Ein Hauch von Seele
Traum sein. Mein Boss hätschelt mich …“ Der Rest ging in einem gequälten Stöhnen unter, als Jeremy vorsichtig über einen der Striemen tupfte, der sich über Zedriks halbes Gesicht zog.
„Ein schöner Traum?“ Jeremy machte mit zusammengebissenen Zähnen weiter und versuchte , sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er darunter litt, ihm Schmerzen zufügen zu müssen.
„Der beste …“
Eine knappe halbe Stunde später lag Zedrik auf Kissen gebettet und in eine Decke eingewickelt im Bannkreis, deutlich sauberer als zuvor und nicht mehr ganz so totenbleich. Von Heilungsfortschritten war allerdings weiterhin nur wenig zu sehen.
„Ist es schlimm? Der Bannkreis, meine ich?“, fragte Jeremy unbehaglich. Er hatte ihn gewaschen, ihm Wasser eingeflößt und ein Schmerzmittel verabreicht. Mehr konnte er nicht tun, und das machte ihn wahnsinnig.
„Der ist egal“, brummte Zedrik mit einem kläglichen Lächeln, das die Lüge offenbarte.
„Was würde dir helfen? Wie kannst du wieder zu Kräften kommen? Soll ich dich etwas Schlafen lassen?“
„Jerry, nicht glucken. Is’ schon okay … Alles ist besser, als bei Taznak zu sein … Du könntest mir einen kleinen Kuss geben, wenn du magst. Weißt ja, Succubus.“
Das stimmte. Ein Succubus bekam seine Energie durch Sex. Aber daran war wohl nicht zu denken, so zerschlagen,wie der arme Kerl dalag. Ein Kuss hingegen würde bestimmt nicht schaden. Quasi ein kleines Succubussi …
Jeremy beugte sich nieder und berührte sacht Zedriks Mund. Eine zittrige Hand legte sich in seinen Nacken, um ihn tiefer zu ziehen und einen Moment später versanken sie in ein berauschendes Spiel von Lippen und Zungen. Es fühlte sich so gut an, so richtig! Erst als Jeremy dringend mehr Luft holen musste und Zedrik kleine Laute ausstieß, die ebenso nach Wohlbehagen wie Schmerz klangen, lösten sie sich widerstrebend. Atemlos blickten sie einander an. Wo war die Kälte in den Dämonenaugen hin? Zedrik wirkte so menschlich wie noch nie zuvor. Vielleicht war das auch bloß Einbildung.
„Wow! Jerry-Baby, Küssen kannst du großartig“, flüsterte Zedrik. Es mochte täuschen, aber die Wunden sahen blasser aus. Jeremy blieb dicht neben ihm hocken, streichelte Zeds Hand – wann hatte er sie ergriffen? – und betrachtete dieses vertraute schöne Gesicht. Ihm wurde bewusst, dass es nicht nur Sorge gewesen war, die ihn umgetrieben hatte. Zedrik war ein elementarer Bestandteil seines Lebens. Zwei Jahre lang hatten sie nahezu täglich viele Stunden miteinander verbracht. Nicht immer harmonisch, doch sie hatten sich zusammengerauft und gelernt, einander zu vertrauen.
Bin ich etwa verliebt?, dachte er plötzlich. Ein eher trauriger Gedanke; denn es war jämmerlich, sich in einen seelenlosen Halbdämon zu verlieben, egal, wie charmant und gutaussehend und klug und wunderbar nervenzermürbend er sein mochte.
Nein. Da waren keine Schmetterlinge in seinem Bauch, kein elektrisierendes Hochgefühl, wenn sie einander berührten. Nichts von den üblichen hormonellen Eskapaden des Verliebtseins. Er erinnerte sich an das seltsame Schnurren und den Sex, den sie danach gehabt hatten. Zugegeben, da war er schon vor Erregung wie elektrisiert gewesen, doch das hatte eindeutig andere Gründe gehabt.
Zedrik war … ein Freund. Ein wirklich, wirklich guter Freund. Damit konnte Jeremy leben, er wusste, sein Partner würde ihn als Freund niemals enttäuschen. Einen Kumpel küsste man für gewöhnlich nicht, aber Zedrik war eben eine Ausnahme. In jeglicher Hinsicht.
„Einen Penny für deine Gedanken“, wisperte es unter ihm. „Du lächelst, als würdest du an etwas sehr Schönes denken.“
Ertappt fuhr er ein wenig zusammen, ohne Zedrik loszulassen.
„Ich dachte daran, wie du mich … da drüben … abgelenkt hattest. Das hatte mir gefallen.“
„Es würde mir gefallen, wenn du mich ablenkst.“ Ein tiefes Vibrieren in Zedriks Stimme unterstrich die Worte. „Du kannst alles haben, bedien dich. Ich kann bloß nicht allzu aktiv mitmachen.“
„Zed, du bist ernsthaft verletzt, ich würde …“
„… du würdest mir einen großen Gefallen tun. Ein bisschen Ziepen bringt mich nicht um,und danach heile ich umso schneller.“ Seine freie Hand glitt zwischen Jeremys Beine. „Hier ist jemand ganz meiner Meinung.“ Sein Lächeln war pure Sünde. Jeremy schaute seinen Partner aus halb geschlossenen Lidern an, während er sanft gestreichelt wurde. Er fand es immer wieder verblüffend, dass ausgerechnet
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