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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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daran zu erinnern, wie das Meer morgens, mittags oder abends ausgesehen hatte. Sie konnte es nicht.
    Sie stemmte sich hoch und sah ein letztes Mal ins Auto. Sie wollte Jeff noch so viel sagen. Wie einsam sie ohne ihn gewesen war. Wie glücklich er sie gemacht hatte. Wie sehr sie ihn liebte. Sie griff nach seiner Hand. »Ich liebe dich«, sagte sie leise. Doch sie wollte, dass er sie hörte. Diesmal schrie sie. »Ich liebe dich.«
    Tränen und Blut verschmierten ihr Gesicht, als sie seine Hand losließ und vom Auto wegging. Sie stützte sich auf die verbeulte hintere Stoßstange und studierte den Hügel vor ihr. Sie suchte nach dem einfachsten Weg hinauf und gleichzeitig nach ihrer Handtasche und dem Handy. Nichts zu sehen. Rechts war eine Felswand, links eine überhängende Klippe. Sie musste da hinauf, wo sie abstürzt waren, über einen steilen Abhang, der von Felsen, Grasbüscheln und Gestrüpp bedeckt war.
    Die rutschigen Ledersohlen ihrer Slipper waren auf dem Gras nicht hilfreich. Sie zog die Schuhe aus und steckte sie in die Hose. Wenn sie auf der Straße weiterlaufen musste, würde sie sie brauchen. Sie suchte nach Griffen und Stufen für Hände und Füße, robbte durch das Gras und betete, dass die Wurzeln halten würden, bis sie wieder festen Stand fand. Ihre Fingernägel brachen ab. Die Haut ihrer Arme und Beine wurde von der rauen Rinde der Büsche aufgerissen.
    Zentimeter für Zentimeter kämpfte sie sich voran. Sie betete, wiederholte dabei ständig dieselben Worte, bat Ihn um Zeit für Jeff und sich, bat Ihn, ihr Jeff nicht zu nehmen. Als sie endlich die Straße erreichte, waren ihre Hände rohes Fleisch und sie blutete aus den Stümpfen ihrer abgerissenen Fingernägel. Ihre Füße fühlten sich völlig taub an. Sie suchte nach ihren Schuhen, doch die waren weg. Egal. Sie musste Hilfe holen.
    Der Highway sah verlassen aus. Wie konnte das sein? Dies war die einzige Straße entlang der Küste, die zu allen Touristenattraktionen nördlich von San Francisco führte. An den Sommerwochenenden schlichen hier die Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange dahin. Sie stand neben den Reifenspuren, die ihr SUV im weichen Boden hinterlassen hatte und die direkt über die Kante führten. Sie wartete auf das erste Auto, um es anzuhalten.
    Doch es kam keines.
    Sie ging zur Kante und wollte zu Jeff aus der Ferne Kontakt aufnehmen. Der Anblick, der sich ihr bot, verwirrte sie. Der Sand war weg. Das Auto lag im Wasser. Die Flut kam.
    Krank vor Furcht und völlig panisch lief sie auf der Mitte der schmalen Straße, dem nächsten beleuchteten Gebäude entgegen, das sie entdecken konnte.

48
    Rachel
    Rachel saß auf der Kante ihres Betts im Santa Rosa Memorial Hospital und starrte aus dem Fenster auf die schlafende Stadt hinunter.
    Sie befand sich allein in einem Zweibettzimmer. Die einzigen Geräusche kamen von den Krankenschwestern, die sich über die Patienten unterhielten, während sie ihre Runden machten. Das leise Geräusch eines Fernsehers drang aus einem anderen Zimmer herüber.
    Sie fror. Das dünne Krankenhausnachthemd war hinten offen. Sie lauschte, ob sich Schritte näherten. Ihr Herz zog sich jedes Mal vor Angst und Erwartung zusammen, wenn sie dachte, sie kämen in ihre Richtung.
    Der Krankenwagen hatte sie eineinhalb Stunden nach dem Hubschrauber mit Jeff an Bord im Krankenhaus abgeliefert. Er war sofort in den OP gekommen. Das war vor fünf Stunden gewesen. Bis jetzt hatte sie nichts Näheres über seinen Zustand erfahren. Eine Krankenschwester, die sie darum gebeten hatte, war in der Chirurgie gewesen, um sich nach ihm zu erkundigen. Er ginge ihm den Umständen entsprechend gut, war alles, was sie ihr sagen konnte.
    Rachel wollte ihr nicht glauben. Wie sollte es Jeff denn gut gehen? Sie hatte ihn gesehen, nachdem die örtliche Feuerwehr ihn in einem Korb den Abhang hochgezogen hatte. Sie hatte neben ihm gestanden, während die Verkehrspolizei den Highway gesperrt hatte, damit der Hubschrauber landen konnte. Sie hatte auf der Suche nach Hoffnung in die Gesichter seiner Retter geschaut – der Polizisten, der Feuerwehrleute, der Sanitäter, der Ärzte im Hubschrauber. Nichts, keine Andeutung eines ermutigenden Lächelns.
    Ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit, der Kuss, die verdammte Kuh. Jeff konnte doch nicht wegen einer Kuh sein Leben verlieren! Das ging nicht. Sie waren so oft an der Küste gewesen, seit sie in Kalifornien wohnten. Sie konnte sich an die Warnschilder und die Viehgitter erinnern. Aber bis

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