Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
zu opfern, aber er bohrte nur den Zeigefinger in die Schläfe.
    »Soso, fünf Mark, und mehr hast du nich. Na, dann renn mal heim und hol den Zaster«, sagte der Kerl und grinste.
    Die Anni schüttelte den Kopf, denn das Grinsen kam ihr nicht geheuer vor, und sie ahnte, was der Mann im Sinn hatte: »Mein Bruder bleibt hier, bis ich zurück bin.«
    »Du bist ‘n schlaues kleines Aas«, brummte der Kerl nicht ohne Respekt, »aber du irrst dir bestimmt, wenn du denkst, daß ich hier stundenlang auf dir warten tue!« Er zog eine Zwiebel in einem Zelluloidetui aus der Hosentasche und deutete mit dem Zeigefinger aufs Zifferblatt: »In eine Viertelstunde, wenn du mit die Pinkepinke nich hier bist, hau ich mitsamt ‘n Hund ab. So, und jetzt schwing dir, Mädchen!«
    Sehr wohl war es dem Peter nicht zumute, als er mit dem Hundemörder allein zurückblieb, und er zog es vor, noch ein paar Schritte weiter zurückzugehen und sich an der Uferböschung niederzuhocken, aber immer auf der Lauer und sprungbereit, falls der Kerl auf ihn losgehen sollte. Einmal kam ein Radler vorbei, und einmal pfiff jemand in den Gärten nach seinem Hund. Es war immerhin beruhigend, sich nicht ganz allein zu wissen. Die Anni rannte derweil, was die Beine hergaben, den Weg zurück.
    Lieber Gott, was die Mutter wohl sagen würde...
    Aber niemand war daheim, als sie an der Haustür schellte. Sie mußte den Hintereingang nehmen, wo die Kohlenmänner die Briketts in den Keller trugen, aber der Türschlüssel lag, wie immer in solchen Fällen, unter dem Wasserschlag des Flurfensters auf dem Regenblech. Soviel Zeit, um das Fünfmarkstück mit Zauberkunststücken aus dem Sparschwein zu kitzeln, hatte die Anni nicht. Also mußte das Schwein daran glauben. Es zersprang unter einem Hammerschlag in mehrere Teile, und das Geld klimperte über den Küchentisch. Es waren im ganzen sieben Mark und sechsundachtzig Pfennig - sauer erspartes Geld. Aber sie nahm nur das Fünfmarkstück. Die Trümmer des Porzellanschweinchens warf sie in die Kehrichttonne und legte, ehe sie sich auf den Rückweg machte und den Schlüssel wieder in seinem Versteck verwahrte, den Rest des Geldes, zu einem kleinen Turm gestapelt, in den Küchenkasten. Dann rannte sie den langen Weg wieder zurück. Der Peter sah sie mit Erleichterung kommen.
    »Hast du das Geld gekriegt?« fragte er ungläubig. Sie hielt ihm stumm das blanke, schweißnasse Fünfmarkstück entgegen.
    »Und was hat die Mutti gesagt, als du ihr erzählt hast, daß du einen Hund kaufen tust?«
    »Gar nichts«, antwortete sie wahrheitsgemäß. Daran, was die Mutter sagen würde, wollte sie im Augenblick lieber nicht denken. Die Hauptsache war jetzt, daß der kleine Hund gerettet war!
    »Sünde und Schande«, brummte der Kerl, als er das Geld in Empfang nahm, »fünf Piepen für so ‘nen Hund, wo die Mutter davon een’ Stammbaum hat wie die Gräfin Koks vonne Gasanstalt.«
    »Was für eine Rasse ist es denn?« fragte Anni.
    »Bin ich ein Hundezüchter? Was geht das mir an? Aber ‘n scheener Hund is es auf alle Fälle. Wieviel seid ihr daheim? Drei, vier, fünf Leute?«
    »Vier«, antwortete der Peter.
    »Da habt ihr ‘nen schönen Braten zu Weihnachten, wo jeder von satt wird«, sagte der Kerl grinsend. »So, und denn nehmt ihn nur. Habt ihr überhaupt schon ‘nen Namen dafür?«
    Anni nahm den kleinen Hund entgegen und drückte ihn unendlich zärtlich an die Brust. Er bewegte die Pfoten, als wolle er an ihr emporkrabbeln.
    »Ich dachte, daß wir ihn Flocki nennen«, stammelte sie, »weil er so klein ist.«
    »Flocki«, sagte der Mann und brach in ein schallendes Gelächter aus, »Flocki is gut! Das is genau das richtige! Flocki, das is der schönste Name, den ihr finden konntet.« Er nahm den Sack auf, schob das Geldstück in die Hosentasche und schlurfte, während er sich vor Lachen krümmte, in seinen schweren genagelten Schuhen davon.
    »Ich mein’, daß der spinnt«, sagte die Anni kopfschüttelnd, »was es da zu lachen gibt, möchte ich wissen.«
    »Und die Mutti hat es echt wahr erlaubt, daß du den Hund kaufst?« fragte der Peter zum zweitenmal, denn er konnte das noch immer nicht recht fassen.
    »Sie war gerade nicht daheim«, murmelte Anni unbehaglich.
    »Mach Sachen! Sie war nicht daheim? Und wie bist du dann ans Geld gekommen?«
    »Ich hab’ ‘s Sparschwein zerschlagen.«
    Der Peter starrte seine Schwester an, als traue er seinen Augen und Ohren nicht mehr.
    »Uiii jegerl«, stieß er atemlos hervor, »das

Weitere Kostenlose Bücher