Ein Haus für vier Schwestern
ihren abendlichen Lauf. Stattdessen schenkte sie sich ein großes Glas Brandy ein und legte Bonnie Tylers Holding out for a hero auf.
Mit weniger würde sie sich in Zukunft nicht mehr zufrieden geben.
40
Elizabeth
Rachel hob ihr Glas Eistee. »Auf das dritte Treffen der Jessie-Girls.«
»Wie hast du uns genannt?«, fragte Christina und sah von Papieren hoch, die Lucy neben dem üblichen Umschlag mit den CDs für sie abgegeben hatte.
»Jessie-Girls.«
»Gefällt mir«, sagte Ginger und hob ebenfalls ihr Glas.
Elizabeth hielt sich zuerst zurück. Weder war sie ein »Girl«, noch wollte sie von Jessie vereinnahmt werden. Auch nicht nach seinem Tod. Aber sie machte dann doch mit. Sie stieß mit den anderen an und versuchte herauszubekommen, was Christina da las. Christina sah sie an.
»Das ist eine einstweilige Verfügung«, sagte sie.
»Du hast deinen Film entdeckt«, quietschte Ginger. »Gratuliere!«
»Erzähl mal«, sagte Rachel. »Wir wollen alles wissen.«
»Ich wusste, dass er ihn auf einem Filmfestival einreichen würde. Als unbeschriebenes Blatt hilft einem die Aufmerksamkeit, die ein preisgekrönter Film bekommt, in den Filmvertrieb zu kommen. Er hat wahrscheinlich gedacht, Grants Pass sei sicher, weil es so klein ist.«
»Du kannst beweisen, dass der Film zur Hälfte dir gehört«, sagte Rachel. »Was macht es für einen Unterschied, wann du ihn dir schnappst?«
»Je erfolgreicher ein Film wird, desto mehr Leute tauchen auf und behaupten, an seiner Entstehung maßgeblich beteiligt gewesen zu sein. Wenn ich zulasse, dass Randy alle Entscheidungen über die Festivals und den Vertrieb trifft, verleiht ihm das mehr Gewicht und räumt ihm Vorrechte ein. Ganz davon abgesehen, dass mir seine Entscheidungen vielleicht gegen den Strich gehen.«
»Und die Verfügung kann das verhindern?«, fragte Rachel.
»Deswegen will ich sie ihm so schnell wie möglich in die Hand drücken.«
»Du willst das doch wohl nicht allein machen?«, sagte Ginger.
»Will sie nicht«, warf Elizabeth ein. »Ich werde sie begleiten.«
Ginger und Rachel fuhren herum und sahen sie an. »Das gibt’s nicht«, entfuhr es Ginger.
Christina machte ein gequältes Gesicht. »Lucy hat mich nicht als Klientin akzeptiert, bis ich versprochen habe, nicht allein hinzugehen.«
»Und du hast dir Elizabeth ausgesucht?«, fragte Rachel ungläubig. »Sorry, Elizabeth, ich will dich nicht beleidigen, aber du schaust mir nicht gerade aus wie eine Kämpfernatur. Ich würde für so was lieber ein paar muskelbepackte Typen aus dem Fitnessstudio engagieren.«
»Ich bin doch nicht bescheuert«, sagte Christina. »Ich gebe ihm die Papiere in aller Öffentlichkeit, an einem Ort, wo viele Menschen sind.«
»Und zur Vorsicht nehme ich eine Dose Pfefferspray mit«, fügte Elizabeth hinzu.
»Du machst was?«
»Sonst würde Sam mich nicht mitfahren lassen.«
Rachel deutete mit dem Glas auf die beiden. »Und wann ist der große Tag?«
»Am 15. Oktober.«
»Sollten wir uns nicht am 17. Oktober treffen?«
Christina stand auf, um den Tisch abzuräumen. »Wir werden rechtzeitig zurück sein.«
»Hat sonst noch jemand was zu verkünden?«, fragte Ginger. »Ich zum Beispiel denke darüber nach, ob ich nach Kansas City oder Denver ziehe soll, wenn das hier vorbei ist.«
»Warum nach Denver?«, fragte Christina.
»Da bin ich aufgewachsen.«
»Ich habe mein ganzes Leben in Kalifornien verbracht«, sagte Elizabeth. »Ich könnte mir nicht vorstellen, woanders zu wohnen. Mir gefällt es hier.«
»Du lebst seit achtundvierzig Jahren hier?«, fragte Christina.
»Neunundvierzig. Ich hatte letzten Monat Geburtstag.«
»Oh, herzlichen Glückwunsch«, sagte Ginger. »Nächstes Jahr müssen wir dran denken und etwas Besonderes unternehmen.«
Die anderen starrten sie an, als hätte sie verkündet, demnächst auf den Mars zu fliegen.
»Was ist denn?«
Christina antwortete als Erste. »Du wirst nicht mehr hier wohnen – trotzdem gehst du davon aus, dass wir in einem Jahr noch Kontakt haben werden?«
»Ja, warum denn nicht?«
»Sag mir einen Grund.«
Ginger legte sich ihre perfekt manikürte Hand an den Hals und blickte Elizabeth und Rachel an.
»Meint ihr das auch?«
Keine von beiden gab eine Antwort. Ginger schob ihren Stuhl zurück und stand auf.
»Da habe ich wohl wieder mal geträumt. Vielleicht sollten wir uns jetzt die Aufnahmen anhören, damit wir fertig werden.«
Sie war zurückgewiesen worden. Und das hatte sie verletzt. Elizabeth hätte das
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