Ein Haus für vier Schwestern
würdest du denn machen, wenn du herausfindest, dass dein Mann mit der Mutter einer Mannschaftskameradin deiner Tochter rumvögelt?«
»Ich würde wahrscheinlich einen Killer engagieren.« Sie schüttelte sich. Rachel kannte sie nicht gut genug, um zu wissen, dass sie das nicht erst gemeint hatte. »Du weißt, dass das ein Scherz war, oder?«
Rachel musste über Gingers Erklärung lachen. »Na ja, ich bin nicht die Erste, der das passiert ist. Ich werde schon drüber wegkommen.« Die oberflächliche Antwort wurde durch den traurigen Ausdruck in Rachels Augen Lügen gestraft.
»Liebt er sie?«, fragte Ginger.
»Er behauptet, er hätte sie nie geliebt. Es sei einfach passiert – und hat dann ein paar Monate gedauert.«
»Es besteht immer die Chance, dass ihr es wieder hinbekommt«, meinte Ginger vorsichtig. Sie war als Eheberaterin ungefähr so geeignet wie als Stürmerin der Fußballnationalmannschaft. »Aber vielleicht willst du das ja gar nicht.«
»Ich möchte nicht, dass die Kinder so aufwachsen wie ich.« Sie legte ihren Ellbogen auf die Sofalehne und stützte das Kinn in die Hand. »Doch dann sehe ich Jeff vor mir, mit ihr, und es zerreißt mir das Herz. Der Sex ist dabei gar nicht das Schlimme. Ich frage mich ständig, worüber sie gesprochen haben, ob sie ihn zum Lachen gebracht hat. Hat er ihr etwas geschenkt? Hat er sich davongeschlichen, um sie anzurufen, während er mit mir zusammen war?«
Ginger fühlte sich zunehmend unbehaglich angesichts der Richtung, die das Gespräch nahm. »Weißt du, du kannst dich mit deinen Gedanken völlig verrückt machen und dabei meilenweit von der Wirklichkeit entfernt sein.«
»Ich kann es nicht ändern. Je mehr ich versuche, alles zu verdrängen, desto häufiger muss ich daran denken.« Rachel griff nach der leeren Weinflasche. »Bin gleich wieder da.« Sie kam mit einer vollen Flasche zurück, füllte Gingers Glas, dann ihr eigenes und nippte daran. »Ich weiß nicht, schmeckt der wirklich besser oder sind meine Geschmacksknospen schon taub?«
Ginger schwenkte ihr Glas, roch daran und probierte. »Ist tatsächlich besser.«
Rachel setzte sich wieder gemütlich hin. »Genug von Jeff. Erzähl mir von dem Mann in deinem Leben. Ich nehme mal an, da gibt es jemanden.«
Marc war der Allerletzte, über den sie mit Rachel sprechen wollte. »Wir sind seit fast vier Jahren zusammen.«
»Wohnt ihr auch zusammen?«
»Wir haben das eine Zeitlang versucht, aber es hat nicht funktioniert. Also wohnt jetzt jeder wieder in seinem eigenen Apartment.« Das kam der Wahrheit zumindest ziemlich nahe.
»Keine Hochzeit in Sicht?«
»Aber auch nicht völlig ausgeschlossen.«
»Wo kommst du eigentlich her?«
»Kansas. Ich bin Marc vor ungefähr einem Jahr nach San José gefolgt, nachdem er befördert worden ist.« Sie hatte ihre eigene Beförderung und eine langjährige Stelle bei einer Elektronikfirma für einen neuen Job mit dem halben Gehalt eingetauscht. Halbes Einkommen, doppelte Kosten und ein völlig unerwarteter Kulturschock, mit dessen Folgen sie immer noch zu kämpfen hatte. Keine besonders attraktive Kombination.
»Das muss Liebe sein.«
»Ja.« Ginger musste lachen. »Oder eine Krankheit.«
»Ist doch dasselbe«, meinte Rachel.
»Ich war nie besonders scharf auf eine Karriere, wollte immer Haus, Hof und zweikommafünf Kinder.«
»Mit deinem Aussehen …«
»Oh, bitte nicht! Mein ganzes Leben muss ich mir das schon anhören. Mein Aussehen hat dafür gesorgt, dass immer nur die falschen Männer scharf auf mich sind und die richtigen sich nicht trauen, mich anzusprechen. Die Frauen dagegen gehen automatisch davon aus, dass ich ihnen ihre bierbäuchigen Ehemänner abspenstig machen möchte. Und alle, von den Kindern bis zur Oma, halten mich für doof.«
»Wärst du lieber hässlich, wenn du es dir aussuchen könntest?«
Ginger lächelte. »Durchschnitt wäre ganz nett.«
Rachel nahm einen Schluck Wein. »Mir hat die Ehe gefallen.« Sie schwieg ein paar Augenblicke. »Ich hasse es, so zu leben.«
»Wie fühlt sich denn Jeff?«
»Er meint, ich solle zurückkommen. Zumindest bis wir wissen, was wir machen werden. Aber ich kann das nicht.«
»Vielleicht, wenn ein bisschen Zeit vergangen ist …«
»Versetz dich in meine Lage: Wenn der Mann, den du liebst, eine Affäre hatte, könntest du ihm dann je wieder vertrauen?«
Das war keine rhetorische Frage. Ginger täuschte sich selbst, suchte Ausflüchte, um ihre eigene Affäre zu rechtfertigen, und beruhigte ihr
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