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Ein Hauch Von Sterblichkeit

Ein Hauch Von Sterblichkeit

Titel: Ein Hauch Von Sterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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beharrte Pearce.
    »Schätze ja. Hatter jedenfalls. Der is’ ’n ruhiger Typ. Hab den seit ’ner Woche nich’ mehr geseh’n. Was woll’ Se denn von dem?« Die beiden Beamten wechselten Blicke und wandten sich in stillem gegenseitigem Einverständnis von ihr ab. Pearce betätigte die Türklingel, dann klopfte er zur Sicherheit laut. Die junge Frau mit dem Baby blieb, wo sie war, und beobachtete das Geschehen. Einen Augenblick später hörten sie, wie sich auf der anderen Seite jemand der Tür näherte. Ein Hustenanfall, dann fragte eine Stimme:
    »Wer ist da?«
    »Polizei!«, rief Prescott laut. Die Türkette rasselte, und dann wurde die Tür gerade weit genug geöffnet, um sie hereinzulassen. Eine Stimme lud sie hohl dazu ein – falls sie es wünschten. Der Flur war winzig und stank. Der Mann war unglaublich hager, wie nun zu sehen war, da er im Durchgang zur Küche stand.
    »Michael Whelan?«, fragte Prescott. Die spindeldürre Gestalt bewegte sich steif und ungelenk wie eine Marionette.
    »Kommen Sie in die Küche.« Die Stimme klang hoch und dünn wie der Körper, aus dem sie gekommen war. Die Küche war schmutzig; ungewaschene Teller im Spülstein, die Kacheln an der Wand übersät mit Fettspritzern, auf dem Tisch noch immer die Reste vom Frühstück.
    »Wollen Sie sich setzen?« Whelan deutete apathisch auf zwei Plastikstühle.
    »Danke, wir stehen lieber«, meinte Prescott nach einem angewiderten Blick auf die Stühle. Er hielt Whelan seinen Dienstausweis hin.
    »Sergeant Prescott vom Bezirkspräsidium, und das hier ist Inspector Pearce.« Pearce zupfte sich automatisch das neue Sakko zurecht. Er war auch nur ein Mensch, und als
    »Inspector« vorgestellt zu werden ließ ihn zufrieden strahlen. Whelan warf einen flüchtigen Blick auf den Ausweis, ohne sich genauer dafür zu interessieren.
    »Was wollen Sie?« Pearce übernahm die Befragung.
    »Nur eine Auskunft, Mr. Whelan. Waren Sie vielleicht krank?« Er war wirklich neugierig. Im Licht der Küche war zu sehen, dass Whelan fast bis zum Skelett abgemagert war. Er hatte sich die Haare, stumpf und strähnig wie sie waren, nach hinten gekämmt, und auf seiner Stirn glitzerten Schweißperlen. Seine eingesunkenen Augen brannten über hohlen Wangen und einem nahezu lippenlosen Mund. Im Mundwinkel hatte er ein Geschwür. Er streckte die Zungenspitze hervor und leckte über die wunde Stelle, die er offensichtlich sehr wohl kannte.
    »Ich bin sauber«, murmelte er.
    »Ich habe nichts getan.«
    »Das sagt auch niemand, Sir«, antwortete Pearce in freundlichem Plauderton. Er blickte sich um. An der Wand hing ein Kalender, der das Bild einer Stute mit ihrem Fohlen auf einer Weide zeigte.
    »Noch immer am Wohlergehen der Tiere interessiert?«
    »Das bin ich, jawohl!« Whelan wurde lebhaft.
    »Aber ich habe nichts mit der Aktionsgruppe zu tun. Ich gehöre nicht mehr dazu!«
    »Sie sprechen von der Gruppe, die im vergangenen Jahr in das Labor eingedrungen ist?«
    »Ich hab meinen Teil beigetragen«, gab Whelan zu.
    »Aber jetzt bin ich sauber. Ich habe nichts getan. Ich habe nichts mehr mit den Aktivisten zu tun!« Er bewegte sich zum Spülbecken, eine hagere Gestalt in Jeans, die nur von den Hüftknochen am Herunterrutschen gehindert wurde. Das ausgewaschene T-Shirt schlackerte lose über seinen Rippen, und seine Arme waren innen mit blauen Flecken übersät.
    »Sie erinnern sich an die Namen einiger der Wissenschaftler, die in diesem Labor gearbeitet haben?«, fragte Pearce. Whelan wandte den Kopf zu ihm um und starrte ihn an, dann sah er wieder weg.
    »Nein.«
    »Was ist mit dem Namen Caswell? Dr. Liam Caswell – sagt Ihnen der Name etwas? Erinnern Sie sich an den Namen?« Whelan schüttelte den Kopf.
    »Ich erinnere mich an keinen mehr. Ich erinnere mich an nichts …« Er stockte.
    »Namen und Ereignisse … ich bin sehr vergesslich geworden.« Für einen Augenblick stand ein Ausdruck von Verwirrung in seinem Gesicht und drohte beinahe Panik zu weichen. Die beiden Beamten sahen, wie Whelan irgendeine schlimme Wahrheit gewaltsam verdrängte, die am Rand seines wirren Bewusstseins lauerte.
    »Treffen Sie noch Kameraden aus der Aktionsgruppe, wie Sie sie nennen?«, fragte Prescott.
    »Ich frage nicht, ob Sie sich an Aktionen beteiligen. Ich möchte lediglich wissen, ob Sie sich privat mit dem einen oder anderen treffen, auf ein Bier oder zwei, und über alte Zeiten plaudern?« Während der Sergeant sprach, wurden Pearces Blicke gegen seinen Willen auf die dunklen

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