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Ein Hauch von Seide - Roman

Ein Hauch von Seide - Roman

Titel: Ein Hauch von Seide - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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Ich muss mich mit einem Schirm begnügen, den ich mir an der Rezeption ausleihe, dachte sie, als sie hoch in ihr Zimmer eilte, um ihre Tasche zu holen.
    Zum Umziehen war keine Zeit, also beließ sie es bei dem weißen Strick-Faltenrock mit der marineblauen Borte kurz über dem Saum und der passenden Strickjacke, die sie über einer roten Seidenbluse trug. Dieses Ensemble hätte sie sich nie selbst ausgesucht, es war ein Überraschungsgeschenk ihrer Stiefmutter gewesen, speziell für ihre Reise. Persönlich hatte Ella das Gefühl, die helle Farbe sei viel zu auffällig für sie, doch sie hatte sich trotzdem verpflichtet gefühlt, die Sachen mitzunehmen, selbst wenn sie ziemlich weit saßen, weil sie so viel abgenommen hatte – weitere zwei Kilo auf der Reise nach Venedig, sodass es nur noch vier Kilo waren, bis sie ihr Ziel erreicht hatte.
    Die dazugehörige rote Baskenmütze mochte helfen, ihre Haare trocken zu halten. Sie hoffte nur, dass ihre marineblauen Pumps im Regen keinen allzu großen Schaden nahmen.
    Als sie mit dem vom Portier geborgten großen Regenschirm in der Hand am Haupteingang zu Oliver trat, war sie außer Atem, und ihr Herz raste, was in letzter Zeit irritierenderweise öfter vorkam.
    »Kommen Sie«, meinte Oliver nur und schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Sie traten zusammen in den Regen hinaus, und er schritt vor ihr aus.
    »Wenn wir da lang gehen, kommen wir zum Markusplatz«, meinte Ella, als sie ihn eingeholt hatte.
    »Und?«, wollte er wissen und linste unter den Regenschirm, um sie wütend anzublicken.
    »Sie haben gesagt, Sie wollten Brücken und Kanäle auf den Fotos«, meinte Ella.
    Er zuckte abschätzig die Achseln. »Dann suchen wir eben Brücken und Kanäle.«
    »Wenn wir uns da lang hielten, ginge es schneller«, erklärte Ella und wies auf die schmalen Seitenstraßen, die vom Platz wegführten.
    »Und Sie wissen das, was? Ich nehme an, Sie haben von dem Augenblick, da wir hier angekommen sind, die Nase in den Reiseführer gesteckt. Typisch.«
    Sein verächtlicher Tonfall tat weh, doch Ella weigerte sich, klein beizugeben.
    »Nein, ich war schon mal in Venedig. Meine Stiefmutter hat geschäftliche Kontakte in der Stadt.« Sie wusste, dass sie spröde und spießig und sogar fast ein wenig arrogant klang – nie im Leben hätte sie so mit jemand anderem gesprochen –, doch irgendwie lockte Oliver Charters stets nur das Schlechteste aus ihr hervor.
    »Und das verweist mich an meinen Platz, nicht wahr? Mich, der ich aus dem East End stamme?«
    »Ich wollte uns nur Zeit sparen«, erklärte Ella wahrheitsgemäß.
    Sie standen jetzt auf dem Markusplatz, auf dessen weiter Fläche sich ausnahmsweise weder Touristen tummelten noch Tauben, für die der Platz so berühmt war. Selbst die Cafés, die den Platz säumten, hatten ihre Tische und Stühle weggeräumt, und der ganze Platz wirkte grau und traurig und schien ganz und gar nicht der rechte Ort zu sein, um Fotos von Mannequins in hochsommerlichen Kleidern zu schießen.
    »Okay, wo ist die berühmte seufzende Brücke, von der alle schwärmen?«, wollte Oliver wissen.
    »Sie heißt Ponte dei Sospiri«, antwortete Ella. »Die Leute bezeichnen sie als Seufzerbrücke, weil es die Brücke ist, über die die Häftlinge gehen mussten. Ich glaube, es geht hier entlang.« Ella lotste ihn an dem Schild vorbei, auf dem »Piazza San Marco« stand, und hoffte, dass Oliver sie nicht in sarkastischem Tonfall fragen würde, ob sie etwa Italienisch könne. Weiter ging es am Wasser entlang, den Weg zurück, den sie gekommen waren, zum Rio del Palazzo. Als sie auf der Brücke standen, zeigte sie den schmalen Kanal hinunter auf die überbaute Brücke weiter unten.
    »Sie meinen, das ist sie?«, wollte Oliver wissen. »Wie zum Teufel soll ich denn Mannequins fotografieren, die darauf stehen?«
    »Das geht nicht«, erklärte Ella, doch er hörte ihr gar nicht zu.
    Denn er warf einen Blick durch die Linse seiner Kamera und sagte schließlich in gebieterischem Tonfall: »Gut, ich will, dass Sie hier stehen.«
    »Hier« war mitten auf der Brücke.
    Froh, dass sie weit und breit allein waren, tat Ella, wie ihr geheißen, und ihre Befangenheit wuchs, als er die Kamera erneut ans Auge hob und durch den Sucher schaute.
    »Nein, nicht so. Sie stehen ja da wie ein Holzklotz. Entspannen Sie sich, blicken Sie zu dieser Seufzerbrücke, oder was auch immer es sein soll, rüber und denken Sie an etwas Trauriges. Und tun Sie den Schirm und die Baskenmütze weg.«
    »Dann

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