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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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ihre Mutter aufgegabelt hatte.
    Nur gut, dass Emerald so viel Weitsicht besessen und ihre Patin überredet hatte, sie bei Hofe vorzustellen und bei sich in London wohnen zu lassen, »damit Mummy ihre Arbeit machen kann, Tante Beth«, wie sie es ihrer Schirmherrin gegenüber formuliert hatte. Unter der Ägide ihrer Patin hatte sie viel mehr Spielraum, die Dinge nach ihrem Gutdünken zu arrangieren, als bei ihrer Mutter.
    Emerald wusste sehr wohl, dass ihre Patin große Hoffnungen auf eine Verbindung zwischen Emerald und ihrem zweiten Sohn setzte. Schließlich besaß Rupert kein nennenswertes Vermögen, und Emerald würde eines Tages sehr reich sein. Doch Emerald hatte gewiss nicht die Absicht, sich und ihr Vermögen an so einen Niemand zu vergeuden. Sie wusste auch durchaus, was mit dem feuchten, energischen Händedruck gemeint war, mit dem Gwendolyns Vater sie bedacht hatte, als er in dem Mädchenpensionat vorgesprochen hatte, »um zu sehen, wie es meinem kleinen Mädchen geht«. Natürlich fand er sie attraktiv, sie war es schließlich.
    Das Vergnügen, Gwendolyn unter die Nase zu reiben, wie widerlich ihr Vater war – sich an Mädchen im Alter seiner Tochter heranzumachen, wo er doch ein verheirateter Mann war –, hob Emerald sich für den richtigen Zeitpunkt auf. Vorerst hatte sie Wichtigeres im Sinn, wie zum Beispiel, was sie tragen wollte, wenn der Herzog von Kent sie das erste Mal sehen würde …

5
    London, Februar 1957
    Dougie sah sich in dem leeren Keller unter dem Fotostudio in der Pimlico Road um, in dem sich bald die Jungen und Schönen drängen würden, um die Nacht durchzufeiern.
    Er schätzte, er hatte Glück gehabt, Lewis Coulter zu begegnen. Lew – für die, die ihn gut kannten – beschäftigte Dougie angeblich als Assistent, nicht als Mädchen für alles, doch wenn man Australier war und eben erst ins Land gekommen war, wenn man nicht mehr wusste, wo der eigene Platz im Leben war, und seine Gründe hatte, in London zu sein, machte man dem Arbeitgeber, der einen nur deswegen eingestellt hatte, weil man ihm sympathisch war, keine Vorhaltungen.
    Abgesehen davon mochte Dougie seinen Chef und seine Arbeit. Er hatte viel gelernt, indem er Lew einfach nur zugeschaut hatte – und nicht nur hinter der Kamera. Bei all seinem äußerlich trägen Charme konnte Lew sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, wenn er eine junge Frau sah, die er wollte – so schnell, dass das arme Ding so geblendet von ihm war wie ein Karnickel, das schreckensstarr vor den Scheinwerfern seines Jaguars hockte.
    Dass Lew der Oberschicht angehörte, machte die Situation noch besser, denn durch ihn bekam Dougie Zutritt zu einer Welt, die ihm ansonsten versperrt geblieben wäre. Er konnte diese exklusive Welt aus erster Hand studieren – und das musste er unbedingt tun, denn wenn dieser Anwalt recht hatte, war er selbst Mitglied der Aristokratie. Und auch noch gleich ein Herzog. Alle Wetter, das hatte er immer noch nicht so recht begriffen. Schließlich war er sich gar nicht so sicher, ob er überhaupt ein Herzog sein wollte. Er war ziemlich gut klargekommen, ohne einer zu sein, und er verheimlichte seinen neuen Freunden in London sowohl seinen vermeintlichen Titel als auch den wahren Grund, warum er in der Stadt war. Er wollte nicht aufgespürt und als Herzog bloßgestellt werden, also sprach er auch nicht viel über seinen Hintergrund in Australien. Auf keinen Fall wollte er, dass jemand zwei und zwei zusammenzählte.
    Er hatte einen Blick auf das Haus am Eaton Square geworfen, das angeblich ihm gehörte, doch das Anwesen auf dem Land hatte er noch nicht besichtigt. Dem zufolge, was Lew über die britischen Aristokraten erzählte, waren sie alle so tief verschuldet, dass sie es nicht abwarten konnten, ihre alten Kästen dem National Trust zu überschreiben, und Dougie hatte gewiss nicht die Absicht, sich von einem Teil seines Erbes zu trennen, um eine alte Ruine zu unterhalten.
    Lew war auch nicht der typische Oberschicht-Snob. Er war ein anständiger Kerl, der jeden unter den Tisch trank, sogar Dougie. Nicht dass Dougie in letzter Zeit besonders viel getrunken hätte. Seine Arbeit für Lew hielt ihn ganz schön auf Trab.
    Sie waren sich in einem Pub in Soho begegnet, und aus irgendeinem Grund, an den er sich nicht mehr erinnern konnte, hatte Dougie Lew zu einem Wettsaufen herausgefordert. Dougie hatte bei einigen Landsleuten Anschluss gefunden und war, von ihnen angestachelt, überzeugt gewesen, er würde gewinnen.

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