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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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den Ärmeln spielten.
    Er hatte die Rückenklappe des ersten Containers zur Rednertribüne umfunktioniert und uns mehr über sein Leben er
zählt, als irgend jemand wissen wollte, zumal während des Ausladens. Brendan war ein Ästhet, ein Bewunderer körperlicher Schönheit. An seinem mißratenen, winzigen Körper war nichts auffallend Schönes, aber er erzählte uns, seine Anatomie werde gründlich und gut geliebt.
    »Niemand kommt Brendan nah.« Es gehörte zu Brendans vielen Eigenheiten, von sich immer nur in der dritten Person zu sprechen. »Er hat jeden Nerv und jeden Muskel seines Körpers wie eine Stradivari gestimmt.«
    Als wir beim zweiten Container waren und zwanzig Männer, die Beauties und ich vor Müdigkeit fast umfielen, teilte Brendan, erneut auf der Klappe hockend, uns mit, die Leidenschaften seines Lebens seien Kampfsportarten und Theater.
    »Brendan hat in ganz Europa Theater gespielt.«
    Je mehr wir arbeiteten, um so erregter wurde er, und er bekam etwas Schaum vor den Mund, als er einem zunehmend gereizten Arbeitstrupp eine Liste aller Lebensmittel, Getränke, Angewohnheiten und Länder herunterbetete, die ihn »rattig« machten. »Und wenn Brendan rattig wird, das ist gar nicht hübsch.«
    Brendans Tiraden wurden im wesentlichen überhört, aber Imolo, der kein Wort von dem verstand, was er sagte, war von seiner Ähnlichkeit mit einem sich spreizenden Kobold und seinem rasenden Redeschwall fasziniert.
    »Wer ist das? Woher kommt er? Gibt es viele Menschen wie ihn in deinem Land? Warum hilft er nicht? Er sollte seine Jacke ausziehen, er spritzt Schweiß auf das Polster. Ich finde, er sieht nicht ganz beisammen aus. Er bekommt einen Anfall, wenn er nicht endlich das Maul hält. Ich bekomme einen Anfall, wenn er nicht endlich das Maul hält.« Und so weiter.
    Mit dem gleichen Interesse, das er für das eigenartige Ver
halten eines seltenen Käfers aufbrachte, den er während der Arbeit aufstöberte, beobachtete Imolo in Reginas Bar Brendan beim Streicheln seines Jagdmessers.
    »Wieso ist der geblieben, als die anderen fortfuhren?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Bleibt er lange?«
    »Ich weiß es nicht. Er wollte telefonieren.«
    Brendan telefonierte schließlich auch. Dann sagte er, es mache uns hoffentlich keine Ungelegenheiten, wenn er zum Abendessen bliebe, offenbar gab es ein Problem mit seinem nächsten Job.
    Er blieb zum Abendessen, und das hieß bei ihm Rührei und Quellwasser, da er, wie er uns mitteilte, nie etwas anderes esse und in der gegenwärtigen Phase seines Trainings nicht anfangen werde, fremden Fressalien zu trauen. Nach dem Essen sagte er, er werde in seinem Lastwagen schlafen und bei Morgengrauen wegfahren. Sein leerer Container blockierte die Zufahrt zur Villa. Brendan hatte etwas zugleich Mitleiderregendes und Bedrohliches.
    Am folgenden Morgen erwachten wir alle in der Behaglichkeit richtiger Betten, zum Chor singender Vögel, vermischt mit Kriegsschreien von Brendan, der in Jeansjacke und mit orangefarbenen Leggings an den dürren Beinen seinen einsamen Kampfsport übte. Ein Halbkreis erstaunter Arbeiter stand um ihn herum und sah zu, wie er mit zwei Bambusstöcken, die er in den Lilien gefunden hatte, umhersprang und zustieß.
    Wir und unsere zermürbten Gäste brauchten zwei Tage, um uns von den Schmerzen und Anstrengungen des Ausladens zu erholen, und wir waren alle zu müde, um wirklich zu begreifen, daß Brendan bleiben würde. Auf einer Seite seines
riesigen Lastwagens waren merkwürdigerweise die Reifen platt. Brendan hegte für den Lastwagen offenbar ebenso starke Gefühle wie für seinen eigenen, unbeschädigten Körper. Er gestattete niemand, sich dem Laster mit der Absicht zu nähern, ihn aufzubocken und die Reifen zu wechseln.
    Das Kind Iseult hatte sich, von Brendan abgesehen, beim Ausladen am wenigsten überanstrengt (sie hatte zwei Bündel Kleiderbügel die Treppe hinaufzutragen geruht, bevor sie unter Vorschützen völliger Erschöpfung ihre Matratze aufsuchte) und genoß daher den überwiegenden Teil seiner Gesellschaft. Am dritten Tag berief sie eine Krisensitzung ein und erzählte uns, was wir schon wußten: Brendan war ein hochgradiger Phantast und nicht unbedingt einer von der ungefährlichen Sorte.
    Am vierten Tag setzte ich mich über Brendans Verdikt hinweg, wonach niemand seinen Wagen anrühren durfte, und mit Imolos Hilfe holten wir jemand aus der Autowerkstatt am Ort. Nun war wenigstens der Laster verkehrstüchtig, aber Brendan machte immer noch

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