Ein Haus in Italien
Fensterläden und Planken und verwandelte den Vorhof in einen Miniatur-Slum. Er maß ein Spielfeld diagonal aus und richtete es dann her, indem er große Steine und Felsbrocken entfernte, den Kies mit einem Rechen glättete, Disteln mähte und überhaupt unser Gelände in seinen persönlichen Spielplatz verwandelte.
Sobald andere Bewohner des Hauses aufstanden, wurden sie zu Hilfsdiensten herangezogen. Als ich Klage führte, daß mein portugiesischer Brunnen aus rosa Marmor direkt in der Mitte seines Feldes stehe und daher zu Bruch gehen würde, bevor er je angeschlossen gewesen wäre, schnallte er eine französische Matratze darüber und arbeitete weiter. Allie, Robbie, das Kind und die Beauties fanden sich alle dabei wieder, wie sie für ihn schlugen, warfen, fingen und zurückwarfen – obwohl ich als unparteiische Beobachterin den Eindruck hatte, als sei das Schlagen nahezu ausschließlich Robbie und seinem schottischen Gast vorbehalten. Besucher und Lieferanten waren unterschiedslos in Gefahr, mit ins Feld gepreßt zu werden. Mit seinen ein Meter achtundneunzig, seiner von der Sonne grellrosa verbrannten Haut, einer silbergrauen Mähne und einem schweißdurchnäßten T-Shirt war der Schotte kein Mann, dem man leicht etwas abschlug.
Hätten potentielle Spieler es nur mit ihm zu tun gehabt, ich denke, einige wären lieber lesen oder sonnenbaden gegangen; aber man mußte noch mit dem Brigadegeneral fertig werden. Der Brigadegeneral, erklärte die Begleiterin des Schotten, Miss Myrna, sei ein pensionierter Offizier der Britisch-Indischen Armee, der innerlich weder Indien noch die Offiziersmesse je verlassen habe und gelegentlich in Erscheinung trete. Er war ebenso zänkisch wie senil. Eines Morgens kam der Schotte zum Frühstück und seinem Mund entsprang der Brigadegeneral auf derart kommandierende Weise, daß die halbe Tischrunde spurte. Er blieb mehrere Wochen und war stets das alter ego des Schotten. Als Imolo das erste Mal den Schotten als Brigadegeneral hörte, begutachtete er ihn, als nehme er für eine Zwangsjacke Maß, dann akzeptierte er ihn mit eben dem Gleichmut, mit dem er zuvor andere, weniger rebellische Gäste hingenommen hatte. Er fand allerdings einen Vorwand, um Maria zur Villa zu holen, damit sie ihn mit eigenen Augen sehen konnte.
»Ist er Schauspieler?« fragte Maria.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, er ist Journalist.«
»Eh, bè! « sagte sie und kam von da an täglich, um aus der sicheren Distanz der Küche seine Marotten zu beobachten, wenn er auf dem Spielfeld schwitzte.
18. Kapitel
A lle Merkmale des Sommers waren verschwunden, außer der Hitze, die sich in der Erde eingenistet hatte, in der Rinde der Bäume, den Zaunpfosten an der Straße, dem Wasser des Sees, den Dachziegeln der Villa, in den großen bauchigen Korbflaschen mit Wein, die im Parterre dort standen, wo Werkzeug und allgemeines Gerümpel sich breitmachten. Die Hitze hatte sich in die frisch gestrichenen Fensterläden gefressen und blätterte langsam die Farbschichten ab. Sie hatte die halbwilden Katzen in die Kühle der Gräben getrieben. Sie hatte die Pfirsiche und Pflaumen an den Bäumen reifen und die letzten der ungepflückten Früchte zu schrumpligen Schalen vertrocknen lassen.
Für mich war September ein gemächlicher Monat. Ich verbrachte mehr Zeit damit, im Garten herumzuwerkeln und dessen künftige Schönheit zu phantasieren und zu planen, und weniger mit Imolo und seinen Leuten, die nach der Unterbrechung im August die Arbeit wieder aufgenommen hatten. Sie waren in Robbies Atelier und zum Dach hinauf gezogen und hatten den Maestro in den Raum im ersten Stock hinabgetrieben, der mein Arbeitszimmer werden sollte. Ich brauchte für die nächste Zeit kein Arbeitszimmer, meine Gedanken arbeiteten in mir, ich wandte mich immer mehr nach innen. Ich war in meine Schwangerschaft versunken, die in den dritten Monat ging, und in die Beobachtung der prächtig in der Sonne lodernden Herbstlandschaft um mich herum, die sich mit jedem neuen Tag veränderte.
Allies Schulbeginn zog mich vorübergehend aus meinen Tagträumen. Die Schule war ein hell-ockerfarbenes Gebäude neben der Kirche. Sie hatte vierzehn Schüler, aufgeteilt in drei Klassen, drei Lehrer sowie einen Wärter, dessen Funktion ich nie begriffen habe. Allie hatte, vom Mittelgroßen Daniele beraten, einen extrem farbenfrohen Rucksack gekauft und in der Villa geübt, unter dessen immensem Gewicht umherzustolpern, nachdem er ihn mit großformatigen
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