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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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Ölfeldern verbracht hatten, keine Beschäftigung fanden.
    Ein paarmal in der Woche traf ich auf meinem Weg aus der Stadt auf die Ölfelder Clyde Stephens. Das war der Fahrer, der mich zu Mary Sudik mitgenommen hatte. Für gewöhnlich hielt er an und fragte mich nach meinem Ergehen.
    Eines Tage jammerte ich über die Kälte und darüber, dass ich weder ein Zimmer hatte, noch Geld, um dafür zu bezahlen. Da gab er mir den besten Rat, den ich in meinem ganzen Leben bekommen sollte.
    »Willst du Geld verdienen, musst du notfalls auch deinen Hund erschießen oder die Beerdigung deiner Mutter versäumen, um die Nase bei einer Sache vorn zu haben. Du bist am falschen Ort gelandet, mein Sohn. Hier sind schon viel zu viele, die dir nur ein paar mickrige Reste übrig gelassen haben.«
    »Noch geht’s meiner Mutter gut, und einen Hund habe ich nicht. Aber ich kann gern einen von deinen erschießen, wenn du mir verrätst, wo die Musik spielt.«
    »Du musst mit den Ölsuchern gehen, die auch riskante Bohrungen wagen. Such dir einen aus, der dir erfolgversprechend und verzweifelt genug vorkommt. Biete ihm an, gegen Kost und Logis für ihn zu arbeiten, bis er sieht, was du kannst. Wenn es so weit ist, nimm keinen Lohn. Lass dir lieber einen Anteil an der Ölquelle zusichern. Du hast nicht viel zu bieten, also sei vorsichtig mit deinen Forderungen. Wenn etwas dabei für dich herausspringt, ist der Anfang gemacht.«
    »Wo finde ich so einen Ölsucher?« Bisher hatten alle Bohrungen, auf denen ich gearbeitet hatte, großen Unternehmen gehört.
    »Herr im Himmel, Junge, ein bisschen was musst du schon selbst auf die Beine stellen.«
    Dann sah ich ein Schlagloch, so groß wie ein Wagenrad, vor uns auf der Straße und klammerte mich an meinen Sitz und den Türgriff. Trotzdem knallte ich mit dem Kopf ans Dach und stauchte mir den Nacken. »Ich möchte dir ja nicht reinreden, aber vielleicht hält dein Lastwagen länger, wenn du ab und zu ein bisschen langsamer fährst.«
    »Geht nicht. Ich muss heute noch zehn Auslieferungen machen, bevor ich abhaue.«
    Er wollte mir etwas mitteilen, was ich aber nicht verstand. Schließlich sah er mich verächtlich von der Seite an. »Willst du mich nicht endlich fragen, wohin ich fahre?«
    »Ich dachte, das geht mich nichts an.«
    »Ich habe gehört, in Yokum County geht die Post ab.«
    »Wo ist das denn?
    »Östliches Texas, südlich von Lubbock, auf der Höhe von New Mexico.«
    »Ganz schön weit dahin, drei- bis vierhundert Meilen. Vielleicht kommst du schneller da runter, wenn du jemanden hast, der dir beim Fahren hilft.«
    Clyde lächelte. »Jetzt hast du’s endlich kapiert.«
    Dann ließ er mich dort am Fluss aussteigen, wo ich campierte. Ich sammelte meine Siebensachen ein, die ich unter den Büschen versteckt hatte, und stieg wieder in den Laster.
    Wir fuhren in einem Rutsch durch. Als wir ankamen, wurde gerade die Entdeckung eines ertragreichen Bohrlochs durch einen Ölsucher gefeiert.
    Leider fand ich keinen verzweifelten Ölsucher, der nicht über meinen Vorschlag lachte, meine Arbeit sei so viel wert wie eines seiner Ölfässer. Also suchte ich mir Arbeit bei der Denver Producing und Refining Company. Am nächsten Morgen sagte ich Clyde, ich würde ihn abends wiedersehen. Doch es hat dann fast einen Monat gedauert, bis wir uns wieder getroffen haben. Es gab einen Wintereinbruch, und mein Bohrteam musste von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten. Danach fielen wir nur noch auf unsere Betten in den Zelten neben der Bohrung. Wir hatten einen chinesischen Koch und eine mexikanische Wäscherin. Samstags kam immer eine weiße Hure namens Marilyn vorbei. Ich stellte mich ein paarmal an, wusste es aber so einzurichten, dass ich nie die Hosen runterlassen musste.
    Ich war erst vor drei Monaten sechzehn geworden und immer noch Jungfrau, eine Tatsache, die ich sorgsam vor dem Rest der Mannschaft verbarg. Sie müssen es aber irgendwie herausbekommen haben, denn ich bekam von ihnen ein tolles Weihnachtsgeschenk. Es sollte mir den Kopf mehr verdrehen als die Flasche Whiskey, die Clyde und ich an Thanksgiving geleert hatten. Sie hieß Wynona und war eine Freundin von Marilyn, zu Besuch über die Feiertage. Irgendwann zwischen Weihnachten und Silvester verliebte ich mich. Clyde lachte mich aus, als ich es ihm erzählte. Er sagte, Wynona wäre alt genug, um meine Mutter zu sein. Doch mir war das egal.
    In der letzten Nacht, als sie mir erzählte, dass sie weggehen würde, war ich total verzweifelt.

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