Ein Hauch Von Sterblichkeit
kann sich Whelan vorknöpfen. Wenn er dort fertig ist, soll er nach Bamford fahren und mit Austin Bailey reden. Sie übernehmen die Goodhusbands, Mutter und Sohn.« Pearce stöhnte.
»Und lassen Sie sich nicht von Yvonne vom Thema ablenken! Irgendjemand soll im Labor in Norwich anrufen und sehen, ob er mehr über das Forschungsprogramm herausfinden kann, das in Zusammenarbeit mit dem Labor in Oxford durchgeführt wird. Und ich …«, schloss Markby und griff nach dem Telefonhörer, »… ich kümmere mich um Liam Caswell!«
Der Anruf in Castle Darcy blieb erfolglos. Markby versuchte es in Caswells Labor und wurde mit einer misstrauischen weiblichen Stimme belohnt, die sich erkundigte, was sie für ihn tun könne. Er fragte nach Dr. Caswell.
»Dr. Caswell ist ein viel beschäftigter Mann. Außerdem kommt er nicht jeden Tag ins Labor. Wer möchte denn mit ihm sprechen?«
»Superintendent Markby vom regionalen Kriminalkommissariat.« Hörbares Luftholen am anderen Ende der Leitung.
»Ich weiß, dass er im Augenblick viel zu tun hat, aber ich muss mit ihm sprechen, und ich habe ihn zu Hause nicht erreicht.«
»Dann ist er wohl im Krankenhaus!« Der tadelnde Unterton in der Stimme war nicht zu überhören.
»Seine Frau ist nämlich eingeliefert worden. Aber er hat angerufen und uns mitgeteilt, dass er später wieder herkommen würde. Ich glaube, so gegen elf.«
»Sehr schön. Wenn er eintrifft, sagen Sie ihm bitte, dass ich später vorbeischauen und mit ihm reden möchte.« Schweigen am anderen Ende. Schließlich:
»Bitte melden Sie sich zuerst im Hauptbüro.« Der Hörer wurde aufgelegt.
»Das wird erst einmal für Aufregung sorgen«, murmelte Markby fröhlich vor sich hin. Es gab doch kein größeres Vergnügen, als jemanden in Verlegenheit zu bringen, der sich zeitweilig als Ärgernis erwiesen hatte. Rache ist süß.
Der frische frühe Morgen hatte sich zu einem sonnigen und überraschend milden Tag entwickelt. So war das englische Wetter – im einen Augenblick fror man sich die Zehen ab, im nächsten waren die Temperaturen bestechend frühlingshaft. Nur, dass es kurz vor Weihnachten war. Fünf Wochen, um genau zu sein. Es fühlte sich überhaupt nicht weihnachtlich an. Einige der Läden hatten ihre Schaufenster mit Stechpalmzweigen und Nikolausbildern dekoriert, doch weihnachtliche Gefühle wollten einfach nicht aufkommen. Markby fragte sich, ob es vielleicht daran lag, dass er älter wurde. Weihnachten war ein Fest für Kinder. Sie freuten sich darauf und konnten es kaum erwarten. Jetzt, den Kinderschuhen entwachsen, war Weihnachten für Markby die Zeit, die er mit dem Schreiben von unzähligen Karten verbringen musste. Touristen, die Oxfords verträumte Turmspitzen von Kirchen und Colleges zu besichtigen kamen, hatten ganz gewiss nicht die Sorte von Bauwerk im Sinn, in der Liams Arbeitsplatz untergebracht war. Es befand sich im Osten der Stadt in einem Gewerbegebiet. Selbst in der strahlenden Sonne des heutigen Tages wirkte die Gegend vom Wind gepeitscht, eintönig und höchst alltäglich prosaisch. Flache Bürogebäude wechselten mit hässlichen Lagerhallen aus Fertigteilen. Die Eintönigkeit der nichts sagenden Fassaden wurde lediglich von grellen Schildern durchbrochen, auf denen die Namen der residierenden Firmen vermeldet waren. Vor jedem Gebäude lagen Flecken aus festgetrampeltem Schmutz, durchsetzt von Büscheln aus rauem Gras und Unkräutern, die einst als Rasenflächen angelegt worden waren. Die Bäume, zur gleichen Zeit gepflanzt wie der Rasen, überlebten nur als spindeldürre Gebilde.
Menschen verbringen ihre Leben damit, in diese Gegend zu pendeln, dachte Markby. Hart arbeitende, ehrgeizige, intelligente Menschen, viele von ihnen. Sie fangen mit Begeisterung und Ideen an und gehen hier langsam vor die Hunde, genau wie das Gras und die Bäume.
Auf dem am weitesten von der Hauptstraße entfernten Grundstück lagen die Labors. Auch sie waren in lang gestreckten, einstöckigen Gebäuden aus vorgefertigten Teilen untergebracht, der Baustil der Nachkriegszeit. Markbys fachmännischer Blick erkannte, dass sie schwierig zu sichern waren – kein Wunder, dass Michael Whelan und seine Mitstreiter diese Labors für ihre Aktion ausgewählt hatten. Schlag ein Fenster ein, streckt die Hand durch, leg einen Hebel um, und du bist drin. Inzwischen waren Alarmanlagen installiert worden, kleine blaue Kästen, doch sie waren kaum mehr als Makulatur. Bis jemand auf das Schrillen reagierte, wäre ein
Weitere Kostenlose Bücher