Ein Haus geteilt durch 8
geklaut ist.«
»Nicht nur eigentlich, sondern tatsächlich«, bestätigte Werner.
»Und daß diese Geschichte uns beiden, wenn der Bauer davon Wind kriegt, eine böse Schweinerei einbrocken kann.«
»So, das hat Willi Hobusch gesagt?« fragte Werner und wechselte mit Sabine einen langen Blick. (Nicht sehr angenehm, wenn ein Chauffeur seines Vaters Mitwisser war und die Sache mit dem Blei aus diesem Gesichtswinkel betrachtete.)
»Und wenn ich noch arbeitslos wäre«, fuhr Holldorf fort und rieb sich den Hals, »aber nun stellen Sie sich einmal vor, der Bauer zeigt den Schwindel an oder erfährt durch irgendeinen Zufall, wer ich bin, und meldet die Geschichte meinem neuen Chef, wenn ich meine Stellung vielleicht gerade angetreten habe.« Er sah Werner mit einem düsteren Blick an: »Ihnen als Vertreter kann es ja wurscht sein. Da kräht kein Hahn danach. Aber bei mir wäre es aus. Ich flöge im hohen Bogen aus meiner Stellung. Und Lagerverwalter, das ist nicht so irgendwas, sondern das ist ein Vertrauensposten, wo man keine Leute brauchen kann, die bei der Firma Klemm & Klau waren, verstehen Sie?«
Werner hob die Flasche und stieß seinerseits bei Holldorf nach Maurerkomment an.
»Ich glaube nicht, Herr Holldorf, daß Sie sich deshalb Sorgen zu machen brauchen. Ihr neuer Chef weiß es nämlich bereits.«
»Werweiß es?« stieß Holldorf hervor.
»Ihr Chef bei Fröhlich & Söhne, Dr. Arnold Fröhlich. Er ist nämlich mein Vater, und ich habe ihm die ganze Geschichte vor einiger Zeit erzählt.«
Holldorf hielt die halb zum Mund erhobene Flasche in der Hand, als säße er einem Daguerreotypisten, die bekanntlich eine Belichtungszeit von einer guten halben Stunde brauchen, für eine Trinkerszene Modell. Nur sein Kinn zitterte unter den Worten, die er sprechen wollte, die in seiner Kehle steckten und die er nicht herausbrachte.
»Nun beruhigen Sie sich schon, Herr Holldorf«, sagte Werner liebenswürdig, »meinem Vater hat Ihr Einfall sogar gewissermaßen imponiert. Daß sein Sohn dabei war, fand er natürlich weniger imponierend.«
»Ja, um Himmels willen, Herr Fröhlich«, stammelte Holldorf endlich, nachdem er die Sprache wiedergefunden hatte, wenn er auch noch stotterte, »dann hat meine Frau ja recht gehabt.«
»Ihre Frau? Womit?«
»Weil sie immer gesagt hat, daß ich ein Trottel bin, wenn ich nicht merke, daß Sie von was Besserem her sind«, er schlug sich vor den Kopf, »bloß ich Rindvieh habe es nicht gemerkt.«
»Na, nun trinken Sie erst einmal einen Schluck.«
»Wenn ich um ein Glas bitten dürfte.«
»Machen Sie bloß keinen Quatsch, Herr Holldorf. Ich trinke auch aus der Flasche. Und es schmeckt wahrhaftig besser. Aber sagen Sie mal: Was machen wir mit dem verdammten Blei?«
Holldorf trank das Bier wie eine Stärkungsmedizin. Und der Trank schien ihm nicht nur körperlich, sondern auch geistig gut zu bekommen.
»Wissen Sie, Herr Fröhlich, was wir mit dem Blei machen?«
»Eben nicht, deshalb habe ich Sie ja gefragt.«
Holldorf starrte Werner an, als wäre sein Einfall so verrückt, daß er sich kaum getraute, ihn auszusprechen. »Wir schaffen das ganze Zeug zurück und laden es am Kugelfang wieder ab. Und dann mag der Bauer damit tun, was er will.«
Sabine brach in ein schallendes Gelächter aus. Sie lachte, daß ihr die Tränen über die Wangen liefen. Holldorf bekam einen roten Kopf. Und auch Werner drehte sich überrascht um.
»So komisch finde ich den Einfall gar nicht, Sabine.«
»Und ich bin auf keinen besseren gekommen«, murmelte Holldorf verlegen.
Sabine schüttelte den Kopf und krümmte sich vor Lachen. Und plötzlich verstand Werner, warum sie so erheitert war.
»Ihre Idee ist goldrichtig, Herr Holldorf«, sagte er grinsend, »aber daß wir zwei Idioten einen halben Monat lang von früh bis in die Nacht geschuftet und geschwitzt haben, und alles für nichts und wieder nichts, dafür müßten wir uns eigentlich gegenseitig an die Backen hauen!«
Und plötzlich lachten sie alle drei so laut, daß die kleine Gabriele, die im Wagen in der Küche schlief, aus dem Schlaf erwachte und jämmerlich zu schreien begann.
Keine der Damen versäumte es, Sabine einen kleinen Besuch zu machen. Einige kamen fast jeden Tag >für einen Sprung< herauf und blieben so lange, daß es Sabine fast ein wenig lästig wurde, wenn ihr die Bewunderungsrufe für Gaby auch wie Honig eingingen. Frau Mallzahn kam und war jedesmal fast zu Tränen gerührt, wenn Gabriele ihre Augen öffnete.
»Wie blaue
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