Ein Haus für vier Schwestern
paar Sachen für Marc. »Tja, warum eigentlich nicht?«
Rachel lächelte. »Super. Ich mache den Merlot auf, den ich letzte Woche gekauft habe.« Sie hielt inne. »Merlot ist doch okay für dich?«
»Ja, völlig.«
»Vielleicht fragst du dich jetzt, warum ich ihn nicht zur Pizza angeboten habe.«
»Nein, überhaupt nicht.« Das war gelogen.
»Ich habe Angst, wenn jemand trinkt und Auto fährt. Im College ist meine beste Freundin von einem Betrunkenen überfahren worden. Ich habe versucht, ihn zu hassen. Aber beim Prozess tat er mir dann leid. Seine Frau ist bei dem Unfall ebenfalls ums Leben gekommen. Sie hatten ihren Hochzeitstag in einem Restaurant gefeiert. Es war alles so sinnlos.«
»Was haben sie mit ihm gemacht?«
»Er musste ein paar Jahre ins Gefängnis und hat sich nach seiner Entlassung umgebracht.«
Ginger bekam eine Gänsehaut. »Sollen wir lieber bei Eistee bleiben?«
»Versteh mich nicht falsch. Ich habe kein Problem mit Alkohol an sich. Nur wenn jemand dann noch Auto fahren will. Ich möchte diesen Merlot wirklich gern probieren.«
»Okay.«
Sie tranken jede ein Glas und fanden ihr nicht so gut, wie die Werbung versprach, aber besser als den Durchschnitt. Sie leerten die Flasche und aßen Popcorn dazu. Um halb zwölf saß Rachel im Lotussitz am einen Ende des Sofas, Ginger mit untergeschlagenen Beinen und ohne Schuhe am anderen.
»Ich muss zugeben, dass es besser gelaufen ist, als ich mir vorgestellt habe.« Ginger war ganz entspannt. Der Austausch von Vertraulichkeiten, der Wein und ein seltsam überzeugtes Gefühl, eine verloren geglaubte Freundin wiedergefunden zu haben, trugen ihren Teil dazu bei.
»Ah ja? Was hattest du denn erwartet?«
»Nicht viel – nach unserem ersten Zusammentreffen.«
»Jessie persönlich zu treffen fiel mir viel schwerer, als ich vorher dachte. Ich weiß immer noch nicht, wie ich das finde, dass ich nicht sein einziges Kind bin.«
»Ich habe einen Bruder. Na ja, nicht so einen Bruder, wie ich geglaubt habe. Aber das spielt für mich keine Rolle. Das Komische ist, ich habe mir immer eine Schwester gewünscht.« Sie leerte ihr Glas. »Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, oder?«
Rachel stieß einen gezwungenen Lacher hervor. »Meine Mutter hat die Männer gewechselt wie ein Rennfahrer die Reifensätze. Jessie unterscheidet sich nur in einem Punkt vom Rest: Sie wurde von ihm schwanger. Danach hat sie dafür gesorgt, dass ihr das nie wieder passiert.«
»Ich verstehe überhaupt nicht, wie er ein Mädchen in ihrem Alter dazu gebracht hat, mit ihm zu schlafen. Als ich siebzehn war, hat es mich beim bloßen Gedanken an fünfzigjährige Männer geschüttelt.«
»Ich habe sie mal danach gefragt. Sie erzählte mir, sie hätte erst sehr viel später erfahren, wie alt er wirklich war.«
»Trotzdem war er alt. Zumindest verglichen mit ihr. Hat sie gesagt, was sie an ihm so besonders toll fand?«
»Er war im Filmgeschäft. Sie war jung, dumm und wollte ein Star werden. Sie glaubte ihm, dass er sie groß rausbringen könnte.« Rachel stellte ihr Glas auf den Eichenboden und griff nach dem Popcorn. »Was ist mit dir? Hat dir Jessie heute etwas über deine Mutter erzählt?«
Die Antwort war schwierig. Mit sanfter Stimme hatte er über Barbara gesprochen. Seine Erinnerungen waren liebevoll. Wie auch immer ihre Beziehung ausgesehen haben mochte – nie hätte er sie benutzt und verstoßen wie Rachels Mutter. »Er hat zwar gesagt, dass sie nur Freunde gewesen sind, aber für mich hörte sich das anders an.«
»Sie muss ihn schon auch ein bisschen geliebt haben, um ein Kind von ihm zu bekommen.«
Ginger konnte nicht beurteilen, ob Rachel wirklich meinte, was sie gesagt hatte, oder ob sie nur nett sein wollte. Auf die Art, wie man nett ist, wenn man jemandem in einem abscheulichen Kleid sagt, er sähe super aus. »Ich versuche immer noch herauszufinden, ob das eine Rolle spielt. Was für einen Unterschied macht es denn für dich, wie sich deine Eltern bei deiner Zeugung gefühlt haben?«
»Denkst du nicht, es bedeutet Cassidy und John etwas, dass Jeff und ich uns damals geliebt haben?«
Reingetappt. »Ich denke, es wird eine viel größere Rolle spielen, wie ihr jetzt miteinander umgeht.«
»Vielleicht wird sich das ja eines Tages ändern, aber im Moment kann ich höchstens höflich zu ihm sein. Ich denke, alles ist in Ordnung, und dann treffe ich ihn und werde so wütend, dass ich etwas nach ihm werfen könnte.«
»Die Trennung war also dein Vorschlag?«
»Was
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