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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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sie mit dem Tee herunter. Sie war eindeutig dünner geworden, obwohl es – bis jetzt – niemandem aufgefallen war, da sie immer noch dieselben Sachen trug. Ella wollte nicht unbedingt, dass es jemandem auffiel, besonders nicht Oliver Charters. Sie wollte nicht, dass er – oder jemand anders – dachte, sie hätte abgenommen, weil er sich über sie lustig gemacht hatte. Es genügte ihr, dass sie sich selbst bewiesen hatte, dass sie abnehmen konnte. Aber nur wegen ihrer kleinen magischen Pillen. Doch das schob Ella beiseite. Sie wollte nicht an die Pillen denken. Schließlich musste niemand davon wissen, und sobald sie genug abgenommen hatte, würde sie einfach damit aufhören.
    Während sie ihren Tee getrunken hatte, waren sie in den Bahnhof eingefahren, und die Mannequins waren ausgestiegen, damit Oliver sie fotografieren konnte.
    Ella, die sie durch das Abteilfenster beobachtete, fand, sie sahen wunderschön aus. Von vorn würde niemand wissen, dass eines der Kostüme viel zu groß für das schlanke Mannequin gewesen war und hinten mit Wäscheklammern enger gemacht werden musste. Ella staunte über die Geduld und die Gutmütigkeit der Mannequins. Sie würde diesen Beruf hassen. Nicht dass sie ihren eigenen besonders liebte, doch das würde nicht immer so sein. Eines Tages würde sie eine richtige Enthüllungsjournalistin sein, und dann müsste sie sich nicht mehr mit Leuten wie Oliver Charters herumschlagen, der sie verhöhnte und sich über sie lustig machte.
    Ellas Hände zitterten leicht, als sie sich eine zweite Tasse Tee einschenkte. Wie viel würde sie wohl weiter abgenommen haben, wenn sie in zwei Tagen Venedig erreichten? Sie wollte erst aufhören mit ihrer Diät, wenn es zwölf Kilo waren. Dann würde sie exakt dreiundfünfzig Kilo wiegen und hätte Kleidergröße 36. Genau dieselbe Größe und dasselbe Gewicht wie das Mannequin, das über sie gelacht und zu Oliver Charters gesagt hatte, Ella sei fett wie ein Elefant. Vor den Diätpillen hätte sie allein bei der Erinnerung an diesen demütigenden Augenblick zu ihren Lieblingsvollkornkeksen mit dunkler Schokolade gegriffen, doch jetzt hatte sie überhaupt kein Verlangen danach.
    »Also, was meinst du?« Rose und Josh waren inzwischen so vertraut, dass sie zum Du übergegangen waren.
    Rose schaute vom Gehweg vor dem Salon gehorsam zu dem Schild hinauf, das gerade an Ort und Stelle angebracht worden war und auf dem »Josh Simons – Coiffeur« stand.
    »Gefällt mir«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
    Die Tür zum Salon stand ebenso offen wie die Fenster, und der Lärm und der Geruch nach Farbe trugen hinaus auf die Straße, denn die Maler waren bei der Arbeit.
    Da sie wusste, dass das Schild aufgehängt werden sollte, hatte Rose in ihrer Mittagspause rasch in der King’s Road vorbeigeschaut.
    »Ich gehe besser zurück. Ich muss auf dem Rückweg noch ein wenig Besatz besorgen.«
    »Bei deinem Talent solltest du dein eigenes Geschäft führen und nicht für jemand anders arbeiten«, erklärte Josh ihr zum x-ten Mal.
    »Das will ich nicht, und abgesehen davon bin ich noch nicht so weit. Ich muss noch sehr viel lernen. Du hättest Vidals Salon auch nicht verlassen, bevor er dir sagte, du wärst jetzt so weit, es allein zu schaffen, oder? Abgesehen davon möchte meine Tante, dass ich irgendwann in ihrem Laden in der Walton Street arbeite.«
    »Und was willst du?«
    Joshs Frage hatte sie unvermittelt erwischt, und sie zögerte, bevor sie entschlossen antwortete: »Ich will dasselbe wie meine Tante.«
    »Wenn ich getan hätte, was mein Vater wollte«, erinnerte Josh sie, »dann würde ich jetzt irgendwo in einer Seitenstraße der Savile Row für jemand anderen Anzüge zuschneiden.«
    »Das ist etwas anderes«, konterte Rose sofort.
    Der Gedanke an ihre Tante erinnerte sie daran, dass bald Ostern war und dass sie nach Hause nach Denham fahren würde.
    Denham. Sie dachte mit gemischten Gefühlen an ihre Kindheit. Sie konnte sich natürlich nicht mehr daran erinnern, wie ihr Vater sie dort hingebracht hatte – dazu war sie zu jung gewesen, fast noch ein Baby –, doch sie hatte Erinnerungen daran, liebevoll in den Armen gehalten und geliebt worden zu sein, an eine leise Stimme, die sie beschwor, den Kampf nicht aufzugeben. Dann später, als sie sich von der Unterernährung und dem Fieber erholt hatte, an dem sie beinahe gestorben wäre, hatte sie ihre Tante wiedererkannt und lieben gelernt. Diese Liebe war ihre einzige Zuflucht gewesen in einer Welt, in

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