Ein Hauch Von Sterblichkeit
üblichen Dinge. Ich habe keine Zeit, um mitzukommen. Aber ich will, dass die Sachen alle geschätzt werden, bevor meine Familie das Haus betritt!«
Das Verfahren zur Feststellung von Bodicotes Todesursache war tatsächlich erfreulich kurz, wenngleich eine höchst unangenehme Erfahrung. Sally saß elend da und lauschte Merediths Schilderung. Sie bewunderte ihre Freundin, die kompetent und allem Anschein nach kaltblütig die Leiche beschrieb. Bestimmt wegen ihrer Konsularerfahrung, dachte Sally. Nichtsdestotrotz erschien es pathetisch, als Meredith vom Meckern der Ziegen im Stall berichtete und davon wie sie, Meredith, zuerst den genagelten Stiefel gesehen hatte, dann die Mütze des alten Mannes auf dem Boden und den Ziegenbock, der neugierig um seinen toten Besitzer herumtänzelte.
Dann war sie selbst an der Reihe sowie Liam. Sie hatte wenig zu sagen, doch Liam schilderte knapp, wie er von Meredith zum Ort des Geschehens gerufen worden war und, nachdem er den Leichnam gesehen hatte, ins Cottage zurückgekehrt war, um die Polizei und einen Krankenwagen zu alarmieren.
Sally wünschte, er hätte es fertig gebracht, mehr Anteilnahme am Schicksal ihres alten Nachbarn in seinen Worten mitklingen zu lassen.
Der Coroner fasste das Geschehen zusammen. Es sei ein trauriger, jedoch nicht seltener Unfall gewesen. Alte Menschen fielen häufig hin, und in diesem Fall sei es möglich, dass altes Schuhwerk und ein glatter Untergrund gemeinsam zu dem Unglück beigetragen hätten. Der Coroner entschied schließlich auf Tod ohne Fremdeinwirkung.
Der Clan der Bodicotes hatte sich in einer Phalanx in der Mitte des Gerichtszimmers versammelt. Mrs. Sutton saß ausdruckslos da, flankiert von zwei gleichermaßen unattraktiven Frauen, die ihr sehr ähnlich sahen und vermutlich ihre Schwestern waren. Sie hatte außerdem einen wortkargen Mann in mittlerem Alter sowie einen mürrischen Jugendlichen bei sich. Ehemann und Sohn, nahm Sally an. Die beiden namenlosen Frauen hatten ihrerseits schweigsame, unattraktive Männer neben sich. Solche, die mit Tüten und Taschen und Fresspaketen in den Gerichtssaal zu kommen versuchen (der Gerichtsdiener hatte ihnen das Essen tatsächlich untersagen müssen). Sie hatten eine sehr alte Lady mitgebracht. Sie war nur noch ein schmaler Vogel von einer Frau, mit dünnem weißem Haar unter einem Filzhut und in einem schmuddeligen Wintermantel, der ihr bis zu den Knöcheln reichte. Darunter waren zerknitterte Florgarnstrümpfe und orthopädische Schuhe zu erkennen. Die Ahnfrau wurde auf einen Stuhl gesetzt und im Übrigen vom Rest der Familie ignoriert.
Zahlreiche andere Menschen hatten in den hinteren Reihen des Gerichtssaals Platz genommen. Es war schwer zu sagen, ob sie Verwandte waren oder interessierte Dorfbewohner. Die Atmosphäre war gespannt; Trauer war kaum zu spüren, eher unterdrückte Rivalität zwischen den einzelnen Familienmitgliedern. Gegen Ende der Verhandlung kam Mrs. Sutton zu Sally und drückte ihr einen Schlüsselbund in die Hand.
»So bald wie möglich!«, schnarrte sie.
Die anderen drängten heran. In ihren Gesichtern stand unübersehbar Misstrauen.
»Wer ist das?«, krächzte die Ahnfrau.
»Sie gehört zu den Gutachtern, Großmutter!«, kreischte Mrs. Sutton in das Ohr der Alten.
»Von Bailey and Bailey, die kennst du doch, oder?«
»Diebe!«, kreischte die Alte.
»Wally Bailey? Er hat noch nie jemandem einen anständigen Preis gezahlt! Er hat mir fünf erbärmliche Shillinge für die Chiffonniere meiner Mutter gegeben! Sie war aus Rosenholz, genau das war sie! Mit Spiegeln und allem!«
»Nicht Wally, Großmutter!«, brüllte Mrs. Sutton.
»Der ist schon seit dreißig Jahren oder länger tot! Das hier ist sein Neffe, Austin, du kennst ihn doch?«
»Austin? Was redest du da, Maureen! Austin Bailey, Thelmas Junge. Er ist ein rotznäsiger Lausebengel und trägt eine Brille!«
»Ignorieren Sie Großmutter einfach«, meinte Mrs. Sutton schwer atmend.
»Nehmen Sie die Schlüssel und fahren Sie, jetzt!«
»Du wirst doch wohl nicht Wally Bailey zu Hectors Haus fahren lassen, damit er sich ungehindert bedienen kann? Frag ihn lieber, was aus meiner Rosenholz Chiffonniere geworden ist!« Die alte Dame regte sich gefährlich auf.
»Hören Sie, meinen Sie nicht …« Vergeblich bemühte sich Sally, Mrs. Sutton die Schlüssel zurückzugeben. Sie wurden ihr einfach wieder in die Hand gedrückt.
»Kümmern Sie sich nicht um Großmutter«, wiederholte Mrs. Sutton nur. Eine der anderen
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