Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
Vom Netzwerk:
nur harsche Worte zu hören bekam.
    Janey begriff nicht, wie sehr Ella sich davor fürchtete, eine von ihnen könnte diese Wesenszüge von ihrer Mutter geerbt haben. Janey hatte Glück, sie erinnerte sich nicht so gut an ihre Mutter wie Ella. Selbst jetzt wachte Ella manchmal noch nachts auf und überlegte, wie ihr Leben verlaufen wäre, wenn ihre leibliche Mutter nicht gestorben wäre. Sie erinnerte sich lebhaft an ihre Stimmungsschwankungen, die Wutanfälle, die wie aus dem Nichts kamen, gefolgt von reichlich Tränen und Gebrüll.
    Ihre Mutter war eben ein bisschen verrückt gewesen – mehr als ein bisschen. Blanche, Ambers Großmutter, war einmal entschlüpft, dass ihre Verrücktheit durch die Geburt von Ella und Janey ausgelöst worden war. Ella fand es schrecklich, an die Krankheit ihrer Mutter zu denken. Sie fand jeden Gedanken an ihre Mutter schrecklich. Wie sehr sie Emerald doch darum beneidete, dass Amber ihre Mutter war.
    Sobald Ella merkte, dass sie sich über etwas aufregte oder wütend wurde, rief sie sich ganz bewusst ihre Mutter in Erinnerung und verschloss ihre Gefühle. Sie würde niemals heiraten – oder Kinder bekommen –, denn sie wollte nicht enden wie ihre Mutter.
    Aber was war mit Janey? Janey wusste nicht, warum sie sich davor fürchten sollte, was sie womöglich von ihrer Mutter geerbt hatten, und Ella brachte es nicht über sich, es ihr zu erzählen, denn sosehr sie sich auch um ihre jüngere Schwester mit ihrem Leichtsinn und ihrer Unbesonnenheit sorgte, so liebte Ella sie doch von Herzen. Sie wollte Janey nicht ihre Freude nehmen und sie in Angst und Schrecken versetzen.

4
    Paris
    »Na, dein Vater mag ja ein Herzog gewesen sein, Emerald, aber das macht dich noch lange nicht zur Herzogin.«
    Emerald musste sich sehr zusammenreißen, Gwendolyn nicht mit Blicken zu töten.
    Emerald, die Ehrenwerte Lydia Munroe – Tochter von Emeralds Patentante Beth – und Lady Gwendolyn – Nichte ebenjener Patentante und Cousine von Lydia – würden zusammen debütieren.
    Gwendolyn mochte so reizlos sein wie ihre fade aussehende und langweilige Mutter, deren scharfer Blick Emerald bereits gewarnt hatte, dass sie nicht viel von ihr hielt, doch Emerald wusste, wie sehr ihre Patentante sie schätzte. Gwendolyns Vater war Lady Beths Bruder, der Earl von Levington, auf den Lady Beth ebenfalls große Stücke hielt. Wenn Emerald ihrem Impuls nachgegeben und »Griesgram Gwen«, wie sie sie insgeheim betitelte, in die Schranken verwiesen hätte, wäre sie das Risiko eingegangen, dass Gwendolyn ihrer Mutter und ihrer Tante irgendwelche Märchen erzählte, und das hätte bedeuten können, dass Emerald eine nützliche Verbündete verlor. Nein, Gwendolyns wohlverdiente Strafe würde leider auf eine günstigere Gelegenheit warten müssen. Emerald schenkte ihr ein falsches Lächeln.
    Gwendolyn dachte wohl, sie hätte diesen Schlagabtausch gewonnen, und fuhr, um ihren Triumph noch ein wenig auszukosten, mutig fort: »Schließlich ist es ja auch nicht so, als stammte deine Mutter aus einer nennenswerten Familie. Niemand weiß, wie sie es zustande gebracht hat, deinen Vater vor den Altar zu schleifen.«
    Da es kein Geheimnis war, dass das erste Kind ihrer Eltern acht Monate nach der überstürzt arrangierten Hochzeit zur Welt gekommen war, wusste Emerald ziemlich genau, wie. Doch ihre Mutter war wenigstens so klug gewesen, überhaupt zu heiraten. Sosehr sie sich auch über ihre Mutter ärgerte, Emerald war dankbar, dass sie sich um einen ehelichen Status bemüht hatte und nicht seine Geliebte geblieben war. Es wäre ihr verhasst gewesen, ein uneheliches Kind zu sein, über das die Leute hochmütig hinter seinem Rücken lachten.
    Emerald, Lydia und Gwendolyn saßen auf ihren Betten des gemeinsamen Schlafzimmers in dem Mädchenpensionat in einer Villa am Bois de Boulogne, die im Besitz der Comtesse de la Calle war. Das Pensionat der Comtesse stand in dem Ruf, die eleganteste Einrichtung dieser Art zu sein. In Paris den letzten Schliff zu bekommen galt als weitaus feiner als in einer der beiden »akzeptablen« Londoner Einrichtungen, also hatte Emerald natürlich auf Paris bestanden.
    Beseelt von ihrem Triumph, fuhr Gwendolyn fröhlich fort: »Mummy und Tante Beth glauben, deine Mutter hatte schreckliches Glück, sich so gut zu verheiraten. Sie glauben nicht, dass dir dasselbe gelingt.«
    Emerald wurde innerlich ganz starr. Gwendolyns Worte waren wie ein Streichholz am trockenen Zunder ihres Stolzes. Sie warf die

Weitere Kostenlose Bücher