Ein Hauch Von Sterblichkeit
dankbar.
»Raffkes und Schnorrer allesamt! Man muss ihnen immer einen Schritt voraus sein! Das ist der Grund, aus dem Onkel Hector mich zu seiner Testamentsvollstreckerin gemacht hat! Um zu verhindern, dass sie sich an seinen Sachen schadlos halten!«
»Ich verstehe.« Sally begriff zwar überhaupt nichts, aber Mrs. Sutton hatte innegehalten, als erwartete sie einen Kommentar. Sally beschloss, dass es an der Zeit sei, sich nach dem Grund für diesen zunehmend unangenehmen Besuch zu erkundigen.
»Wie genau können Bailey and Bailey Ihnen helfen, Mrs. Sutton?«
»Sie sind Sachverständige, nicht wahr? Gutachter?«, fragte die Frau.
»Das steht jedenfalls draußen auf dem Schild. Ich möchte, dass Sie zum Cottage von Hector fahren und alles schätzen, das mehr als fünfzig Pfund wert ist.«
»Für die Testamentseröffnung?«, fragte Sally verblüfft.
»Halten Sie das für notwendig? Ich glaube, Sie sollten sich vorher mit Ihrem Anwalt besprechen, Mrs. Sutton. Im Allgemeinen werden Gutachten nur dann verlangt, wenn ein beträchtliches Vermögen hinterlassen wird. Ein herrschaftliches Haus oder eine private Kunstsammlung.« Das Staffordshire-Milchkännchen fiel ihr ein, die kniende Kuh.
»Ich bin sicher, dass Mr. Bodicote eine Reihe von Weitgegenständen besessen hat, kleine Gegenstände kunsthandwerklicher Natur und so weiter. Doch ich glaube nicht, dass sie das Finanzamt interessieren werden. Falls Mr. Bodicotes Nachlass nur von geringem Wert ist, können die Formalitäten sogar ganz erlassen werden. Ich möchte Sie trotzdem bitten, sich deswegen mit Ihrem Anwalt in Verbindung zu setzen!« Mrs. Sutton schüttelte entschieden den Kopf.
»Es ist nicht für das Finanzamt! Es ist für mich. Ich brauche Munition, wenn die Kanonen auf der Seite der Familie anfangen zu feuern. Ich will jeden Gegenstand mit seinem Wert benennen können, so dieser mehr als fünfzig Pfund beträgt. Es wird nicht lange dauern. Hector hatte nicht so viel. Das Mobiliar bringt vielleicht ein wenig. Dieser alte Plunder erzielt heutzutage hübsche Preise. Ich verstehe überhaupt nicht warum.«
»Nur, wenn es antike Möbel in gutem Zustand sind«, erklärte Sally hastig, bevor Mrs. Sutton möglicherweise noch unrealistische Preisvorstellungen für Möbel entwickelte, Möbel, die wahrscheinlich im gleichen Zustand waren wie Bodicotes Küchentisch. Alt, ja. Eine Aufarbeitung wert, ja. Interessant für einen Händler, sehr wahrscheinlich, ja. Aber wertvoll? Nein. Nicht in dem Zustand, in dem sie waren.
»Wenn es darum geht, die Sachen aufzuteilen«, fuhr Mrs. Sutton ungeduldig fort, »dann will jeder seinen fairen Anteil haben. Verstehen Sie, Onkel Hector überließ es mir, alles aufzuteilen! Er gab eine allgemeine Anweisung, weiter nichts. Jeder darf sich einen Gegenstand seiner Wahl nehmen, und was übrig bleibt, vermacht er mir. Der Anwalt schlug vor, dass ich sie einfach ins Cottage gehen lasse, damit sich jeder etwas nimmt. Ich habe ihm gesagt, das würde dann wie die Schlacht von Waterloo! Sie würden sich wegen dem Wert der Dinge heillos zerstreiten! Dieses Stück hätte ihrer Meinung nach etwas mehr Wert als jenes und so weiter, wissen Sie, was ich meine? Oder dass ich sie zu überreden versuchen würde, den Plunder zu nehmen, damit ich die guten Sachen für mich behalten könne, etwas in der Art eben!«
»Klingt schrecklich!«, meinte Sally offen. Unerwartet lächelte ihre Besucherin.
»Es klingt nicht nur schrecklich, es ist schrecklich. Ich sagte es bereits! Es ist eine absolut grauenhafte Bande! Onkel Hector konnte sie nicht ausstehen. Er mochte nur mich. Er hat nur mir vertraut. Aber Blut ist dicker als Wasser, nicht wahr, und er wollte sie nicht ausschließen, wenn es um sein Testament ging. Aber ich bin diejenige, die es zu vollstrecken hat!« Es schien doch eher eine etwas abwegige Idee zu sein, aber die Frau meinte es eindeutig ernst.
»Ich weiß nicht, ob wir jetzt schon …«, protestierte Sally.
»Jedenfalls nicht vor Abschluss der amtlichen Untersuchung.«
»Die ist morgen, das habe ich Ihnen doch gesagt, um zehn Uhr in der Früh! Sie werden dort sein, oder nicht? Der Coroner wird auf Tod durch Unfall entscheiden, er kann gar nicht anders. Er wird einen Totenschein ausstellen, und wir können Hector beerdigen. Ich bringe die Schlüssel zum Cottage mit und gebe sie Ihnen nach der Verhandlung, damit Sie hinfahren und sich alles ansehen können. Ich bleibe in der Stadt. Ich gehe zum Bestattungsunternehmen und erledige die
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