagen. Manchmal wünschte ich, ich wäre wie du und könnte solche Gefühle nicht empfinden.“
    Schockiert sah er seinen Partner an. Jeremys Kiefermuskeln wirkten verkrampft. Er schaute starr geradeaus. Doch in seinen Augen lag ein feuchter Schimmer.
    „Du weißt ja gar nicht, wovon du redest“, sagte Zedrik ärgerlich. „In mir ist eine Leere, die unerträglich ist. Ich will sie füllen und kann nicht. Wenn ich einen toten Vogel sehe, denke ich mir Armer Kerl . Doch das sind nur Gedanken. Ich würde es gerne in mir spüren wollen. Einmal nur Mitleid mit einem Geschöpf haben, einmal zu lieben …“ Schnell drehte er sich zum Seitenfenster, damit Jeremy nicht bemerkte, wie er mit seiner Verzweiflung zu kämpfen hatte. Wie müde musste er tatsächlich sein, dass er Mr. Perfect derartig jämmerlich seine geheimsten Wünsche anvertraute? Ausgeruht wäre das nicht passiert. Zum Glück schwieg Jeremy und begann ihn nicht auch noch zu psychotherapieren.
    Beinahe wäre er eingenickt. Das nahezu lautlose Brummen des Motors wirkte einschläfernd. Er gähnte und wünschte sich, wenigstens rauchen zu dürfen, um nicht wegzudämmern. Wenn Jeremy nicht so pingelig wäre …
    Hoppla! Was war das?
    Mit einem Schlag war Zedrik hellwach. Vor ihnen hatte sich mitten auf der Straße ein Tor geöffnet und heraus schälte sich eine schuppige Gestalt mit gewaltigen ledrigen Schwingen.
    „Halt!“, brüllte Zedrik, obwohl Jeremy bereits wuchtig auf die Bremse trat. Schlingernd und mit quietschenden Reifen kam der Mercedes zum Stehen. Wie die Ölgötzen starrten sie auf den Dämonenfürsten, der ihnen den Weg versperrte.
    „Du hast nicht zufällig meine Armbrust dabei?“, erkundigte sich Zedrik, ohne den Blick von Taznak zu wenden.
    „Scheiße“, lautete die Antwort.
    „Raus aus dem Wagen.“
    „Was?“ Jeremy sah ihn erschrocken an.
    „Raus, sonst kann ich uns nicht helfen.“ Zedrik wagte es nicht, den Dämon aus den Augen zu lassen. Er öffnete seine Wagentür und riss Jeremy ohne jegliche Rücksicht über die Mittelkonsole hinweg mit sich. Dass sich sein Partner dabei einige schmerzhafte Blessuren einfing, ignorierte er.
    „Zedrik“, zischelte es ihm entgegen. Taznaks Flügel zuckten, ein sicheres Zeichen, dass der gleich auf sie losspringen würde.
    „Wichser!“ Zedrik vollführte zu Taznaks wütendem Geheul eine komplizierte Handbewegung, um damit sein eigenes Tor zu schaffen, das von der Größe her gerade für sie ausreichend war. Ehe Taznak sie erwischen konnte, tauchte er zusammen mit Jeremy in das schwarze Loch. Einen Herzschlag später befanden sie sich in der Civitas Diaboli und atmeten schwefelhaltige Luft. Mit kalkweißem Gesicht stand sein Partner neben ihm und bekam den Mund nicht mehr zu.
    „Willkommen in der Hölle.“ Mit diesen Worten brach Zedrik endgültig am Ende seiner Kräfte zusammen.
     

Kapitel 16
     
    Höllische Erinnerungen
     
    Wie viel Zeit vergangen war, als er wieder die Augen öffnete, konnte Zedrik nicht bestimmen. Er fühlte sich nicht allzu ausgeruht, es war also nicht lang genug gewesen. Dennoch schaffte er es, seine Umgebung wahrzunehmen. Er lag auf hartem Boden, in einer Höhle, oder eher einem Loch in einer Felswand. Den Gestank brauchte er nicht, um zu wissen, dass er sich im Dämonenreich befand – er spürte die Hölle in sich, spürte, wie sie sein Succubusblut zum Kochen brachte und ihm Versprechungen von Macht einflüsterte. Macht über die Seele an seiner Seite, die er hier, und nur hier, rauben könnte …
    Zedrik wandte den Kopf, um Jeremy zu betrachten. Sein Partner hielt sich gut, so alles in allem. Er war bleich, ja, er zitterte, das auch, er hatte sich eng zusammengekauert in die dunkelste Ecke des Felsspalts verzogen. Doch ansonsten wirkte er gefasst und beherrscht, und er musste ihn in diesen Unterschlupf getragen haben. Die meisten Menschen hätten ihn liegen gelassen, in ihrer Panik vergessen, dass er überhaupt da war. Nun, das war sein Jeremy. Der hatte ihm sogar sein Jackett unter den Kopf gelegt, damit er

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