Ein Haus für vier Schwestern
Geschrei ihrer Mutter.
»Ich gehe davon aus, dass sich Jessies Haus in Sacramento befindet?«, fragte Elizabeth.
»Es ist gar nicht weit von hier weg«, sagte Ginger. »Ein schönes Haus. Gar nicht so, wie man es sich bei jemand mit viel Geld vorstellen würde, aber besser als alles, worin ich je gewohnt habe.«
Die überraschten Blicke von Elizabeth und Christina erheiterten Rachel. Es sah fast so aus, als wären sie eifersüchtig auf jemanden, mit dem sie noch eine Stunde zuvor nichts zu tun haben wollten.
»Du warst dort?«, fragte Elizabeth.
»Zweimal.«
»Warum?«, nuschelte Christina.
»Warum nicht?« Ginger war sehr vorsichtig.
Lucy schob die Papiere auf ihrem Schreibtisch zusammen und brachte sich damit wieder in Erinnerung. »Kann ich davon ausgehen, dass keine von Ihnen das Testament anfechten wird? Oder brauchen Sie mehr Zeit zum Nachdenken?«
»Ich bin nicht gerade begeistert, aber solange mir mein Anwalt nicht zum Gegenteil rät, bin ich dabei«, sagte Rachel.
»Ich auch.« Ginger.
Christina nickte.
Alle Blicke richteten sich auf Elizabeth.
»Mir scheint, dass auch ich käuflich bin«, sagte sie offensichtlich widerstrebend. Sie sah Lucy an. »Werden Sie ebenfalls dort sein?«
»Nur um die Aufnahmen zu übergeben und eventuelle Fragen zu beantworten. Ich habe dafür gesorgt, dass Rhona McDowell, die Haushälterin Ihres Vaters, noch sechs Monate bleibt. Sie wird im Haus sein, wenn Sie sich treffen.«
»Sie trauen uns nicht, dass wir die Aufnahmen wirklich anhören – und die vollen vier Stunden bleiben?«, fragte Elizabeth.
Lucy nickte. »Ich habe sie gebeten, mir nach jedem Treffen darüber Bericht zu erstatten, ob die Bedingungen des Testaments erfüllt wurden. Sie wird Ihnen außerdem ein Mittag- oder Abendessen servieren, abhängig von der Uhrzeit, zu der Sie sich treffen werden.«
Rachel musste sich sehr zusammenreißen, um angesichts der besprochenen Kleinigkeiten nicht laut herauszulachen. Vier Töchter, sechs Monate, vier Stunden pro Monat aneinander gefesselt – aber keine Angst, niemand wird verhungern.
»Wer bestimmt den Tag?«, fragte Rachel. »Wenn es möglich ist, möchte ich die Wochenenden gern ausschließen.«
»Für mich wäre aber das Wochenende am besten«, sagte Elizabeth.
»Sie hat da ihre Kinder«, antwortete Ginger für Rachel. »Ich denke, wenn es irgendwie geht, sollten wir anderen es ermöglichen.«
»Sonntags wäre in Ordnung«, schlug Rachel einen Kompromiss vor. »Es ist ja nur einmal im Monat. Jeff wird das nichts ausmachen.«
»Was halten Sie vom dritten Sonntag jedes Monats?«, fragte Lucy. »Wäre das für Sie okay, Christina?«
Christina zuckte zuerst mit den Schultern und nickte dann.
»Ich werde Rhona Bescheid sagen, wann Sie kommen«, sagte Lucy und gab ihnen Zeit zu antworten. Als alle schwiegen, sprach sie weiter. »Den Anfahrtsweg zum Haus Ihres Vaters und eine Ausfertigung des Testaments erhalten Sie in einem Umschlag von meiner Assistentin. Noch Fragen?«
Wieder hielt sie inne.
»Nein? Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.«
27
Lucy
Lucy erhob sich und ging um ihren Schreibtisch herum. »Es war mir ein Vergnügen, Sie heute alle wiederzusehen. Wie ich bereits sagte: Sollte ich helfen können oder wenn Sie Fragen haben, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen.«
Lucy geleitete sie zur Tür, schloss sie hinter ihnen und stieß dann einen erleichterten Seufzer aus. Die erste Hürde hatte sie genommen.
Rachel würde das Testament durch ihren Anwalt prüfen lassen – vorausgesetzt, sie fand die Zeit dazu. Christina und Ginger gingen davon aus, dass ein Testament unantastbar war. Sie würden nicht das Risiko eingehen, die Bedingungen anzufechten und alles zu verlieren. Aus Elizabeth war Lucy allerdings nicht schlau geworden. Sie war die große Unbekannte in ihrem Spiel, wankelmütig und unberechenbar in ihrer Wut. Konnte sie nicht im Zaum gehalten werden, würde Lucy wahrscheinlich ihre ganze Konstruktion um die Ohren fliegen.
Jetzt kam der schwierigste Teil – das Warten. Das war Lucy noch nie leichtgefallen. Sich zurückzulehnen und abzuwarten gehörte nicht zu ihrem Stil als Anwältin. Jessie hatte das immer für ihre beste Eigenschaft gehalten. Ihre Partner waren da anderer Meinung.
Lucy saß wieder an ihrem Schreibtisch. Sie musste nach einer Lösung für die Probleme bei der Fusion der beiden größten unabhängigen Lebensmittelketten in Nordkalifornien suchen. Ein leises Klopfen an der Tür schreckte sie aus ihren
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