Ein Hauch Von Sterblichkeit
missbilligte die
»Beziehung«, so es eine war, ihres Sohnes Tristan mit Debbie.
»Das Mädchen hat Erwartungen, Tristan! Du darfst sie nicht ermutigen. Du hast sie gebeten, diese Fotos zu schießen, und sie könnte die Dinge für uns sehr schwer machen.« In letzter Zeit war in Tristan die Vermutung gekeimt, dass seine Mutter tatsächlich Recht haben könnte. Debbie redete davon, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen und ihren Eltern vorzustellen. Mr. Lee war viele Jahre lang Ankermann der Tauziehmannschaft des Pubs gewesen, und Mrs. Lee war eine Wasserstoffblondine mit einer Reibeisenstimme, die mühelos von einem Ende des Dorfs zum anderen trug, und Mrs. Lee besaß, wenn sie erregt war, ein ganz und gar erstaunliches Vokabular.
»Es ist niemand da«, sagte Tristan erleichtert.
»Du hast dir alles nur eingebildet. Es war der Wind.«
»War es nicht!«, beharrte sie.
»Die Bäume haben sich bewegt, und das Licht hat genau dorthin geleuchtet, und ich habe Augen gesehen! Ich habe jemanden atmen gehört! Jemand ist da in den Büschen gewesen und hat uns beobachtet!« Tristan näherte sich vorsichtig den fraglichen Büschen, teilte ein paar Zweige und spähte in die Dunkelheit dahinter. Ein Stück weit voraus, tiefer im Unterholz, hörte er ein leises Rascheln.
»Also schön!«, rief er.
»Komm da raus!«
»Es ist nicht mein Vater, oder?«, wimmerte Debbie leise.
»Ich hoffe nicht!« Panik breitete sich in Tristan aus, und er verdoppelte seine Anstrengungen.
»Ich weiß, wer du bist!«, rief er großspurig.
»Du kannst dich genauso gut zeigen!« Ein lauteres Rascheln ließ beide zusammenzucken. Eine der Katzen sprang heraus und huschte in die sichere Dunkelheit auf der anderen Seite der Auffahrt davon.
»Eine Katze!«, empörte sich Tristan.
»Ehrlich, einen Augenblick lang hab ich geglaubt … Aber es war nur eine von den Katzen, Debs!« Sie war nicht überzeugt.
»Ich habe Augen gesehen! Nicht unten am Boden, wie die von einer Katze, sondern weiter oben. Augen von einem Mann. Ich hab ihn über deine Schulter gesehen!« Ihr kam ein Gedanke.
»Könnte es vielleicht sein …?«
»Wenn es so ist«, unterbrach sie Tristan, »dann nehm ich ihn mir das nächste Mal, wenn ich ihn sehe, zur Brust! Aber es war eine Katze. Du gehst jetzt besser nach Hause, Debs. Dein Vater sucht dich bestimmt schon.«
»Du bringst mich doch nach Hause, oder nicht, Tristan? Du bringst mich zum Pub? Ich hab Angst alleine.« Tristan hatte ebenfalls Angst, wenngleich nicht vor der Dunkelheit. Er sorgte sich, dass Leute ihn mit Debbie sehen könnten, und es würde die romantischen Geschichten untermauern, die sie ihren Freundinnen zweifellos über ihn erzählt hatte. Doch sie hatte den Film, wie sie es versprochen hatte, und sie war für ihn Augen und Ohren im Innern der Hühnerfarm.
»Ich bringe dich bis zum Parkplatz. Von dort aus ist es nicht mehr weit, und dir kann nichts mehr passieren. Der Pub ist hell erleuchtet, und es gibt jede Menge Publikum. Es ist besser, wenn man uns nicht zusammen sieht, Debs, wegen deinem Job. Jemand könnte es deinem Boss erzählen, und dann wäre deine Deckung aufgeflogen. Vielleicht würde man dich feuern, Debs, und das wollen wir doch nicht, oder?« Sie nahm dankbar seine Hand – und hielt sie fest. Sie ließ erst wieder los, als sie am Parkplatz des Pubs angekommen waren. Er wünschte ihr hastig Gute Nacht, während er sich fragte, ob die Geschichte nicht ein Trick von ihr gewesen war, um sich in seinem Arm untergehakt durch Castle Darcy führen zu lassen. Doch bevor sie sich trennten, flüsterte sie ein letzte Mal:
»Ich hab wirklich jemanden gesehen, Tris. Ganz ehrlich.«
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück machte sich Meredith auf den Weg zur Auktionshalle. Sie war beinahe sicher, dass Sally an diesem Tag wieder arbeiten würde. Es war ein schöner Morgen, sonnig und relativ mild und nach so viel Kälte und Feuchtigkeit richtig angenehm.
Sie ging die schmale Straße hinunter, die zum Vordereingang von Bailey and Bailey führte, als jemand ihren Namen rief.
Als sie sich umdrehte, erkannte sie Dave Pearce.
»Hallo!«, sagte sie überrascht.
»Was machen Sie denn hier, Inspector? Ich dachte, Sie wären zum Bezirkspräsidium versetzt worden?«
Pearce grinste.
»Hin und wieder darf ich zurück in mein altes Revier. Ich bin auf dem Weg zum Büro der Bamford Gazette.« Verschwörerisch senkte er die Stimme:
»Ich hätte meinen Sergeant schicken können, aber ich dachte, ich nutze die
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