Ein Hauch Von Sterblichkeit
ihrem jetzigen, beschädigten Zustand einer Zeitschrift wie Homes and Gardens entnommen. Ihr Blick wanderte zu einem hohen, spinnwebverhangenen Regal, das mit den verschiedensten Porzellandingen beladen war. Ein Staffordshire-Milchkännchen in der Form einer knienden Kuh. Mein Gott, dachte Sally, das sind Sammlerstücke. Was alles versteckt er sonst noch in seinem Haus? Bodicotes Kopf kam aus dem Schrank hervor. Er hielt einen Margarinebecher mit Deckel, der, nach seinem Aussehen zu urteilen, im Begriff stand, ein antiquarischer Margarinebecher mit Deckel zu werden.
»Ich habe nachgedacht«, meinte Bodicote und sah sie ernst an.
»Sie sind keine schlechte Frau.«
»Danke«, sagte Sally trocken, bevor sie sich selbst zur Ordnung rufen konnte. Er nahm ihre Antwort für bare Münze.
»Nein, im Ernst. Es tut mir wirklich Leid, was da vor kurzem passiert ist. Was für ein Schrecken! Die Fensterscheiben herausgeflogen und all das Porzellan und so weiter.« Er entschuldigte sich! Impulsiv erwiderte Sally:
»Ich war auch sehr unhöflich zu Ihnen, Mr. Bodicote! Als Sie in unser Haus kamen, meine ich. Sie haben mich erschreckt, verstehen Sie? Ich habe es nicht so gemeint.«
»Kein Problem.« Er hielt ihr den Margarinebecher hin.
»Ich dachte, Sie möchten das hier vielleicht haben.« Was um alles in der Welt mochte in diesem Becher sein? Wollte sie es wirklich wissen? Es war durchaus möglich, dass er nun ganz den Verstand verloren hatte. Sie hatte gehört, dass so etwas nach Jahren verschrobener Lebensführung geschah. Eines Tages, von einem Augenblick zum anderen – vollkommener Wahnsinn. Jeglicher Bezug zur Realität verloren. Als er sah, wie sie zweifelnd den Becher betrachtete, kicherte er leise und nahm den Deckel ab. Im Innern befand sich eine Mischung aus getrockneten Blättern ganz ähnlich denen, die sie für ihre eigenen Kräutertees benutzte.
»Ich weiß, dass Sie gerne Tee aus Sachen in Ihrem Garten trinken. Genau wie meine Mutter. Ich trinke selbst gerne von Zeit zu Zeit eine Tasse. Das da hab ich im Herbst geerntet und getrocknet. Es ist alles aus meinem Garten. Ich dachte, vielleicht möchten Sie es probieren.«
»Oh. Danke sehr!« Verlegen wegen seiner Freundlichkeit und ihren eigenen, wenig schmeichelhaften Gedanken nahm sie den Becher entgegen.
»Ich … es tut mir Leid, Mr. Bodicote, wegen unseres Streits und allem. Wegen der Ziegen und … und der Rüben.« Bodicote blickte für einen Augenblick grimmig drein, doch dann sammelte er sich.
»Nun ja, Schnee von gestern. Schwamm drüber.« Sie bedankte sich und kehrte zurück in ihre eigenes Haus. Sie trug das Geschenk in die Küche, wo sie Liam fand, der sein Frühstücksgeschirr abwusch. Als sie eintrat, blickte er zu ihr hoch.
»Ich hab gesehen, wie du mit ihm geschwatzt hast. Du bist durch die Hecke in seinen Garten gegangen. Hat der alte Knilch das Loch wieder richtig verschlossen?«
»Ich denke doch. Sieh nur, er hat mir ein wenig von seinem Kräutertee geschenkt. Ich glaube, er wollte die Sache von damals wieder gutmachen.« Liam wischte sich die Hände an einem Handtuch ab.
»Du solltest nicht darauf reinfallen und ihn ermutigen. Sobald du ihm den Rücken zudrehst, heckt er eine neue Teufelei aus. Wenn du mit dem Feind verhandelst, bringst du dich in eine schlechte Position.« Sie stellte den Margarinebecher zu ihren Kräutertöpfen.
»Sag, was du willst! Ich denke, es war nett von dem alten Burschen. Ich betrachte ihn nicht als meinen Feind. Ich werde seinen Tee ausprobieren, das ist jedenfalls sicher. Diese Mischung hat er von seiner Mutter.«
»Das ist grotesk!«, grollte Liam und stapfte in sein Arbeitszimmer davon.
»Vergiss nicht, die Polizei anzurufen, wegen dieser Briefe!«, rief Sally ihm hinterher.
Markby war guter Laune im Bezirkspräsidium angekommen. Als er zu seinem Büro ging, öffnete sich eine Tür, und Dave Pearce platzte in den Gang hinaus, ohne Jacke, mit gelockerter Krawatte, hochgekrempelten Ärmeln und einem halb aufgegessenen Sandwich in der Hand.
»Ich dachte mir doch, dass ich Sie gehört habe, Sir!«, nuschelte er. Offensichtlich hatte er gerade einen Bissen von seiner Mahlzeit genommen, vermutlich seinem Frühstück, und noch keine Zeit zum Herunterschlucken gefunden.
»Caswell hat gerade angerufen. Er hat Drohbriefe bekommen.«
»Plural?«
Pearce schluckte.
»Ein Brief ist anonym und aus Zeitungen ausgeschnitten, der andere ist ein gewöhnlicher, unterzeichneter Brief von jemandem, der in Castle
Weitere Kostenlose Bücher