Ein heißes Wiedersehen
Jahren gestorben. Dass sie in so jungen Jahren Witwe geworden war, hatte ihre Mutter zu einer verbitterten Frau gemacht. Das Verhältnis der beiden Mädchen zu ihrer Mutter konnte seither bestenfalls als gespannt bezeichnet werden, was die Situation nur noch schlimmer machte. Lexi hatte ihr Bestes versucht, um ihre Schwester zu unterstützen. Colleen hingegen hatte Marnie erklärt, dass sie mit diesem neuesten Schlamassel nicht bei ihr um Hilfe zu bitten brauche. Lexi war wütend gewesen und hatte Nick Clayton zur Rede stellen und ihm mit rechtlichen Konsequenzen drohen wollen. Marnie hatte sie jedoch angefleht, es nicht zu tun, bis Lexi sich widerwillig dem Wunsch ihrer Schwester beugte.
Marnie wollte das Baby. Bei Jimmys Geburt hatte sie ein Dokument aufgesetzt, in dem sie erklärte, falls ihr etwas zustieße, solle ihre Schwester der gesetzliche Vormund ihres Kindes werden, nicht ihre Mutter. Obwohl Marnie sich später mit ihrer Mutter versöhnte, hatte sie das Dokument nie ändern lassen. Daher war Lexi durch Marnies unerwarteten Tod Jimmys Vormund geworden. Ihre Mutter half ihr, sich um den Jungen zu kümmern.
Und jetzt, vier Monate später und trotz der heftigen Proteste ihrer Mutter, hatte Lexi ihre gesamten Ersparnisse in einen dreiwöchigen Aufenthalt auf einer teuren Ferienranch in Wyoming investiert. Eigentlich war das nicht der Ort, der zu ihrer Schwester gepasst hätte, und bevor Lexi den Mann zur Rede stellte, dem sie, wenn auch indirekt, die Schuld am Tod ihrer Schwester gab, wollte sie sich selbst ein Bild von ihm machen und herausfinden, wer dieser Nick Clayton eigentlich war. Nie zuvor hatte sie sich emotional so erschöpft oder trotz ihrer sechsundzwanzig Jahre so alt gefühlt wie in diesem Moment.
Der Bus bog in eine lange, von Bäumen gesäumte Auffahrt ein und hielt vor einem großen Gebäude.
“Willkommen auf der Via Verde Ferienranch, Leute, hier im Herzen des wunderschönen Jackson Hole, Wyoming. Ihr Gepäck wird in einer Minute ausgeladen sein”, verkündete der Fahrer.
Die Passagiere stiegen aus, und der Fahrer beschäftigte sich mit ihren Koffern.
Lexi schaute sich um. Das Gelände war reizvoll gestaltet. Die Gebäude sahen rustikal aus und fügten sich in das Gesamtbild der Ranch. Lexi registrierte, dass es zwei Tennisplätze gab, mehrere im Schatten von Bäumen liegende Terrassen, einen großen Swimmingpool mit Kinderbecken sowie einen Whirlpool.
Dann fiel ihr Blick auf den Korral, in dem ein äußerst temperamentvolles Pferd in einen Boxengang geführt wurde. Sie schlenderte zum Zaun des Korrals, um besser sehen zu können, was dort vorging. Ein Cowboy kletterte in den Boxengang, um sich auf den Rücken des nervösen Pferdes zu schwingen. Sein Hut verdeckte sein Gesicht, doch seine breiten Schultern, seine langen Beine und seine enge Jeans waren ebenfalls eine genauere Betrachtung wert. Das Tor des Boxengangs sprang auf, und das halbwilde Pferd schoss hinaus in den Korral. Offenbar war Lexi gerade rechtzeitig angekommen, um Zuschauerin eines kleinen Rodeos zu werden.
Der Hut des Cowboys flog weg. Darunter kamen glänzendes dunkles Haar und ein attraktives Gesicht zum Vorschein. Einen Moment lang schweiften Lexis Gedanken ab. Der Wilde Westen und die rauen Kerle, die hier lebten, hatten eindeutig etwas Reizvolles. Lexi richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen im Korral. Der Reiter, dessen Alter sie auf etwa dreißig schätzte, schien das Pferd zu beherrschen. Allerdings nicht lange. Plötzlich bäumte sich das Tier auf, vollführte eine halbe Drehung und warf den Mann ab.
Der Cowboy stürzte mit einem dumpfen Aufprall zu Boden. Lexi verzog mitfühlend das Gesicht. Sie beobachtete, wie er sich den Staub von der Jeans klopfte und dann seinen wohlgeformten Po rieb, auf dem er gelandet war. Sicher wäre es ein angenehmer Zeitvertreib, die geprellten Stellen dieses umwerfend gut aussehenden Reiters zu küssen. Was für eine verlockende Vorstellung! Ihr Atem beschleunigte sich. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass der Wilde Westen so unterhaltsam sein konnte.
Das außergewöhnliche Exemplar von einem Mann hob seinen Hut auf und kam direkt auf Lexi zu. Eine Aura rauer, ungezähmter Männlichkeit umgab ihn und verlieh ihm eine unbestreitbar erotische Ausstrahlung. Lexi war ein wenig verlegen. Fast schien es, als hätte er ihre Gedanken gelesen und würde jetzt zu ihr kommen, um ihre reizvolle Phantasie Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Möglichkeit jagte ihr einen
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