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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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der Wind als Scirocco von Afrika kommt, ist er warm und bringt oft Sand aus der Sahara. Es ist ein gelber Wind. Aber der Ostwind ist am schlimmsten. Wenn er vom Zeno Poggio herunterdonnert, spaltet er mir den Kopf.«
    Als wolle er vor den kommenden Schneestürmen warnen, wurde der eingetopfte Zitronenbaum schorfig. Seine Äste und Blätter waren von schneeweißen Flocken bedeckt, einige davon fielen als makellose Schuppen auf den Torf um seine Wurzeln. Bei genauerer Betrachtung hatten diese Schuppen Beine, und zwar jede Menge. Der Zitronenbaum schien drauf und dran, seinen Geist aufzugeben. Imolo erwähnte, nicht unfreundlich, aber mit jener Andeutung grenzenloser Weisheit, die ich am vernichtendsten fand, sein Zitronenbaum leide an keiner derartigen Seuche.
    »Wie soll er auch. Du hättest ihn im Frühjahr mit Kupfersulfat besprühen sollen und im Sommer noch mal, kurz bevor sich die Zitronen bilden.«
    Die eine überlebende Zitrone war schon lange von meinem Baum gefallen, zusammen mit fast allen Blättern.
    »Das hättest du wissen müssen«, sagte Imolo. »Hattest du in Südamerika keine Zitronen?«
    Doch, aber Zitronen galten dort als Unkraut, sie wuchsen wild, wurden nicht kultiviert und waren meist unerwünscht. Für Getränke und in eleganten Bars benutzte man Limonen. Zitronen waren nur da, um Kupfer zu reinigen und um im Schatten ihrer Blätter zu sitzen, zu nichts sonst. Alle vierzehn Tage wurden die Kupferkessel in meiner Zuckerrohrfabrik mit Zitronensaft geschrubbt. In den Anden war der Glaube weit verbreitet, daß Zitronensaft das Blut in den Adern ge
rinnen lasse, folglich hätte niemand, der bei Verstand war, eine gegessen. Es war sinnlos, Imolo das erklären zu wollen, es hätte lediglich ein schlechtes Licht auf Südamerika geworfen, das ich gewöhnlich verteidige. Obwohl die Orsolani Fremde so bereitwillig aufnehmen, weigerten sie sich militant, etwas zu akzeptieren, was die Wahrheit ihrer überlieferten Sitten und Vorstellungen in Frage gestellt hätte. Seit Jahrhunderten liebten die Menschen hier ihre eingetopften Zitronenbäume abgöttisch, es nicht zu tun hätte als schlechtes Benehmen gegolten. Also etikettierte ich unseren nocino und behielt meine Meinung für mich.
    Die Gewitter hörten auf, der Himmel wechselte nicht mehr von Blau zu dräuendem Granit, es stürzten keine Regentropfen mehr aus dem Himmel, von effektvollen Theatergeräuschen begleitet. Aber das letzte »Sommer«gewitter war heftiger als alle anderen. Der Regen fiel in Bällen von der Größe kleiner Zitronen. Dieser Hagel richtete auf den Tabakfeldern der Gegend verheerende Schäden an. Seit Anfang August waren bestimmte Blätter geerntet worden, aber die Pflanzen blieben verstümmelt auf dem Feld, sie sollten neu treiben, und die übriggelassenen Blätter sollten noch kräftiger werden. Der Hagel durchlöcherte sie. Er legte ganze Hektar der künftigen Ernte flach. Die Bauern forderten von der Regierung Entschädigung.
    In Reginas Bar gab es kaum ein anderes Thema als den Hagel und den entstandenen Schaden. Der transparente Cenci meinte:
    »Wir brauchen Regen, wir mögen ihn: Er schont die Reservoire und erspart die mühsame Arbeit des Wässerns. Nur Hagel ist schlimm, sonst nehmen wir jede Menge Gewitter hin. Tabakpflanzen sind wie Säufer, sie müssen viel trinken,
und sie müssen regelmäßig trinken.« Feierlich faltete Cenci seine großen, unansehnlichen Hände im knochigen Schoß, und dann seufzte er. »Das Land … es ermüdet so … es ist so niedrig!«
    Inzwischen waren die Nächte so kalt, daß wir zusätzlich Decken kaufen mußten. Die Temperaturen fielen nachts so stark, daß wir anfingen, abends in der großen Küche den Kamin anzuheizen. Der Wind wehte durch die Korridore und durch das klaffende Loch im Dach über dem Treppenschacht, er legte zu, während er sich die Treppen hinauf und um Ecken einen Weg bahnte, aus den unverglasten Fensteröffnungen schnappte er zusätzlich Luft auf. Die Villa fühlte sich wieder verlassen an.
    Selbst die irischen Beauties hatten sich tränenreich von San Orsola verabschiedet und waren in ihr Dorf in Galway zurückgekehrt, obwohl man ihnen einige Jobs angeboten hatte, um sie zum Bleiben zu überreden. Die meisten Angebote, die sie ködern sollten, waren Kellnerinnenjobs oder ähnliches, aber einer war ausgesprochen bizarr: In einem Nachtclub irgendwo in den Bergen um Cortona sollten sie sich bis auf einen Tanga ausziehen und abwechselnd in einem Aquarium tanzen. Keine der

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