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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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Teufel mich holt.«
    »Du wolltest abwarten. Ich habe dir gesagt, dass es für dich genug zu tun gäbe.«
    »Du hast genug um die Ohren.« Er lächelte sie träge an und zwinkerte. »Aber wenn du es wirklich ernst meinst damit, mich auf meinen Abenteuern begleiten zu wollen, dann überlege ich es mir vielleicht noch.«
    Für einen kurzen Augenblick war sie sprachlos. Er flirtete mit ihr! Warum jetzt? Warum nicht vor fünf Jahren? Vor zehn oder zwanzig? »Sei vorsichtig, Jessie. Ich könnte dich beim Wort nehmen.«
    Als Antwort auf ihre frevelhafte Bemerkung kicherte er wieder. Dann seufzte er. »Wir wären ein tolles Gespann gewesen.«
    »Warum ist es nicht dazu gekommen?«, forderte sie ihn heraus.
    »Ich hätte dich sonst nie richtig kennengelernt.« Er sah ihr in die Augen, sich der Bedeutung ihrer Worte voll bewusst. »Du bist die beste Freundin, die ich je hatte. Ich wollte nicht riskieren, dich zu verlieren.«
    Sie nickte als Zeichen ihrer Zustimmung. Wenn sie jetzt sitzen blieb, würde sie den Ablauf des Nachmittags verändern. Doch der heutige Tag gehörte Jessie und seinen Töchtern. »Ich komme gleich zurück.«
    Sie ging durch den Empfangsbereich bis zur verglasten Wartezone. Hinter einem Gummibaum blieb sie kurz stehen; die Frauen konnten sie so nicht sehen.
    Sie waren nur zu dritt. Jede tat so, als würde sie in einer Zeitschrift lesen, und musterte dabei verstohlen die anderen beiden. Lucy konnte sich entfernt vorstellen, was in ihren Köpfen vor sich ging. Die Musterung brachte die Ähnlichkeiten und Unterschiede zutage. Sie erkannten einander, obwohl sie sich nie zuvor getroffen hatten.
    Die äußerlichen Gemeinsamkeiten waren nicht auffällig oder ungewöhnlich – dunkles Haar, schlanke Gestalt, markantes Kinn. Außergewöhnlich war ihre Haltung, die Intelligenz in ihren Augen und die Art und Weise, wie sie sich gaben. Wie sie ihr Revier schützten, eine Barriere aus Handtaschen und abgelegten Zeitschriften aufwarfen.
    Lucy blickte auf ihre Armbanduhr und dann hinüber zum Eingang. Sie könnte den Chauffeur anrufen, um zu hören, ob die fehlende Tochter unterwegs war. Dann entschied sie sich aber, noch eine oder zwei Minuten zu warten. Sogar wenn sie nicht auftauchen würde – drei von vier war keine schlechte Quote. Sie hatte weniger erwartet.
    Christina stach durch ihre Jugend und die oliv getönte Haut hervor, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Sie schien zwischen Nervosität und Aufregung zu schwanken, glättete ihren Rock, sah auf die Uhr, strich sich das auffällig schwarze Haar erst hinter die Ohren und ließ es dann wieder über die Schultern fallen. Zwischendrin blätterte sie im Sacramento Magazine und studierte die Seiten, als wären sie in einer fremden Sprache geschrieben.
    Wie Christina konnte auch Elizabeth durch das Alter identifiziert werden. Mit ihren achtundvierzig Jahren hatte sie die gleichen Lachfältchen in den Augenwinkeln, die Jessies Gesicht so unwiderstehlich machten. Sie sah ihrem Vater am ähnlichsten. Irgendwie spürte Lucy, dass Elizabeth diesen Umstand nicht würdigen könnte. Elizabeth war in Jeans und Jeansjacke erschienen – im Gegensatz zu ihren Schwestern, die Röcke und Pumps trugen. Ob der lässige Aufzug als Herausforderung oder als Zeichen für die Geringschätzung des Anlasses gedacht war – die dreihundert Dollar teuren Designerslipper machten alle Bemühungen in dieser Richtung zunichte.
    Die dritte Frau mit dem guten Haarschnitt und dem gekonnten Make-up war nicht einfach nur hübsch. Sie gehörte zu der Sorte von Frauen, in deren Gegenwart sich fast alle Männer unzulänglich und die meisten Frauen eingeschüchtert fühlen. Ihre Schönheit war nur auf dem Laufsteg oder im Film ein Vorteil. Im normalen Leben erwies es sich eher als hinderlich, dass sich alle nach einem umdrehten, wenn man das Zimmer betrat. Wer so aussah, hatte wenig Aussicht, auf Verständnis oder Anerkennung zu hoffen, egal ob von Männern oder Frauen.
    Die Eingangstür vor dem Empfangstresen öffnete sich. Lucy wurde klar, dass sie gleich entdeckt werden würde. Eine kurze Einschätzung brachte sie zu dem Schluss, dass es sich um die Managerin aus San Francisco handeln musste. Das wiederum bedeutete, dass die Schönheit die Tochter der Sängerin sein musste. Das Mädchen, das adoptiert worden war.
    Lucy schritt auf die Frau im Designerkostüm zu. Genau dieses Kostüm hatte sie einmal in San Francisco anprobiert und als zu teuer verworfen. Sie streckte ihre Hand aus und lächelte

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