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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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spielten vor dem Haus mit einem halben Dutzend Nachbarskindern >Himmel und Hölle<. Anni war gerade dabei, mit einem flachen Stein auf der Spitze des linken Fußes und mit geschlossenen Augen die auf das Pflaster gemalten Quadrate zu durchhüpfen, als der Oberst mit seinem Cäsar aus der Haustür trat, einen prüfenden Blick zum überzogenen Himmel warf und den Hund straff heranzog, weil er zu den Kindern hinzerrte.
    »Rechts bei Fuß, Cäsar!« befahl der Oberst und schlug den Weg zum Fluß und den Wiesen ein, wo er dem Hund eine Lektion im Verharren und Nachfolgen erteilen wollte. Anni hüpfte aus dem Himmelshalbkreis, in den sie fehlerfrei gekommen war, heraus und rannte Herrn von Krappf nach.
    »Darf ich mitkommen, Herr Oberst, und ein bißchen Zusehen, wie Sie dem Cäsar was Neues lernen?«
    »Lehren, mein Kind, lehren!« sagte der Oberst mit erhobenem Zeigefinger.
    »... wenn Sie dem Cäsar was Neues lehren?« wiederholte Anni.
    »Nicht dem Cäsar, sondern den Cäsar!« verbesserte Herr von Krappf. »Möchte wissen, was ihr in der Schule im Deutschunterricht eigentlich lernt! Aber komm mit, wenn du magst.«
    Der Hund, der seine kleine Ziehmutter innig liebte, versuchte an Anni hochzusteigen und ihr das Gesicht abzulecken.
    »Aber Flocki! Du wirfst mich ja um.«
    »Bei Fuß, Cäsar!« sagte der Oberst scharf, worauf der Hund sofort parierte.
    »Der folgt Ihnen aber prima«, sagte Anni bewundernd.
    »Wichtig in der Erziehung eines Hundes, zumal eines so starken Tieres: immer den Herrn zeigen! Streng, aber gerecht. Ist auch das Geheimnis der Menschenführung.«
    »Aber ein bißchen spielen muß man mit ihm doch auch.«
    »Gewiß, Güte gehört auch dazu.«
    »Wenn Sie mich den Flocki Cäsar führen lassen täten, Herr Oberst, nur ein Weilchen?«
    »Aber straff halten! Zügelhand spüren lassen!«
    Anni übernahm die Leine. Der Hund zog nicht. Wenn es ihm eingefallen wäre, hätte es ein Malheur gegeben, da Anni sich den Riemen ums Handgelenk geschlungen hatte.
    »Ich denke immer, jetzt müßte der Flocki aufhören zu wachsen, aber jedesmal, wenn ich ihn sehe, kommt es mir vor, als ob er noch ein Stück größer geworden ist.«
    »Wird jetzt hundert Pfund schwer sein. Kommt leicht auf einhundertfünfzig Pfund. Riesenkerl!«
    »Für eine Stadtwohnung schon ein bißchen sehr groß, nicht wahr?« fragte Anni tastend. »Für so einen großen Hund müßte man direkt einen Garten haben.«
    »Hm?« machte der Oberst unbestimmt.
    »Wir ziehen bald aus unserer Wohnung aus.«
    »So?« fragte Herr von Krappf. »Wohin?«
    »Mein Vati wird Verwalter bei Fröhlich... bei der Baufirma.«
    »Erfreulich zu hören!«
    »Und da kriegen wir eine Dienstwohnung.«
    »Siehe da«, murmelte der Oberst.
    »Eine schöne, große Wohnung, mitten im Betrieb zwischen den Lagerhallen.«
    »Ausgezeichnet!«
    »Und so viel Platz haben wir da. Sogar einen kleinen Garten kriegen wir. Natürlich nur so einen für ein paar Blumen und für ein bißchen Gemüse.«
    »Ist ja großartig!«
    »Und einen Hund müssen wir auch halten. Wegen den Dieben, die nachts Nägel stehlen und Zement und Kupfer.«
    »Wegen der Diebe! Wegen immer mit dem Genitiv!«
    »Womit, Herr Oberst?« fragte die Anni erstaunt.
    »Genitiv oder Wesfall! Wegen des Regens, wegen der Hitze, wegen der Diebe, verstanden?«
    »Ach so. Ja, also wegen den Dieben! Und es muß ein großer Hund sein, der ruhig recht scharf sein darf, damit sie Schiß kriegen, wenn sie ihn bellen hören, die Diebe.«
    »Verstehe. Wachhund. Schäferhund oder Dobermann.«
    »Doggen nicht?«
    »Natürlich auch.«
    Sie waren zu den Flußwiesen gekommen und bogen links hinter dem Damm zur Eisenbahnbrücke ab. Anni verstummte für eine Weile. Sie war ein wenig unglücklich darüber, daß ein Erwachsener und ein Oberst dazu so schwer von Begriff sein konnte. Herr von Krappf übernahm hier, wo fremde Hunde oder die Witterung der Schafherde Cäsar veranlassen konnten, durchzugehen, die Leine. Der Hund hob den mächtigen Kopf und witterte. Der Schäfer war mit der Herde vor nicht allzu langer Zeit vorübergezogen.
    »Ruhe, Cäsar!«
    »Und die zehn Mark habe ich schon beseite gelegt, Herr Oberst«, sagte Anni.
    »Was für zehn Mark?«
    »Die, wo Sie mir für den Flocki gegeben haben.«
    »Brav, mein Kind, immer sparsam sein! Nur durch Sparsamkeit kommt man zu etwas.«
    Anni sandte einen verzweifelten Blick zum Himmel und nahm den letzten Anlauf.
    »Und da habe ich mir gedacht, wo es doch wegen dem Hund zwischen Ihnen und

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