Ein Haus zum Traumen
nicht. Sie verbrannten ihr immer, und dann hat sie gelacht. Wir haben sie trotzdem gegessen. Verdammt, Cilla. Verdammt. Ich habe sie so sehr geliebt.«
»Ich weiß.«
»Sie wollte mit mir nach Paris fahren. Nur wir beide. Es war alles schon geplant. Und dann starb Johnnie. Er hat mir immer alles verdorben.«
»Gott, Mom.«
»Damals empfand ich das so. Nach dem Schock und der ersten schrecklichen Trauer, weil ich ihn ja auch geliebt habe. Ich liebte ihn sogar, wenn ich ihn eigentlich hassen wollte. Aber als sie danach nicht mehr nach Paris fahren wollte, habe ich gedacht, er hat es mir verdorben.« Dilly holte schluchzend Luft. »Sie liebte ihn tot mehr, als sie mich lebend liebte. Ganz gleich, wie schnell ich rannte, ich konnte ihn nie einholen.«
Ich weiß, wie du dich fühlst, dachte Cilla. Ganz genau. Auf ihre Art liebte Dilly ihre Mutter tot mehr, als sie ihre Tochter lebend lieben konnte.
Vielleicht war das auch eine Art Versöhnung, deshalb kam Cilla ihr noch einen Schritt entgegen. »Ich glaube, sie hat dich sehr, sehr geliebt. Ich glaube, in dem Sommer, als sie starb, war einfach alles schrecklich verdreht und kaputt. Und sie hat sich nie vollständig davon erholt. Wenn sie mehr Zeit gehabt hätte …«
»Warum hat sie sich denn nicht mehr Zeit gelassen? Stattdessen hat sie Tabletten geschluckt. Sie hat mich verlassen. Sie hat mich verlassen. Unfall oder nicht – und ich werde immer glauben, dass es eigentlich ein Unfall war –, sie nahm Tabletten, obwohl sie sich eigentlich um mich hätte kümmern müssen.«
»Mom.« Cilla trat zu ihr und streichelte Dillys Wange. »Warum hast du mir denn nie erzählt, wie du dich gefühlt hast?«
»Es liegt an diesem Haus. Es macht mich durcheinander. Es rührt alles auf. Ich will es nicht. Ich will es einfach nicht.« Sie öffnete ihre Handtasche und holte ein silbernes Pillendöschen heraus. »Gib mir etwas Wasser, Cilla. Aus der Flasche.«
Die Ironie, dachte Cilla, würde Dilly nie begreifen. Die Tochter, die trauerte, weil ihre Mutter ihre Tabletten ihr vorgezogen hatte, setzte dieses Verhalten bei der eigenen Tochter fort.
»Ja, gut.«
In der Küche holte Cilla eine Flasche Mineralwasser aus ihrem Mini-Kühlschrank. Sie nahm ein Glas und gab Eis hinein. Auf ihre übliche Scheibe Zitrone würde Dilly verzichten müssen. Während sie das Wasser einschenkte, blickte sie aus dem Fenster.
Ford stand mit Brian und dem Teich-Experten an dem Wasserloch. Er hielt einen Kaffeebecher in der Hand und hatte den Daumen der anderen Hand in eine Gürtelschlaufe seiner Jeans gehakt.
Lang und schmal, dachte sie, mit nur einem ganz leichten bäuerlichen Einschlag. Zerzauste braune Haare mit sonnengebleichten Spitzen. So wundervoll normal. Allein schon, ihn anzusehen, zu wissen, dass er blieb, machte sie ruhiger – dieser Mann, der Bösewichte und Superhelden kreierte, der jede einzelne Folge von Battlestar Galactica auf DVD hatte. Ein Mann, der, da war sie sich ziemlich sicher, mit keinem ihrer Werkzeuge etwas anfangen konnte, aber darauf vertraute, dass sie schon alleine klarkam. So lange jedenfalls, bis er es für nötig hielt, einzugreifen.
»Gott sei Dank bist du hier«, murmelte sie. »Warte auf mich.«
Sie brachte ihrer Mutter das Wasser, damit Dilly ihren Tranquilizer du Jour herunterspülen konnte.
23
S ie sind also weg.« Ford wies mit der Coke, die er sich aus Cillas Küche geholt hatte, auf das Haus.
»Ja. Nach einem Finale mit mütterlichen Umarmungen vor laufenden Kameras.«
»Zurück nach Kalifornien?«
»Nein, sie bleiben über Nacht in D. C., im Willard. So kann sie noch weitere Pressetermine wahrnehmen und Werbung für ihre Show im Nationaltheater im November machen.« Cilla hob kopfschüttelnd die Hände. »Ganz so berechnend ist sie natürlich nicht. Nur etwa achtzig Prozent waren Berech nung. Die restlichen zwanzig waren tatsächliche Sorge um mich, die sie mir auch nur am Telefon ausgedrückt hätte, wenn die Reise für sie nicht vorteilhafter gewesen wäre. Sie musste es schon sehr nötig haben, dass sie hierher, in dieses Haus gekommen ist. Bis heute habe ich nicht gewusst, wie sehr es sie tatsächlich aufwühlt. Das macht es mir ein bisschen leichter, ihr die Vernachlässigung zu verzeihen und zu akzeptieren, warum sie so verbittert war, als ich ihr ein Angebot machte, das sie nicht ablehnen konnte.«
»Wäre es nicht eher logisch zu denken, dass sie es dir hätte schenken können, wenn sie es doch nicht gewollt hat?«
»Nicht in Dillys
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