Ein Hauch Von Sterblichkeit
wechselte einen wortlosen Blick mit Meredith, dann lehnte er die Hände auf das Gitter des Fußteils und lächelte auf die Patientin herab.
»Und? Geht es wieder besser?«
»Einigermaßen. Ich fühle mich noch recht lethargisch, aber das ist alles.«
»Freut mich zu hören. Schlimme Erfahrung, so etwas. Versuchen Sie, es nicht so schwer zu nehmen, in Ordnung?«
»Sonst kann ich im Augenblick sowieso nichts tun, Alan. Danke sehr, dass Sie vorbeigekommen sind. Du auch, Meredith.« Sally hob eine schlaffe Hand und winkte. Meredith stand auf.
»Die Krankenschwester kommt jeden Augenblick wieder, um uns nach draußen zu jagen, deswegen glaube ich, dass wir lieber freiwillig verschwinden sollten. Ich komme wieder, Sal.« Draußen auf dem Gang erkundigte sich Markby:
»Wie geht es Liam?« Meredith grinste schief.
»Er ist immer noch sauer. Gibt Bodicote die Schuld. Ich schätze, er ist wieder in sein Labor gefahren. Er kommt heute Abend wieder, um sie zu besuchen. Man sollte wirklich meinen, dass er unter diesen Umständen seine verdammte Arbeit mal für einen Tag vergisst!« Ihre Verärgerung über Liam war nicht zu überhören.
»Danke übrigens, dass du mich angerufen hast.«
»Ich dachte, du würdest es wissen wollen. Ich fahre jetzt besser rüber zur Auktionshalle und sage Austin, dass sie in Ordnung ist. Außerdem muss ich ihm Sallys Reserveschlüssel zurückgeben. Ich habe es ihm versprochen.« Alan sah sie neugierig an.
»Was denn, Austin hat einen Reserveschlüssel zum Cottage der Caswells?«
»Für Notfälle vermutlich. Meine Nachbarin hat meinen Schlüssel auch. Und du ebenfalls, was das angeht! Hast du mit der verantwortlichen Ärztin gesprochen?«
»Noch nicht.« Markby sah den Korridor entlang.
»Ich glaube, sie wartet schon auf mich. Ich habe mich mit ihr in Verbindung gesetzt, nachdem du mich angerufen hast. Dr. Chang ist die Toxikologin des Krankenhauses.«
»Du glaubst doch wohl nicht, dass es etwas anderes als ein Versehen war? Dass Sally vergiftet wurde?« Merediths Stimme drohte sich vor Entsetzen zu überschlagen.
»Nicht so laut! Vergiften ist ein weitläufiger Begriff. Normalerweise ungiftige Substanzen können im Übermaß giftig wirken. In Sallys Fall wissen wir, dass sie – vermutlich aus Versehen – eine schädliche Droge zu sich genommen hat. Also wurde sie sozusagen vergiftet.« Eine Krankenschwester kam herbei.
»Sind Sie Superintendent Markby? Dr. Chang erwartet Sie.« Markby drückte Merediths Arm.
»Wir sehen uns später.«
»Sicher.« Sie sah ihm nach, wie er der Krankenschwester folgte.
»Superintendent?«, begrüßte ihn Dr. Chang.
»Schön, dass Sie kommen konnten! Ich bin ausgesprochen froh, dass jemand daran gedacht hat, die Polizei zu benachrichtigen. Ansonsten hätte ich es getan.« Sie deutete auf einen Stuhl.
»Nehmen Sie doch Platz. Haben Sie bereits mit der Patientin gesprochen?«
»Ja.« Markby nahm den angebotenen Platz.
»Sie scheint noch sehr schwach, aber sonst geht es ihr gut.«
»Sie hat Glück gehabt, deshalb ist sie noch am Leben«, sagte Dr. Chang ohne Gefühlsregung.
»Was war es?«
»Conium maculatum. Gefleckter Schierling.« Er starrte sie verblüfft an.
»Was?«
»Das gleiche Zeug, das die Griechen Sokrates zu trinken gegeben haben«, erklärte sie hilfsbereit. Doch Markbys Schweigen hatte nichts damit zu tun, dass er nicht gewusst hätte, was Schierling war. Vielmehr formte sich in seinem Kopf ein Bild. Frostgeschwärzte Umbelliferen, die um einen verwahrlosten Gartenteich herumwuchsen. Eine davon – Markby hätte es fast schwören können – war Schierling gewesen. Doch wenn der Schierling in Yvonne Goodhusbands Garten wuchs, dann konnten die Samen sich durchaus auch in der Umgebung ausgebreitet haben. Wahrscheinlich wuchs das Zeug überall in Castle Darcy. Dr. Chang erklärte weiter:
»Die Substanz ist selbst in kleiner Dosis höchst toxisch. Mrs. Caswell hat sämtliche klassischen Symptome gezeigt, geweitete Pupillen, schlechte Koordination, verringerte Temperatur und einen unregelmäßigen Puls. Ich habe mich ausgiebig mit medizinischen Kräutern beschäftigt. Schierling wurde in der Antike von den Arabern, Griechen und Römern als Medikament benutzt … auch heute noch wird er in verschiedenen Präparaten eingesetzt. Es ist eine sehr gefährliche und schwierig zu handhabende Pflanze. Besser, wenn man sie meidet. Glücklicherweise hatten wir keine weiteren Schwierigkeiten, nachdem wir wussten, dass sie irgendeinen Kräutertee
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