Ein Haus für vier Schwestern
zweites Kind, doch was wir auch versuchten – es klappte nicht. Wir begannen, über eine Adoption nachzudenken. Das brachte die Sache anscheinend in Schwung. Kaum hatten wir angefangen, uns ernsthaft damit zu beschäftigen, wurde Denise schwanger. Ihr ging es genauso schlecht wie beim ersten Mal, also nahm ich Frank mit mir in die Arbeit. Ich wollte ihr einen Gefallen damit tun.
Meist verließen wir das Haus vor Sonnenaufgang und kamen erst zurück, wenn es dunkel geworden war. Es war eine aufregende Zeit auf den Ölfeldern – jede Woche wurden neue Quellen entdeckt. Ich wurde dabei nicht unbedingt gebraucht, aber es hielt mich einfach nicht im Haus. Ich musste dabei sein.
Denise hätte mir meine Abwesenheit vielleicht verziehen, wenn ich es wenigstens rechtzeitig zu Elizabeths Geburt ins Krankenhaus geschafft hätte. Ich wusste, dass es bald so weit sein würde, und beschränkte meine Arbeitszeit auf ein paar Stunden auf den Ölfeldern am Vormittag und einen kurzen Besuch im Büro am Nachmittag. Aber an diesem Tag hatten wir eine Springquelle, die wir nicht unter Kontrolle bekamen, und ich kam erst gegen Mitternacht Hause. Elizabeth war um vier Uhr nachmittags zur Welt gekommen.
Ich ließ Frank bei den Nachbarn und eilte ins Krankenhaus. Ich habe mich manchmal gefragt, ob es ihre Gefühle besänftigt hätte, wenn ich mir vorher ein bisschen zurechtgemacht und an Blumen gedacht hätte. Aber ich platzte herein, so wie ich war – dreckverkrustet und stinkend. Im Rückblick kann ich jedoch wohl sagen, dass unsere Probleme tiefer gingen.
»Es ist ein Mädchen.« Dieses Mal gab es kein Lächeln für mich. »Sie gehört mir, und sie wird die Letzte sein. Ich mache das nicht noch einmal mit.«
»Entschuldige, dass ich nicht rechtzeitig gekommen bin, aber …«
»Lass es. Ich will es gar nicht wissen. Mir ist alles klar.«
Ich nickte. »Geht es dem Baby gut?«
»Ihr Name ist Elizabeth.«
»Elizabeth.« Ich dachte nach. »Gefällt mir. Hast du noch einen zweiten Namen ausgesucht?«
Ich bin nicht sicher, was ich zuerst dachte. Es war düster, und Denise sah auf die Hände, die sie über dem Bauch gefaltet hielt. Aber dann hörte ich das stoßartige Einatmen und wusste, dass ich recht hatte. Sie weinte. Ich trat näher und streckte meine Hand aus, um sie zu berühren. Da sah ich meine schwarzen Nägel und dreckigen Knöchel gegen ihre weiße Haut. Und ich zog die Hand zurück.
»Dauernd muss ich mich bei dir entschuldigen«, sagte ich. »Ich weiß, dass dich das langweilen muss, aber etwas anderes kann ich nicht tun.«
»Ihr zweiter Name ist Mary.«
Der Name meiner Mutter. Ich dachte, ich bekomme keine Luft mehr. Es schnürte mir die Brust ab. Denise blickte hoch und sah die Tränen in meinen Augen.
»Danke«, sagte ich.
Sie runzelte die Stirn. Das verstand ich erst, als mir einfiel, dass sie den Namen meiner Mutter nicht kannte. Es war Zufall gewesen. Denise hätte ihn sicher korrigiert, hätte ich ihr es gesagt. Ich ließ es bleiben.
Eines Tages würde ich meiner Tochter von der Frau erzählen, deren Namen sie trug.
37
Christina
Christina streifte mit den Füßen über den Betonboden und rollte ihren Bürostuhl vor den Bearbeitungsbildschirm im Studio.
»Ich würde die zweite Aufnahme nehmen«, sagte sie. »Das Licht auf dem Senf ist besser.«
Greg ließ das Video zurücklaufen, um es sich noch einmal anzusehen. »Ja, aber der Ketchup sieht auf der dritten schöner aus.«
»Meine Güte, es ist nur ein tanzendes Würstchen«, sagte Dexter Landry von der Tür her. »Und wir haben das Budget sowieso schon überschritten.«
»Und es wird es nie bis ins Fernsehen schaffen«, äffte Gary ihn nach, ohne aufzublicken.
»Und wir werden nicht für hohe Kunst bezahlt«, sagte Christina, die wiederum Gary nachmachte. »Der Kunde will die Arbeit so billig wie möglich erledigt haben.«
»Okay, ich habe das alles mal gesagt, aber …«
»Deswegen stimmt es trotzdem«, beendete Christina seinen Satz.
»Also gut, ich brauche ein paar neue Sprüche.« Dexter wedelte mit einem Blatt Papier in Christinas Richtung. »Ich habe da etwas, was dich interessieren könnte.«
Sie rollte mit ihrem Stuhl zu ihm hinüber und streckte die Hand aus. Er machte einen Schritt zurück und bedeutete ihr, ihm ins Nachbarzimmer zu folgen.
»Bin gleich wieder da«, sagte sie zu Greg.
»Hat keine Eile.«
»Oh doch«, sagte Dexter. »Dieses Würstchen da tanzt heute Nachmittag noch hier raus.«
Als Eigentümer der River City Studios
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